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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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finsterer. »Habenichtse«, knurrte er Thoma zu. »Ein paar Schillinge, aber nicht ein einziges Goldstück. Selbst der Truchsess ist nur eine Kirchenmaus.« Götz griff dem zusammengekauerten, schwer verletzten Adelsherrn ins Haar und riss ihn halb zu sich hoch. »Wo hast du dein Gold versteckt?«
Vor Schmerz brüllte der Junker, stammelte. »Du findest … kein … kein Geld. Bei keinem von uns …«
»Warum, verdammt, reitet ihr durch die Gegend? Herausgeputzt und gut bewaffnet?«
»Weil … weil …« Die Augäpfel verrutschten, das Kinn sank, und Speichel floss aus dem Mund. Götz ließ den Ohnmächtigen fallen und trat dem Nächsten in den Bauch. »Sag du es mir!«
»Wir sind auf dem Weg nach Hassfurt, Herr. Zur Fasnacht. Dort wollten wir im Umzug mitreiten.« Götz stieß ihn gegen die Stirn, dass er nach hinten umstürzte, und wandte sich seinem Knappen zu: »Verflucht! Da schlagen wir uns bei diesem Sauwetter den ganzen Tag. Und was hab ich davon?«
»Einen blutenden Arm.« Vorsorglich trat Thoma außer Reichweite der Faust, ehe er hinzufügte: »Hätten wir uns gleich zurückgezogen, wie ich vorgeschlagen habe, dann wären wir jetzt schon in Schweinfurt. Ihr habt das Restgeld für die neue Burg doch bei Euch …«
»Glaubst du, es macht Freude, vom eigenen guten Gold zu bezahlen, wenn andere reichlich davon mit sich rumtragen. Also halt’s Maul, sonst reiße ich dir eins von deinen hässlichen Ohren ab.«
Götz befahl seinen Leuten aufzusitzen. Erschöpfte Männer, verdreckt, verwundet und abgekämpft, mühten sich in den Sattel, dann wandte sich der Ritter von Berlichingen an die Gefangenen. »Ich bin bereit, euch allen die Freiheit zu schenken, wenn ihr schwört, nie an mir und meinen Männern für diesen Tag Rache zu nehmen noch eine Entschädigung zu verlangen.«
Er wartete den Schwur der Urfehde ab. »Und nun begrabt die Toten. Eure Gäule nehmen wir mit. Ihr könnt sie euch bei der Mühle am Bach wieder einfangen.« Er schloss den Helm, lenkte den Rappen herum und trabte seinen Männern voran. Götz schwieg, öffnete das Visier nicht, und Thoma wagte nicht, ihn anzusprechen. Auch als sie die Straße nach Schweinfurt erreicht hatten, ließ der Ritter den Helm geschlossen.
In der Herberge nahe dem Markt saß Götz von Berlichingen spät am Abend mit Thoma und seinem Sekretär Sinterius noch allein in der Gaststube. Neben der Tür zur Küche hockte der Wirt und kämpfte gegen den Schlaf, das Kinn war ihm auf die Brust gesunken. Wurden die Stimmen der späten Gäste lauter, schreckte er hoch, um bald schon wieder einzudämmern. Das Kaminfeuer war in sich zusammengefallen, aus der Glut stieg Rauch und schwärte bläulich durch den Raum. Der Ritter wollte nicht schlafen, und seine beiden Diener mussten mittrinken und ihm zuhören. Drei Krüge hatten sie schon geleert, und der vierte ging bald zur Neige.
»Ich sag es euch, die Welt ist anders geworden.« Hinaufgehoben vom schweren Wein besah Götz tief unter sich das Leben, und ein Anflug von Wehmut wässerte seinen Blick. »Ehre und Treue. Wer kennt noch diese Werte?« Er wischte mit dem nackten Armstumpf die Lippen. »Auf nichts ist heute mehr Verlass. Da reitet eine Gruppe vornehmer Herren, mit Dienerschaft und hochgerüstet. Früher war jedem klar, die sind in Geschäften unterwegs. Und wenn du sie anhältst und höflich fragst, dann wollen sie zur Fasnacht, wollen sich wie Gaukler zur Schau stellen. Verflucht, ich bin es so satt.«
Thoma tauschte mit Sinterius einen schnellen Blick und mischte sich behutsam in den Gedanken: »Schon wahr, Herr, Ihr seid noch ein Ritter, dem das Wort Tugend nicht fremd ist.« Gleich ergänzte der Sekretär salbungsvoll: »Ein Ritter, in dessen Brust die Schwestern Treue und Ehre haushalten.«
»Ihr meine guten Buben.« Götz patschte ihnen den Stumpf gegen die Wangen. »Und ich hoffe, dass ihr von mir gelernt habt. Nichts ist wichtiger als ein guter Lehrmeister. Ja, heutzutage fehlt es an Vorbildern, deshalb seid froh, dass ihr mich habt.« Über die Schulter rief er nach neuem Wein.
Der Wirt schlurfte heran, lustlos knallte er den vollen Krug auf den Tisch, nahm den geleerten und schlurfte wieder zu seinem Hocker neben der Küche.
Die Stimmung des Ritters schlug um. »Habt ihr den gesehen? Früher hätte sich solch ein Halunke über Gäste gefreut. Schließlich zahle ich gut. Aber heute … Verflucht, ihr habt es ja gerade selbst gesehen.«
Thoma nickte beipflichtend. »Sagt, Herr. Was habt Ihr damit gemeint? Mit dem:

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