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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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daraus, und damit heizt er den Unmut an.« Der Atem rasselte. »Eine Methode, die wir in der Politik ebenso anwenden. Nur vielleicht etwas seriöser.«
»Aber zu welchem Ziel? Was treibt ihn?«
»Macht. Er folgt seinem sicheren Gespür …« Georg Suppan zog den Freund einige Schritte von den Rastkollegen weg und senkte die Stimme. »Unter uns. Ich billige diesen Mann nicht, halte ihn aber, nüchtern betrachtet, in seinem Handeln für äußerst geschickt. Wir dürfen ihn nicht verhaften, stattdessen sollten wir unsere eigenen Kenntnisse und Vorschläge den Bürgern schmackhafter nahebringen.«
Die Glocke rief zurück auf die Plätze.
»Obwohl wir durch Zuruf von der Straße schon über den Inhalt informiert wurden …« Martin Cronthal versuchte, sich heiter zu geben. »So sollte dennoch der wahre Wortlaut der Artikel auch zu Gehör gebracht werden.« Er nahm das Schreiben wieder auf, las mit lauter Stimme, niemand im Saal aber hörte ihm noch zu.
Schließlich brach der Oberbürgermeister die Sitzung ab. »Geht heim, und beruhigt euch!« Er vertagte die Beratung über die Artikel auf den Nachmittag. Jeder Ratsherr hatte sich pünktlich Schlag drei wieder einzufinden.
Bei seiner Rückkehr ins Wolfmannsziechlein hörte Til schon auf der Franziskanergasse befremdliche Geräusche, nicht das Dreifach-Picken der Steinmeißel oder das Hin und Her der großen Säge, dafür vernahm er Gelächter seiner Gesellen, selbst Frauengekicher mischte sich bei, dazwischen immer wieder Zurufe und Antworten, und ein rhythmisches Schaben auf Metall gab den Takt an.
»Arbeitet heute denn niemand?« Er zog die Brauen zusammen. »Was ist das nur für ein Tag?« Im Halbdunkel der Toreinfahrt verlangsamte Til den Schritt. Der Hof hatte sich verwandelt … Einige Gesellen, auch die drei Söhne, standen mit bloßem Oberkörper nebeneinander. Von Magdalena und einer Magd wurden ihnen Lederkoller ausgeteilt. Andere hockten auf dem Boden und schnürten ihre Bundschuhe, dabei tauschten sie Zoten und versuchten die Magd mit geflüsterten Anzüglichkeiten zu erschrecken, die aber parierte laut und deftig und steigerte damit das ausgelassene Vergnügen nur noch weiter. Etwas abseits stand Rupert vor einem Tisch. Rechts von ihm lagen Schwerter, mit dem Wetzstein schärfte er in gleichmäßigen, langgezogenen Strichen die Klingen, und war er zufrieden, so legte er die Waffe linker Hand ab.
Barthel bemerkte den Vater zuerst. »Der Meister!« Gleich erstarb das Lachen, auch jedes Wort, nur Rupert arbeitete weiter.
»Darf ich fragen …?«
»Ihr seid zu früh, Herr.« Magdalena ging auf ihn zu. »Ich wollte Euch das Durcheinander ersparen. Bis zum Mittagsläuten wären wir fertig geworden.« Sie sah seinen verständnislosen Blick und erinnerte ihn. »Die Bewaffnung der Bürgerschaft. Den Aufruf habt Ihr selbst vor einigen Tagen aus dem Rathaus mitgebracht. Also hab ich Rupert auf den Söller geschickt und alles, was da ist, runterbringen lassen.« Die Waffen waren angerostet, die ledernen Schutzwesten hart, Schnüre und Schulterplatten zum Teil abgerissen. »Mit Fett und Faden haben wir den ganzen Plunder, so gut es ging, wieder hergerichtet.« Da der Vorrat aber nicht für jeden Gesellen ausreichte, hatte Jörg die fehlenden Waffenröcke im Zeughaus besorgt.
»Ohne mich zu fragen?«
»Aber, Herr«, Magdalena blieb sanft im Ton, »ich weiß doch, wie sehr Ihr solch ein Durcheinander hasst, außerdem musste auch die Arbeit in der Werkstatt unterbrochen werden. Deshalb habe ich mit Jörg beschlossen, dass wir Euch, so gut es geht, schonen. Zumal Ihr selbst …« Nun stockte sie, entschuldigte sich schon im Voraus mit einem Lächeln. »Ihr seid nicht ausgenommen davon. Der Aufruf gilt auch für Euch.«
Jörg war feixend mit den Brüdern hinzugekommen, und Hans konnte den Spott nicht unterdrücken: »Als Riese Roland haben wir dich noch nie gesehen, Vater.«
»Schweig«, brummte Til. »Meißel und Hammer sind mir ganz gewiss lieber.« Er blickte Magdalena bittend an. »Aber nicht hier draußen. So vor allen.«
»Nein, nein. Ich hab die Sachen schon in der Stube bereitgelegt und auch den Lederkoller vergrößert. Er wird passen, Herr, da bin ich mir sicher.«
Til tauschte seine Schaube gegen den fettig glänzenden Schutzpanzer.
»Bitte hebt die Arme.« Nach einigem Rucken und Richten band Magdalena die Schnüre an den Seiten. »Ich gebe zu, sehr vorteilhaft kleidet Euch dieser Rock nicht.« Leiser Schalk nistete in den Augenwinkeln. »Die fallenden Stoffe sind

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