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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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käme, hatte er nur mit den Achseln gezuckt und »Wann?« gefragt. Thomas vermutete, dass er zwar von Manuels Unschuld überzeugt war, nur nicht davon, dass man ihn freisprechen würde. Nur Johanna Breitenbach war es.
    »Und ich dachte, Regine sei wieder mit von der Partie«, sagte Thomas kleinlaut, er machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. »Sie sperrt sich. Jetzt kriegt sie neben dem Druck von ihrem Alten auch Druck vom neuen Freund. Wir hatten drüben in der Mühlstraße in der Kellerwirtschaft einen Kurs. Es ging um neue Filter, dafür hat sie ein Händchen, aber ihr eigener ist verstopft.«
    Der Vergleich ließ Johanna Breitenbach schmunzeln, sie riet Thomas, Verständnis zu zeigen. »Mit Druck erreichen |279| Sie am wenigsten. Es ist für Ihre Mitbewohnerin eine schwierige Lage, nach allem was ich weiß.«
    »Zweifeln Sie an meinen Worten?«
    »Seien Sie nicht so empfindlich.«
    Thomas murrte, er grummelte, dass er noch viel empfindlicher sein müsste, um seine Umgebung richtig wahrzunehmen. Das galt aber weniger für den üblen Geruch ringsum, vor dem er sich ekelte. Auf dem Stuttgarter Bahnhof roch es so, und auch in Frankfurt wurde das, was hastende Menschen sich aus Tüten in den Mund stopften, auf diese Weise behandelt. Es war der Gestank von billigem, angebranntem Käse oder einem Käseersatzstoff, mit dem sich auch Sägespäne überbacken ließen.
    »Ich hätte Regine gebraucht, besonders letzte Nacht, nach dieser Schlägerei. Ich wollte reden, und sie war nicht da, Manuel sowieso nicht. Ich hasse es, allein zu wohnen.«
    »Sie haben es auch ohne Ihre Mitbewohnerin geschafft, außerdem haben Sie sich recht gut geschlagen, so wie Sie es mir berichtet haben.« Johanna betrachtete das Pflaster über der Augenbraue.
    »Was nutzt mir das? Regines Vater hält es für eine Schnapsidee, Geld für ihr Zimmer in Geisenheim auszugeben, wo sie in Hochheim genug Platz haben. Das Geld ist gestrichen, Regine soll ausziehen. Und ihr neuer Freund ist genau so eine Nullnummer, der sollte den Vater heiraten.«
    »Bietet ihr die Wohnung so viel Freiheit, dass sich dafür das Opfer lohnt? Jetzt hat sie den Freund, der gibt ihr Bestätigung und Zuneigung, die kriegt sie weder von Ihnen noch von Herr Stern.«
    Thomas ließ ihre Argumente nicht gelten. Zurzeit ließ er gar nichts gelten, er hätte um sich schlagen können, so wie gestern.
    »Sie müssen da durch, Thomas, das nimmt Ihnen niemand ab«, sagte Johanna Breitenbach. »Setzen Sie Ihre Wut |280| in Kraft um. Das können Sie. Und Ruhe hilft, beobachten, begreifen, Schlüsse ziehen.«
    Er hätte etwas mehr Zuspruch erwartet. »Haben Sie was über die Wohnung in Lorch herausgefunden?«
    Thomas beobachtete, wie Johanna Breitenbach an ihrem Pappbecher mit dem Milchkaffee nippte, und er fand, dass sie heute besonders gut aussah. Er hatte sich einen Pott aus Porzellan geben lassen. Essen aus Tüten und Schachteln verabscheute er genauso wie Kaffee aus Pappbechern. Seiner Dozentin machte es anscheinend nichts aus.
    »Ich bin mit dem Vermieter in Koblenz verabredet, in einem persönlichen Gespräch erfährt man immer mehr als am Telefon. Ich werde ihm sagen, dass ich die Wohnung mieten will, so kann ich möglicherweise erfahren, wer der Vormieter war. Hat Ihr Vater sich um das Weingut in Gigondas gekümmert? Haben Sie ihn danach gefragt?«
    Thomas erzählte, dass Philipp zwei Winzer und einen Négociant aus Burgund darauf angesetzt hatte. Auch der Prokurist aus seiner ehemaligen Firma würde sich darum kümmern. Was ihm jedoch Sorgen mache, sei die Hetze gegen ihn und Manuel im Internet, das sei Mobbing in Reinkultur, eine regelrechte Rufmordkampagne. Alle gratis zugänglichen sozialen Netzwerke würden dafür genutzt, Facebook, Twitter und studiVZ und die von Studenten und in der Weinbranche genutzten Plattformen und Blogs.
    »Für die ist unsere Wohngemeinschaft sogar offiziell die Mörder-WG.   Ich glaube, dass die Rosa Handtaschen dahinterstecken. Sie haben Hilfe von Jungen mit flinken Fingern, die sich im Netz auskennen.«
    »Lässt sich das nicht klären?«
    »Habe ich bereits versucht, aber die arbeiten mit temporären I P-Adressen , und da komme ich nicht weiter. Mittlerweile ist das ein Selbstläufer. Fotos gibt es auch, von Manuel und seinem Auto, von Alexandra, von unserer Wohnung und natürlich von mir als dem ›Öno-Detektiv‹ |281| und dem ›besten Freund des Mörders‹. Die machen einen Fotoroman daraus.«
    Das berührte Johanna Breitenbach nicht

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