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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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etwas freundlicher zum Bauch.«
Wortlos nahm er ihr mit einem Ruck den Schwertgurt aus der Hand und legte ihn selbst um. »Wenn es so weit ist, und Gott möge uns alle davor bewahren, dann kommt es wohl auf Schönheit nicht mehr an.«
»Wie wahr, Herr.« Magdalena blieb gleichmütig. »Das beste Stück fehlt noch.« Sie ging zum Tisch und überreichte ihm den Helm. »Ich selbst habe den Rost mit Sand und Seife, so gut es ging, entfernt und ihn danach mit der Speckschwarte bearbeitet. Nun glänzt er wenigstens etwas.«
Mürrisch nahm Til den Helm und stülpte ihn über das mehr silbrige denn kupferne Haar. Der Mittelsteg presste den Nasenrücken und teilte sein Gesicht.
»O Heilige Madonna«, entfuhr es Magdalena, sofort verschloss sie mit der Hand ihren Mund.
»Was wolltest du sagen?«
Die Tür flog auf. »Jörg sagte, dass du hier …« Gleich verschlug es der Herrin des Hauses die Sprache, und sie blickte mit großen Augen, dann ging ein Strahlen über ihr Gesicht. »Aber, mein großer Bär, du Schlimmer hast es mir vorher nicht verraten.« Gretelein trippelte um ihn herum, sah schelmisch zu seinem Gesicht auf. »Erst warst du Bürgermeister. Und jetzt wirst du auch noch Hauptmann. Mutter sagt oft zu mir: Du hast Glück, mein Kind. Solch einen angesehen Ehemann wie den Meister Riemenschneider gibt es nicht für jede Frau.« Ihre Fingerkuppe umspielte den Schwertknauf. »Und wenn ich Mutter jetzt noch erzähle, dass du ein Hauptmann bist, dann wird sie noch stolzer sein auf mich.« Mit wichtigem Ton erläuterte sie Magdalena. »Weißt du, Mutter und ich lieben Ritter, wenn sie so hoch zu Ross daherreiten. Da sind wir ganz gleich, Mutter und ich.«
Til hatte längst die Augen geschlossen und sich insgeheim gewünscht, das Geplapper würde von einem gnädigen Wind durch das eine Ohr hinein- und, ohne Spuren zu hinterlassen, durchs andere wieder hinausgeblasen. Aber der Ohrwind blieb aus. »Wann reist du nach Ochsenfurt?«, erkundigte er sich so gefasst wie möglich. »Ich denke, dass du Ostern bei deiner Mutter verbringen möchtest.«
»Gleich morgen früh.« Sie schob die Unterlippe vor. »Mein großer Bär, hier in Würzburg gefällt es mir zurzeit gar nicht. Überall laufen betrunkene Kerle rum und schreien. Stell dir vor, sogar einige Kaufläden haben geschlossen. Da ist es bei uns in Ochsenfurt wirklich schöner.«
Til streifte den Helm wieder ab. »Ich hoffe nur, dass es dort ruhiger bleibt und du keine Überraschung erleben musst.«
»Aber ich liebe Überraschungen …«
Kurz klopfte es, die Tür wurde einen Spalt geöffnet. »Um Verzeihung, Meister, nein, ich mein … Schwiegervater.« Beim Klang der Stimme fuhr Magdalena herum. »Florian? Was um Himmels willen …?«
Er öffnete ganz, blieb aber im Rahmen stehen, grüßte seine Mutter mit einem Nicken, dann nahm er den Federhut ab. »Schwiegervater, wir haben eine wichtige Nachricht für dich. Dürfen wir vertraulich mit dir sprechen?«
»Heute Morgen warst du vor dem Rathaus, da standest du sehr eng bei diesem Menschen.« Til sah ihn durchdringend an. »Wir? Soll das etwa heißen …«
»Hans ist draußen im Hof …« Unsicherheit trieb die Röte ins unrasierte Gesicht. »Ich mein nicht den Schwager, ich mein Hans Bermeter. Er redet mit Rupert und den anderen.« Der Adjutant straffte die Brust und bemühte sich um einen forschen Ton: »Ich soll ausrichten, dass die Sache sehr ernst ist. Aber wenn Meister Riemenschneider keine Zeit dafür hat, dann erfährt eben ein anderer Ratsherr davon als Erster.«
Til willigte ein, und während Florian den Spielmann verständigte, bat er Magdalena, mit seiner Gemahlin draußen zu warten. »Es dauert sicher nicht lange.«
Hans Bermeter trat ein, den Hut schon vor der Brust, kein Grinsen, kein tänzelnder Schritt, sehr gefasst neigte er den Kopf. »Danke, dass Ihr mich empfangt, Meister. Ich will Eure Zeit nicht lange in Anspruch nehmen. Tiefe Sorge treibt mich her, Sorge um das Wohlergehen der Stadt, ja, Sorge auch um das Leben so vieler Bürger.«
Unbeabsichtigt ließ Til die Linke auf den Schwertknauf sinken. Der Gast bemerkte die Geste und seufzte: »Genau davor fürchte ich mich, vor diesem hässlichen Geräusch, sobald das Schwert aus der Scheide fährt. Herr, wenn die Stadtväter nicht auf der Hut sind, droht uns allen ein furchtbares Blutbad.«
Seine Furcht steckte an, der Ernst, mit dem er sprach, vertiefte sie noch. Til beugte sich vor und stützte die Hände auf den Tisch. »So sag es, Mann. Von welcher Gefahr

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