Riemenschneider
fiel ihm auf, und er winkte schmunzelnd ab: »Du verstehst schon, was ich damit sagen möchte.«
Magdalena spürte die wärmere Stimmung und wollte sie nutzen: »Ein Mensch aber leidet unter Eurem Dach. Es ist Katharina. Sie kam zu mir und hat mich gebeten, mit Euch zu sprechen.«
»Dieses Unglückskind.« Gleich mischte sich Vorwurf in den Ton. »Hat Katharina deinen Sohn immer noch im Kopf?«
»Ich fürchte, ja.«
»Hält er sich wenigstens, wie von uns gewünscht, von ihr fern?«
Nur weiter, ermahnte sie sich, es darf keinen anderen Ausweg geben. »Nein, nicht wirklich.«
»Sie muss endlich unter die Haube, und zwar möglichst weit fort von Würzburg.« Til griff nach dem Krug, doch Magdalena war schneller und schenkte ein. »Und wenn nun Florian ihr hinterherzieht? Nicht auszudenken. Solch ein Störenfried wäre für jede junge Ehe sicher nicht gut.«
»Halt, halt.« Er sah ihr prüfend in die Augen. »Worauf willst du hinaus?«
»Wie wäre es …?« Rasch trank sie einen Schluck und setzte den Becher betont hart ab. »Wie wäre es, wenn die beiden heiraten? Eure Katharina und mein Florian?«
»Unmöglich. Ich kann und darf diese Erlaubnis nicht geben. Meine Stellung hier in der Stadt …«
»Ach, Herr …« Magdalena presste die Fäuste gegeneinander. »Soll es … soll es denn bei den Kindern so werden wie mit uns?« Sie konnte nicht schweigen, musste weitersprechen, sie flüsterte beinah: »Wir wollten immer … schon von Anfang an … und haben nicht auf unsere Liebe gehört. Immer war die Vernunft dazwischen.«
Sichtlich betroffen fragte er: »Lieben sich die jungen Leute denn? So wie wir?«
»Herr?« Magdalena spürte eine heiße Welle aufsteigen. »Was meint Ihr mit: So wie wir?«
»Es ist … Nein, nicht jetzt.« Er benetzte die Unterlippe. »Ich bin nicht überzeugt, füge mich nur wohl oder übel den Umständen.« Er räusperte sich. »Aber nicht in Würzburg. Und keine große Hochzeit. Ganz im Stillen sollen sie sich vermählen.«
»Herr, ich bin so froh.« Magdalena wollte das Gefühl nicht zwischen dem »So wie wir« und der Erlaubnis teilen. »Mit allem bin ich einverstanden.« Sie ließ sich von Gedankenfedern hinaufheben.
»Das genügt nicht«, stellte er nüchtern fest. »Wir müssen uns über das finanzielle Fundament absprechen. Ich nehme an, dass du deinen Sohn mit nichts ausstatten kannst …«
»Ist das wichtig?« Heruntergerissen und hart aufgeweckt, doch dauerte es, bis Magdalena zurückwollte. »Entschuldigt, Herr. Nichts, sagt Ihr? Ja, das stimmt.« Nun hatte sie begriffen, worum es ihm ging. »Manchmal besitzt mein Sohn einige Schillinge, mal auch einen Gulden. Aber ich habe noch das Haus von meinem Jakob …«
Nicht ganz ausgesprochen, beflügelte die Idee gleich die nächsten: »Herr, wir schicken die beiden nach Mühlhausen ins obere Tal. Das ist nicht zu weit und doch weit genug weg. Vor der Hochzeit kann Rupert mit Florian das Haus wieder herrichten. Da können unsere Kinder leben. Und ganz sicher kommt Florian zur Besinnung und arbeitet wirklich. Er kann dem Schwager auf seinem Acker helfen, und Katharina geht der Els zur Hand.« Durstig leerte Magdalena den Becher und schenkte gleich nach. »Das ist es doch, Herr, was wir uns wünschen. Und später bestellen die Kinder vielleicht sogar ihr eigenes Feld.«
»Meine Eva. Du findest immer eine Lösung.« Mit den Fingerkuppen rieb er sich die Schläfe. »Damals schon. Ich wollte das erste Menschenpaar darstellen, nachdem es vom verbotenen Baum gegessen hat. Im Bewusstsein der Schuld. Und doch ließ ich dich ihm einen Apfel reichen.« Die Augen schimmerten. »Nur einen Moment hast du dich gewundert und mir dann meine Eva erläutert: Wenn sie schon gesündigt haben und es ohnehin zu spät ist, die Äpfel aber gut geschmeckt haben, warum sollten die beiden nicht gleich noch einen essen? Das war die einfache Lösung. Also hat Eva dem Adam noch eine zweite Frucht vom verbotenen Baum gereicht.«
»Nein, Herr. Das Lob habe ich nicht verdient. Wenn Ihr wüsstet, wie oft ich mir später eine gute Lösung gewünscht habe? Und nichts, nichts ist mir eingefallen. Aber was nutzt das Jammern. Ihr glaubt also auch, dass der Plan für die Zukunft unserer Kinder gut ist?«
»Der Plan schon. Nur, wie soll er finanziert werden?« Til erhob sich, mit den Händen auf dem Rücken ging er einige Male vom Fenster zum Kruzifixus an der Wand und wieder zurück. Die Lippen eng, zwischen den Brauen stand die Stirnfalte, er rechnete, und Magdalena sah ihm
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