Riemenschneider
Türschwelle. »Weißt du nicht, wer da drunter lauert? Böse Dämonen. Sie beneiden die Braut um das Glück. Den Bauch wollen sie ihr verhexen …«
»Deshalb, und ich dachte schon …« Vor Erleichterung schlug sich Florian mit der flachen Hand gegen die Stirn, seine schlaksige Selbstsicherheit kehrte zurück. »Schon gut, Tante. Aber dieser Spuk ist was für alte Weiber. Wir sind jung, Tante.« Er nahm Katharina bei der Hand und wollte an ihr vorbei.
»Untersteh dich, Schwager!« Die Stimme von Jörg. Und Hans setzte hinzu: »Du hast unsere Schwester geheiratet.« Und Barthel stand den Brüdern mit seinem übertrieben drohenden Unterton in nichts nach. »Und wir wollen, dass sie glücklich wird. Also …«
»Wenn alle darauf bestehen …« Florian nahm Katharina auf die Arme. Sie umfasste seinen Hals; bei ihrem zärtlichen Kuss auf seine Wange gab Els endlich den Weg frei. Im Halbrund der Gäste löste sich der gespielte Ernst, und unter Beifall und Lachen trug Florian die Braut über die Schwelle.
Magdalena nahm die drei Brüder beiseite. »Hört auf damit. Es ist sein Hochzeitstag. Von eurem Vater hat er in den letzten Wochen schon genug zu hören bekommen. Ich will nicht, dass ihr ihn jetzt auch noch erschreckt.«
»Dieser faule Kerl hat das alles hier gar nicht verdient.« Jörg deutete auf den Gemüsegarten, die neuen Fenster, das sorgfältig mit Lehm ausgebesserte Fachwerk. »Wir arbeiten, und er bekommt das Nest einfach geschenkt.«
Der Vater fasste seinen Sohn hart an der Schulter. »Kein Wort mehr! Ich habe so entschieden, und damit ist es gut.« Er lockerte den Griff und strich versöhnlich über die Stelle, sein Blick schloss die beiden anderen Söhne mit ein. »Verderbt die kleine Feier nicht. Wenn nicht mir oder Magdalena, dann eurer Schwester zuliebe. Katharina hat genug gelitten.«
Das Essen sollte im Hof stattfinden. Balthasar hatte die Stalltür aus den Angeln gehoben und auf Böcke gelegt; von seiner Frau war die Tafel mit einem Tuch bedeckt worden, und am Kopfende verzierte eine Girlande aus Wiesenblumen den Ehrenplatz.
»Die Eltern sitzen rechts und links vom Brautpaar«, bestimmte Els. Sie wies Magdalena und Rupert die Hocker auf Florians Seite an, und Meister Til sollte übereck bei seiner Tochter sitzen, daneben die Brüder. »Und mein Balthasar und ich, wir bedienen euch.« Sie band sich die Schürze um und verkündete im Ton einer herrschaftlichen Köchin: »Zuerst gibt es gutes Weißbrot! Heute früh frisch gebacken. Dann Hirsemus mit Stachelbeeren. Eigene Ernte.«
Das tiefe Atemholen nutzte Meister Til, um ihr Beifall zu klatschen, gut gelaunt fiel die ganze Tischrunde mit ein.
Els stampfte mit dem Fuß auf. »Wartet! Glaubt ihr etwa, das ist alles?« Nachdem sie sich Ruhe verschafft hatte, musste sie erneut einatmen: »Meine Rüben mit Speck habe ich heute nicht gekocht. Zur Feier gibt es Heidenkuchen …«
»Wir sind aber Christen …« Jörg klopfte mit dem Löffel auf den Tisch, gleich taten es die Brüder ihm nach. Die Rotschöpfe sahen sich an, der Spaß wuchs, und lauter hämmerten sie: »Christen sind wir. Keine Heiden …«
Gekränkt brach Els das Verkünden der Speisefolge ab und eilte durch die Hintertür in die Küche. Immer noch lärmten die Söhne des Bildschnitzers.
Magdalena erhob sich und hieb beide Fäuste auf die Festtafel. »Schluss damit! Wollt ihr wohl aufhören!«
Still lagen die Löffel wieder neben den Holznäpfen. Die Kinderfrau funkelte ihre ehemaligen Zöglinge an. »Seid ihr vom Teufel geritten? Oder habt ihr etwa schon zu viel getrunken?« Zur Bekräftigung schlug sie noch einmal mit der Faust auf die Platte. »Verflucht, benehmt euch endlich wie erwachsene Männer. Hier ist schließlich das neue Zuhause eurer Schwester.«
Sie richtete sich auf, sah zur Scheune, und ihre Augen weiteten sich. Magdalena krallte die Hand in ihren Halskragen: Jakob … Er hängt dort am Strick … kein Gesicht mehr … nur eine blutige Masse. Sie krümmte sich.
Gleich sprang Rupert auf und hielt sie fest. »Frau, was ist dir?« Auch Til hatte sich erhoben. »Eva? Um Gottes willen?«
»Es geht schon wieder.« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Das Unglück mit Jakob. Alles war plötzlich wieder da.« Magdalena strich über den Arm ihres Mannes. »Hier kann ich nicht sitzen, so mit der Scheune vor Augen.«
Rupert verstand, er verstand auch, dass Magdalena auf die andere Seite der Tafel wechselte, Barthel tauschte mit ihr, und sie nahm neben dem Meister Platz.
»Hier ist es
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