Riemenschneider
verwundert zu. Meister Tilman Riemenschneider, dachte sie, du wohlhabender Bildschnitzer und Ratsherr, Hausfrau Margarethe, diese Pfennigfuchserin, ist tot. Du musst vor ihr keine Rechenschaft mehr ablegen, wofür das Geld ausgegeben wird.
Endlich brach er die Wanderung ab und ließ sich wieder auf dem Hocker nieder. »Eine großzügige Mitgift wäre falsch. Nein, bitte keine Empörung. Hör erst weiter …« In Anbetracht der Unvernunft ihres Sohnes wäre der Besitz einer größeren Geldmenge gefährlich. Deshalb wollte er zunächst die Ausbesserung des Hauses am Bach bezahlen und danach dem Paar eine Jahresrente von vier Gulden aussetzen. »Für Nichtstun scheint mir die Summe sehr großzügig zu sein. Und damit wir sie hin und wieder in Augenschein nehmen können, müssen die beiden alle drei Monate bei uns im Wolfmannsziechlein erscheinen, um sich die nächste Rate abzuholen.«
Magdalena schwieg und dachte, das ist ein Anfang, wirklich ein guter Anfang. Weil sie nicht gleich antwortete, versicherte er beinah entschuldigend: »Natürlich wird das Erbe Katharinas dadurch nicht geschmälert. Sie soll später ebenso bedacht werden wie ihre Brüder.«
»Herr, ich …« Entschlossen schob Magdalena ihren Becher über die Tischplatte, bis er an seinen stieß, Til wich nicht aus, dann rieb sie sanft das bauchige Gefäß an dem seinem, und beide lächelten darüber.
Das Korn war abgemäht. Auf den Feldern standen ungezählte Hütten, errichtet aus gebündelten Halmen, und die Ährenhäupter trockneten in der Sonne. Gelb war das Licht. Der Mittag duftete nach Sommer.
Auf dem Weg von der Kirche im benachbarten Unterpleichfeld zum Haus am Bach rollte der mit bunten Bändern geschmückte Fuhrwagen die Dorfstraße hinunter. Vorn auf dem Kutschbock hielt Rupert die Zügel. Gleich hinter ihm saß Katharina im weißen Kleid, die Zöpfe zum Kranz gesteckt und gekrönt mit einem Blumendiadem. Neben ihr Florian, er trug ein leichtes hellblaues Wams, seine dunkelgrünen Strümpfe steckten in ledernen Kuhmaulschuhen.
Magdalena hatte ihren Sohn herausgeputzt. »An deinem Hochzeitstag will ich dich ansehen und stolz auf dich sein.« Sie hatte die gepufften Ärmel mit glitzernden Glasperlen bestickt und die Kniehosen an den Seiten mit grünen und blauen Schleifchen verziert, auf den ausgepolsterten Hosenlatz nähte sie ihm drei kleine Sterne aus Silberblech. »So viele Enkel wünsche ich mir.«
Einige Bäuerinnen winkten dem Brautpaar und der Hochzeitsgesellschaft auf dem Wagen zu, kaum waren auch die drei Reiter hinter der Kehre verschwunden, steckten sie die Köpfe zusammen. »Das ist die Tochter des berühmten Bildschnitzers und der Sohn vom Jakob Lebart. Du erinnerst dich doch an den Bruder von der Els ihrem Mann? Der Bruder vom Balthasar? Er soll sich doch …« Eine Geste zum Hals, und alle wussten, wer gemeint war. »Die Blutzapfen haben ihn dazu getrieben. Der Arme, Gott hab ihn selig.«
Ein schnelles Kreuzzeichen, dann galt das Getuschel wieder dem Brautpaar: »Wer weiß, was die zusammengebracht hat? Aber die wohnen ab jetzt unten im alten Haus. Arbeiten soll der Junge beim Balthasar, sagt die Els. Na, wir werden es ja erleben.«
»Aber schön hergerichtet ist das Haus ja wieder. Und gekostet hat so ein neues Dach. Auch auf der Scheune sind neue Schindeln. Von uns hätte sich das keiner auf einmal leisten können.«
»Wunder dich nicht. Der Schwiegervater ist reich, der besitzt Weinberge, und in der Stadt hat er einige Häuser. Geld ist da genug …«
Mit Schwung hob Florian seine Braut vom Wagen. »Komm, ich zeig dir dein neues Heim! Du sollst sehen …« Er zog sie zur weit geöffneten Haustür und lachte übermütig. »Seit wir das letzte Mal hier waren, hat sich einiges verändert.«
»Bleibt stehen!« Els lief hinter ihnen her, überholte sie und versperrte mit ausgebreiteten Armen den Eingang. »Bei der heiligen Maria, nicht weitergehen!«
»Aber, Tante, das ist mein Haus. Frag doch Mutter!« Florian blickte sich um. Gleich zog er vorsorglich den Kopf etwas ein. »Was … was hab ich denn getan?«
Mit ernster Miene näherten sich Magdalena und der Schwiegervater, auch Onkel Balthasar kam mit den drei Brüdern Katharinas schweigend auf ihn zu. Florian schluckte, als sich die zwar jüngeren, doch kraftvolleren Burschen mit ihren Feuermähnen neben dem riesenhaften Meister Til aufbauten. »Ist etwas falsch?«
»Will ich wohl meinen«, schimpfte Els in seinem Rücken.
Er wandte sich der Tante zu. Die deutete auf die
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