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Rico, Oskar und die Tieferschatten

Rico, Oskar und die Tieferschatten

Titel: Rico, Oskar und die Tieferschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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auch toll detektivisch.
    »Kennst du Miss Marple?«, fragte ich.
    »Nein. Wohnt die auch hier im Haus?«
    Ha! Das war die Gelegenheit, ihn ein bisschen zu verspotten! Die Filme mit Miss Marple kennt schließlich jeder. Aber vielleicht gucken Hochbegabte kein Fernsehen, sondern treten nur darin auf, um Primzahlen bei Wetten, dass .. ? runterzurattern und so weiter. Also verkniff ich mir eine Bemerkung. Außerdem: Wenn man jemanden mag, verspottet man ihn nicht, und vermutlich konnte Oskar so etwas sowieso zehnmal besser als ich, und er würde mir gegenüber hundert Mal mehr Gelegenheit dazu finden. Ich dachte an die kleine Sophia aus Tempelhof mit ihrem Mondgesicht und dem dicken roten Erdbeerklecks auf dem zerknitterten T-Shirt. Die war an ihrer Schule bestimmt das Verspottungsopfer Nummer eins.
    »Nun renn doch nicht so!«, keuchte Oskar. Er hatte Mühe, mir zu folgen. Hätte er das Helmvisier runtergeklappt, wäre es bestimmt total beschlagen von seinem Atem. »Wo bringst du mich überhaupt hin?«
    Widerwillig ging ich etwas langsamer. Inzwischen waren wir fast im vierten Stock angekommen - Fitzkes Jagdrevier.
    Und Fitzke wird pampig, wenn im Treppenhaus gelärmt wird. Er hasst Lärm noch mehr als Frau Dahling.
    »Wir gehen rauf in den Fünften«, sagte ich mit gesenkter Stimme.
    »Was ist da?«
    »Na, der Fünfte.«
    »Ich meine, was wollen wir da?«
    Ich grinste. »Wirst schon sehen. Ich hoffe, du bist schwindelfrei.«
    »Schwindelfrei?«, kreischte Oskar wieder los. Er klang wie eine durchgedrehte Alarmsirene. »Du willst doch nicht etwa mit mir aufs Dach?«
    Im nächsten Moment krachte es, eine Tür flog auf und eine Welle üblen Geruchs schlug uns entgegen. Fitzke stand in seinem verlotterten gestreiften Schlafanzug vor uns wie der Racheengel aller Altkleidersammler. Seit ich ihn Samstag zuletzt gesehen hatte, hatte er sich immer noch nicht rasiert und anscheinend auch nicht gekämmt, und da hatte er schon ausgesehen wie ein Wischmopp, der in einer Steckdose steckt.
    »Geht s noch lauter, ja?«, polterte er los. »Ich hab s am Herzen! Was soll denn dieser Lärm im —« Er unterbrach sich und starrte überrascht Oskar an, der mindestens drei Meter kleiner war als er. Oskar klappte blitzschnell sein Visier runter und starrte zurück.
    »Was bist denn du für n komischer Vogel? Hat der Schwachkopf sich Verstärkung aus der Klapsmühle geholt, oder was?«
    Keine Antwort.
    »Kannste nicht sprechen?« Fitzke klopfte mit einem Finger dreimal fest auf den Helm. »Hallo? Ich hab dich was gefragt!«
    »Sie müffeln!«, dröhnte Oskar plötzlich durch das Visier. »In den Entwicklungsländern ist mangelnde Hygiene eine der häufigsten Krankheitsursachen! Sie sollten dankbar sein, dass es bei uns fließendes warmes Wasser und Seife gibt. Und Sie sollten davon Gebrauch machen.«
    Fitzke musterte ihn wie ein winziges Insekt, das ihn furchtbar nervte und das er gleich mit der flachen Hand platt schlagen würde. Sein Blick glitt von Oskars Helm auf das knallrote Flugzeug an seinem Hemd und wieder zurück zum Helm. Ich hielt die Luft an.
    »Wer bist du?«, knurrte Fitzke endlich.
    »Oskar. Und Sie?«
    »Geht dich nichts an. Und jetzt verschwindet, bevor ich euch die Köpfe abreiße und Fußball damit spiele!«
    Das war das Schrecklichste, was ich je gehört hatte! Fitzke wirbelte herum, Tür zu - RUMMS! Oskar machte zwei schnelle Schritte nach vorn, streckte entschlossen eine Hand aus und drückte auf die Klingel.
    »Bist du übergeschnappt?«, zischte ich. »Der macht Hackepeter aus uns, wenn wir ihn weiter nerven!« Oder er riss uns wirklich die Köpfe ab. Wie konnte man bloß so bösartig sein!
    »Die Klingel ist kaputt«, schnaubte Oskar, als hätte er meine Warnung nicht gehört. Er ballerte mit der rechten Faust so fest gegen die Tür, als wollte er sie einschlagen.
    »Was machst du denn da bloß!« Ich packte ihn beim Handgelenk und zerrte ihn fort. Langsam wurde ich selber sauer.
    »Der ist unhöflich!« Oskar klappte das Visier hoch. Sein Gesicht war puterrot angelaufen. »Ich lasse mich nicht unhöflich behandeln, nur weil ich ein Kind bin!«
    »Das ist der Fitzke, der ist eben so. Er meint es wahrscheinlich gar nicht böse.«
    Er meinte es garantiert sehr böse, aber Oskar war schon aufgebracht genug. »Und ich bin keiner aus der Klapsmühle!«, brüllte er die verschlossene Tür an.
    »Der sagt das zu jedem, das darfst du gar nicht beachten«, drängelte ich. »Nun komm schon!«
    Endlich folgte er mir. Aber noch

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