Riemenschneider
nicht geworden, gar nichts ist aus dir geworden. »Dieser Spielmann, dieser Bermeter, er hat meinen Sohn verdorben.«
Katharina griff nach Magdalenas Hand: »Vielleicht kann ich Flori von ihm abbringen. Von ihm und dem elenden Würfelspiel. So als Ehefrau kann ich doch bestimmt was bewirken. Oder?«
»Dazu brauchst du viel Glück …«
»Ich hab Glück. Es muss doch auch bei mir mal anfangen.«
Magdalena lächelte und seufzte zugleich. »Ich wünsche es dir so sehr.«
»Also ja?«
Magdalena bedeckte mit der freien Hand die schon gefassten Hände. »Ich würde dir den Florian geben. Aber ich fürchte, wir Frauen haben das nicht allein zu bestimmen.« Gleich dachte sie an Rupert und schmunzelte. »Manchmal schon …«
»Jetzt, da du dafür bist.« Katharina lehnte die Stirn an ihre Schulter. »Rede du mit Vater, bitte!«
»Das habe ich befürchtet.« Magdalena streichelte ihr übers Haar. »Aber so wie es ist, darf es nicht bleiben.«
Nach dem gemeinsamen Essen in der großen Stube erhoben sich die Gesellen beinahe gleichzeitig und schlenderten zur Tür. Meister Til bat seinen ältesten Sohn zu sich. »Wir sollten noch über die Steinlieferung aus Königshofen sprechen.« Doch Jörg blieb nur kurz am Tisch stehen. »Das hat Zeit bis morgen. Heut ist ein schöner Sommerabend. Ich wollte mit Hans runter zum Mainufer.« Ehe der Vater etwas erwidern konnte, hatte Jörg sich abgewandt und verließ mit dem Bruder das Speisezimmer.
Gerade noch rechtzeitig sah der Bildschnitzer seinen Gesellen aus Stuttgart und hielt ihn zurück. »Du verstehst dich doch auf diese neue Art, von der jetzt angeblich so viele schwärmen?«
»Kommt drauf an.«
»Jetzt soll mit einem Mal alles üppig und drall sein.«
»Aber sicher, Meister, das ist jetzt modern. Bei uns in Stuttgart schon länger, aber auch in Nürnberg soll …«
»Eine Mode, nichts sonst«, unterbrach ihn Til schroff und verzog die Mundwinkel. »Ich habe nie gedacht, dass ich mich irgendwann damit beschäftigen muss. Aber Fürstbischof Lorenz verlangt, dass etwas von dieser neuen Art auch in seinem Grabdenkmal vorkommt.«
Eine der Mägde drängte sich an ihm vorbei, um die Holzplatte zu säubern. »Kannst du nicht warten?« Sie schüttelte nur den Kopf und arbeitete schnell weiter. Inzwischen hatte sich auch Peter schon wieder einige Schritte von ihm entfernt.
»Wo willst du hin?«
»Zu den anderen. Wir haben Feierabend, Meister.«
»Und ich dachte, es würde dich freuen, wenn du den Baldachinbogen ausschmücken darfst?«
Etwas zog Peter zur Tür, die Überraschung aber war einen Moment stärker, und er kam zurück. »Ist das wahr, Meister?«
»Eine überladene Komposition muss es werden. Mit Früchten und verfetteten Putten. Etwas Neumodisches eben. Wir könnten jetzt noch den Entwurf zeichnen.«
Hin- und hergerissen zögerte Peter. Da trat ihm die Magd hart gegen das Schienbein, und er hatte sich entschlossen. »Entschuldigt, Meister. Morgen, bitte lasst uns morgen den Baldachinbogen entwerfen. Draußen warten die anderen sicher schon.« Er grüßte mit einem unbeholfenen Kopfnicken und eilte davon, gleich folgte ihm auch die Magd. Verblüfft sah Til ihnen nach, und als die Tür ins Schloss fiel, rieb er sich die Brauen. »Wieso verschwinden alle? Wieso diese Hast?«
»Weil ich darum gebeten habe.«
Er wandte den Kopf. Magdalena trat zu ihm und stellte einen Krug mit zwei Bechern auf den Tisch. »Seid ihnen nicht böse, Herr. Es war ein Gefallen, mir zuliebe.«
»Darf ich fragen …?« Til deutete auf den Wein. »Hat sich hier etwas verkehrt? Seit wann lädst du mich ein?« Eine Falte wuchs auf der Stirn. »Immer noch bin ich der Herr …«
»Verzeiht, ich wollte Euch nicht …« O verflucht, dachte Magdalena, ein schlechter Anfang. So finden wir keine gute Lösung. »Wenn ich Euch verärgert habe, so tut es mir leid.« Sie nahm Becher und Kanne wieder an sich und trug sie zum Regal.
»Nein, bleib«, lenkte Til ein. »Ich trinke gern mit dir einen Schluck.«
Ein verstecktes Lächeln in den Augenwinkeln, kehrte Magdalena zurück und setzte sich übereck von ihm an den Tisch. »Habt Ihr bemerkt, wie hell es im Wolfmannsziechlein geworden ist?«
Til setzte den Becher ab. »Du bist sehr fleißig …«
»Ich meine nicht die Fensterscheiben. Nein, es weht ein freundlicher, heller Wind durchs Haus.«
Er nickte nachdenklich. »Auch wenn ich die meiste Zeit des Tages im Rathaus verbringe, aber das ist mir aufgefallen: Seit Margarethes Tod atme auch ich befreiter.« Der doppelte Sinn
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