Riemenschneider
der Haushalt geführt wird. Darüber hinaus achte ich nicht nur auf die sorgfältige Erziehung deiner jüngsten Tochter, nein, auch ihre Zukunft liegt mir am Herzen. Und wer kann besser für einen respektablen, vermögenden Ehemann sorgen als die von uns beiden hochgeschätzte Gattin des Georg Suppan?«
»Quäl mich nicht«, bat Til ungehalten. »Bisher sehe ich keine Gefahr auf uns zukommen.«
»Mein lieber Bester.« Sie spitzte die Stimme: »Gedulde dich, sonst wird dir die Tragweite nicht deutlich genug. Ich habe vor einigen Wochen deine Tochter zu Hedwig geschickt. Dort sollte sie sich zeigen und befragen lassen, damit der Bräutigam nicht nur uns zusagt, sondern ein wenig auch ihr entspricht.« Margarethe setzte sich gerade auf, mit dem Zeigefinger stieß sie ins Lichtfenster auf der Zudecke. »Zwei Tage später musste ich von Hedwig erfahren, dass deine Tochter gar nicht bei ihr erschienen ist. Und mehr noch. Stattdessen hat sie sich mit dem Sohn deiner Magd am Main herumgetrieben. Und dies in ungebührlichem Aufzug und mit schändlichem Benehmen. Wie ein Liebespaar aus der Gosse haben sie sich in der Öffentlichkeit aufgeführt.« Nun hieb Margarethe die Faust in den Mondschein. »Unsere Freundin musste nicht lange herumhören. Längst wird in der Stadt schon getuschelt über deine Tochter und diesen Florian. Sie treffen sich außerhalb, um … Nein, das will ich nicht weiterdenken. Mögen uns die Heiligen vor dieser Schande bewahren. Es genügt schon, dass die beiden in verruchten Schenken gesehen wurden. Riemenschneider, deine Tochter treibt sich in den übelsten Häusern wie eine … eine Dirne herum.«
Til hielt es nicht länger im Bett. Er stellte sich ans Fenster und starrte auf die fahl beschienenen Dächer. Und Magdalena, meine Eva, weiß davon? Sie soll diese unselige Verbindung sogar decken? Nein, nicht sie. Noch nie bin ich von ihr hintergangen worden. Gerade sie würde ihren Sohn zurückhalten, um die Zukunft meiner Tochter nicht zu gefährden.
»Mein lieber Bester, ich kann mir dein Entsetzen vorstellen.« In dem mitfühlenden Ton flirrte Triumph. »Aber du musst dich äußern. Wir sind gezwungen, etwas zu unternehmen.«
»Darin gebe ich dir recht«, murmelte Til, nahm die Öllampe, er drehte den Docht höher und verließ, nur mit dem Hemd bekleidet, das Schlafzimmer. Nach wenigen Schritten schon holte ihn seine Gemahlin ein. »Sehr vernünftig. Weck deine Tochter und befrag sie gleich. So aus dem Schlaf gerissen, fällt ihr sicher keine Lüge ein. Sie wird gestehen.«
»Für wen hältst du mich?« Ruckartig hob Til die Lampe höher, der Schein fiel auf das schmale, bleiche Gesicht seiner Hausfrau. »Bin ich etwa ein Folterer? Katharina ist keine Verbrecherin. Und selbst bei einem Feind würde ich solche Methoden ablehnen.« Til eilte zur Wendeltreppe und stieg hinunter. Margarethe blieb dicht hinter ihm. Unten angekommen, versuchte sie ihn am Hemd zurückzuhalten, er aber ging weiter und zog sie mit durch den Flur. »Lieber Bester, deine Nachsicht ist beängstigend.«
Vor der Haustür drehte er sich nach ihr um: »Und was erwartest du von mir?«
»Strenge. Jetzt rettet nur unerbittliche Strenge.«
»Ohne jeden Beweis? Nur weil diese … diese neugierige Gans …«
»Riemenschneider! Sie hat uns zusammengeführt. Willst du etwa …«
»Nein, das möchte ich nicht.« Mehr und mehr sehnte es ihn, endlich aus der Enge herauszukommen. »Es liegt mir fern, unsere Freundin mit einer … mit solch einem Federvieh zu vergleichen.« Um Zeit zu gewinnen, musste er seine Gemahlin zur Untätigkeit zwingen. »Du hast Strenge verlangt. Nun gut.« Er schöpfte Atem und befahl mit verhaltener Stimme: »Ich verbiete dir, in dieser Sache vorschnell etwas zu unternehmen. Ohne mein Einverständnis wirst du weder mit meiner Tochter noch mit diesem unseligen jungen Mann darüber sprechen. Und …« Jetzt unterstrich er mit gestrecktem Zeigefinger. »Und du wirst auch nicht unsere Erste Magd zur Rede stellen. Das ist allein meine Pflicht.«
Margarethe keuchte. »Du verteidigst …«
»Nein, im Gegenteil. Ich nehme die Vorwürfe sehr ernst. Und ich werde zunächst selbst mit der Mutter darüber sprechen.«
»Wann? Es eilt.«
»Da bin ich anderer Ansicht, meine Liebe. Falls der Verdacht sich bestätigt, müssen wir ohnehin behutsam vorgehen, damit wir nicht durch unsere eigene Lautstärke erst recht den Skandal hervorrufen. Wenn aber nichts an dem Gerücht den Tatsachen entspricht, und dies hoffe ich, so soll unser gutes
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