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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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und Lisbeth zeigt den Freundinnen befreit ihr glücklichstes Lächeln.
»Willst du …?«
Das Ja Bermeters löst in seinem Rücken wieder ein Seufzen aus.
Domherr Paulus Schroter wendet sich an die Braut. »Willst du diesen Mann lieben und achten und ihm die Treue halten alle Tage deines Lebens, bis der Tod euch scheidet?«
»Ja. Ja, das will ich ganz bestimmt.«
Kaum ist der Schwur getan, als leises Schluchzen einsetzt und sich beim Ringanstecken zum allgemeinen Heulen steigert und nach strafenden Blicken des Priesters erst mit Naseputzen und tiefem Atmen wieder eingedämmt werden kann.
Ungeduldig fährt Paulus Schroter in der Zeremonie fort: »Ego coniungo vos in matrimonium. In nomine Patris …« Mit Fingerkreisen befiehlt er, dass die Vermählten sich die Hand geben. Gleich umschlingt er die ineinandergelegten Hände mit der Stola und beschließt die hohe Feier mit den Worten: »Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht scheiden.«
Knapp gerät der Ausgangssegen, das vielstimmige Amen trifft schon den Rücken, und Paulus Schroter entschwindet in der Weite des Domschiffes.
»Eine schöne Trauung.« Die Damen umarmen und küssen die Braut.
»Wo saufen wir?« »Und Hunger haben wir.« »Wehe, Spielmann, du hast nicht für gutes Essen gesorgt.« Schulterklopfen und spielerische Fausthiebe unterstreichen die Glückwünsche der Kumpane. Schneider Schnappenspengler erinnert den Freund hinter vorgehaltener Hand. »Denk dran, das Barett ist geliehen! Morgen will ich es wiederhaben.«
Nur ein spöttisches Grinsen hat Bermeter für ihn übrig, mit elegantem Satz steht er vor dem Altar. »Ihr alle seid meine Gäste. Kommt, lasst uns feiern bis in die Nacht. Und wenn ich meiner Lisbeth oben in der Kammer zeige, wie es um den großen Herrn bestellt ist, dann dürft ihr weitersaufen, bis kein Tropfen mehr im Fass ist.«
Sie wollte mit dem Wagen fahren, obwohl der Weg von der Marienkapelle hinüber zum Rathaus nicht weit, die Schustergasse zu eng ist und deshalb ein Umweg genommen werden muss. »Schließlich bin ich nicht irgendwer«, hat sie seinen Vorschlag, die kurze Strecke zu Fuß zu gehen, mit sanfter, doch spitzer Stimme gleich nach Verlassen der Kirche zurückgewiesen. Meister Til war so überrascht, dass er nur nicken konnte und seiner Braut auf den Sitz hinaufhalf.
Besorgt blickt er über die Schulter. Dem heiligen Kolonat sei Dank, den Hochzeitsgästen scheint der längere Weg nichts auszumachen, sie plaudern, lachen und genießen den Sonnenschein. Vom Straßenrand winken Bürger dem Paar zu. »Glückwunsch!« »Gottes Segen!« Vier zerlumpte Kinder laufen auf der Brautseite barfuß neben dem geschmückten Wagen her. »Almosen! Gute Frau! Bitte.«
Margarethe sieht weiter geradeaus, die Kleinen aber geben nicht auf. »Almosen!« Endlich wendet sie sich ihrem Gemahl zu. Die dünnen Lippen sind zum Lächeln gespannt. »Gib mir eine Münze, mein lieber Bester.« Und während er den Gürtelbeutel öffnet, setzt sie, ohne die Miene zu verändern, hinzu: »Sonst werden wir dieses ungewaschene Pack nie los.« Beim Blick in seine Hand beginnen ihre Nasenflügel zu beben. »Aber …? Auch wenn es unser Glückstag ist, sollten wir das Geld nicht sinnlos vergeuden.«
»Davon werden wir nicht arm.« Meister Til wirft einen Regen aus glitzernden Pfennigen über die Kinder. Sie bücken sich, jubeln, kriechen herum und sammeln die Schätze ein.
Margarethe strafft ihr Seidentuch über den eckigen Schultern. »Unseren Gästen soll es an nichts fehlen. Das hebt unser Ansehen. Diese Bälger aber …« Sie zieht die Schals vor der Brust zusammen. »Ich habe dich als klug rechnenden Mann kennen- und schätzen gelernt … «
»Ich habe viele Seiten«, murmelt Til. Nach einer Weile erst kann er sich wieder für die freundlichen Wünsche der Passanten am Straßenrand bedanken.
Der große Gastraum für die Erwachsenen, das kleine Nebenzimmer für die Kinder, der Grüne Baum im Rathaus ist herausgeputzt; und zum Leidwesen der täglichen Trinker und Spieler ist heute ausschließlich den Hochzeitsgästen der Zutritt erlaubt.
In vier langen Reihen stehen die Tische nebeneinander und münden vor Kopf an der Ehrentafel. Rechts der frisch Vermählten thront Hedwig Suppan mit Gemahl Georg. Ihr wissender Blick, das liebreiche Tätscheln der Brauthand zeigen allen Anwesenden überdeutlich, wie sehr dieser Festtag auch Hedwigs Festtag ist. Linker Hand haben Martin Cronthal und Frau Margaretha Platz genommen. »Nun haben wir jeder eine Gretel.« Der

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