Riemenschneider
in den Darm gestoßen worden. Obwohl sein Mund nur noch eine blutige Masse war, bogen sie die Zähne auseinander und stopften ihm einen Apfel halb in den Rachen. Ohne Zögern nahm der Anführer die Fackel von der Wand, entzündete sie am Herdfeuer, feixend näherte er sich dem Tisch. »Du wirst ein guter Sonntagsbraten.« Er fuhr mit der Flamme dem Wehrlosen unter den Bauch, die Brust. Jakob rang nach Luft, erstickte fast, weil ihm die Hände festgehalten wurden, er schlug den Kopf hin und her, endlich löste sich der Apfel aus seinem Mund, dann schrie Jakob voller Schmerzen, und je lauter seine Schreie gellten, umso befriedigter nickte der Kerl. »Das gefällt mir. So ist es recht.«
Einer der Knechte hatte im Regal neben dem Herd einen verschlossenen Krug entdeckt. Er zog den Stopfen und roch, nahm einen Schluck und grunzte vor Vergnügen. »Unser Bäuerlein hat für uns vorgesorgt. Kein Bier. Auch kein Most. Nein, hier haben wir guten, scharfen Branntwein.« Jeder seiner Kumpane durfte kosten, dann reichte er dem Anführer den Krug, der unterbrach die Tortur und nach einem tiefen Zug wiegte er den Kopf. »Dafür ziehen wir heute keine Steuern ein, sondern würzen unsern Braten damit und nehmen den Rest für den Rückweg.« Ohne Zögern begoss er den Hintern, sorgte dafür, dass der Branntwein auch die Geschlechtsteile und Oberschenkel nässte. Nur ein Streich mit der Fackel, und die Flammen züngelten hoch.
Jakob bäumte sich auf, schlug mit dem Leib auf die Holzplatte, drehte sich auf den Rücken, versuchte mit den Händen zu löschen, dabei war er vom Tisch gerollt und auf den Boden geschlagen. Unter dem Gelächter der Blutzapfen hatte er sich hin und her gewälzt, bis das Feuer endlich erstickt war.
Jakob presste den Kopf ans Scheunentor »Nein, du Allmächtiger im Himmel …« Ein Schluchzer entrang sich seiner Brust. »Solche Menschen sind nicht von dir.«
Drei der Blutsauger verließen die Scheune mit prall gefüllten Säcken.
»Bitte«, hauchte Jakob. »Nicht auch das Saatkorn …«
Doch niemand hörte ihn. Sie stellten sein wertvollstes Gut zu den Körben und bestiegen ihre Pferde. »Wie soll ich denn …?« Ein neuer Schmerz ließ ihn aufstöhnen. Der fünfte Schinder näherte sich aus Richtung Stall und schleifte den Hund am Schwanz hinter sich her, halb war dem Tier der Kopf abgetrennt worden. »Den hätte ich beinah vergessen.«
»Lass ihn hier«, befahl der Anführer. »Das alte Fell taugt zu nichts mehr.«
Leicht die Peitsche in der Hand wippend, kam der Anführer noch einmal zum Scheunentor. »So, Bäuerlein, wir müssen zurück zum Kloster.« Mit der freien Hand löste er die Fessel vom Querbalken der Scheune. »Und denk daran, deine Schulden sind noch längst nicht beglichen. Also arbeite fleißig und leg nächstes Jahr mehr als den Zehnten zurück. Sag das auch deinen Nachbarn, denn die sind nicht besser dran als du.«
Leichtfüßig ging er über den Hof, sprang mit einem Satz zur Kutschbank hoch. »He, Bäuerlein! Und versuch erst gar nicht davonzulaufen. Uns und unserm gnädigen Abt Nikolaus entkommst du doch nicht.« Seine Kumpane lachten. Er griff nach dem Zügel, ein Schnalzen, und der Wagen rollte an.
Vier Reiter waren es. Unter den Hüten mit breiter Krempe und gebuschter Feder war kein menschliches Antlitz zu erkennen. Zwei ritten dem hoch beladenen Ochsenkarren vorweg, die beiden anderen begleiteten ihn an den Seiten. Und auf dem Kutschbock saß ihr Anführer, locker hielt er den Zügel in der behandschuhten Rechten, seinen linken Stiefel stemmte er gegen den Holm.
Reglos blickte Jakob den Blutzapfen nach, bis sie hinter der Biegung verschwunden waren. Dann tastete er nach der Halsschlinge, wollte sie abstreifen, hielt aber mitten in der Bewegung inne und ließ die Arme sinken.
»Jahr für Jahr …« Er schüttelte den Kopf. »Nie wird das aufhören … Nie, ich weiß es.«
5
N ein, keine Eile, Meister Til ließ das Pferd gemächlich den Weg am Bachufer entlang hinauf ins obere Tal trotten. »Habe ich wirklich das Recht dazu?« Unentwegt schabte er die Unterlippe an den Zähnen. Heute Morgen beim Ankleiden war er noch fest entschlossen gewesen. »Ich will zu ihr. Klarheit muss ich haben. Ich will fragen und werde Antwort verlangen.«
Nach dem Frühstück hatte er ungewohnt schroff die Arbeiten für den Vormittag eingeteilt. »Wir sind schon wieder mit einigen Aufträgen im Verzug.«
Keiner der Gesellen wagte aufzubegehren, obwohl der Meister selbst die Hauptschuld an den Verspätungen
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