Riesling zum Abschied
sollten.
»Das ist Diskriminierung von Ausländern, Beleidigung, Bedrohung. Sie müssen die Schläger festnehmen! Die haben auch den Wagen beschädigt.«
»Wollen Sie nicht endlich einen Arzt rufen?«, fragte das Mädchen. »Sie sehen doch, wie der blutet, und der andere da am Boden auch.«
Einer der Polizisten langte unter dem Auto nach dem Messer.
|274| »Vorsicht, Fingerabdrücke!«, rief Thomas, was ihm einen bösen Blick einbrachte. Damit ließ sich leben, solange die Abdrücke nicht verwischt wurden. Als ein weiterer Polizeiwagen eintraf, fand sich ein Pärchen, das die Worte des Mädchens bestätigte und sich ebenfalls als Zeugen anbot. Eine andere junge Frau drängte durch die Schaulustigen und packte das beherzte Mädchen mit dem glatten Haar und dem feinen Gesicht am Arm, um sie wegzuzerren, und redete in einer unbekannten Sprache hektisch auf sie ein. Thomas hielt sie für die Freundin. Dann kam ein Notarztwagen der Feuerwehr. Der Arzt untersuchte Thomas kurz, verpflasterte ihn unter den kritischen Blicken des Mädchens und riet, morgen spätestens die aufgeschlagene Augenbraue nähen zu lassen. Dann betastete er Thomas’ dick geschwollenes Handgelenk; er hielt es nicht für gebrochen, aber er stellte es mit einer Bandage ruhig.
Bei einem der Angreifer bestand Verdacht auf Gehirnerschütterung, er war mit dem Kopf gegen das Auto geknallt, und ein Auge war zugeschwollen, dem anderen blutete die Nase. Der Drogentest fiel bei den Kapuzen positiv aus. Mittlerweile war die Zahl der Zuschauer bis auf fünfzig Personen angewachsen. Bevor man in mehreren Polizeiwagen abfuhr, bestand Thomas darauf, dass von Manuels Wagen eine Lackprobe genommen wurde, um sie mit den Spuren an dem Schraubenzieher zu vergleichen, den einer der beiden wieder in die Hosentasche gesteckt hatte. So blöd wie die konnte man gar nicht sein.
Auf der Wache gaben die Kapuzen an, dass Thomas sie angegriffen habe und sie den dritten Mann erst tags zuvor in einer Kneipe in der Bahnhofsgegend kennengelernt hätten. Dann, das war der Gipfel der Unverschämtheit, erstatteten sie gegen Thomas Anzeige wegen Körperverletzung. Erst nach intensiver Befragung und nach der Konfrontation mit mehreren Zeugenaussagen ließen sie sich dazu herab, |275| zu erklären, dass der Messermann jedem von ihnen fünfzig Euro dafür geboten hätte, »einem arroganten Studentenwichser was auf die Fresse zu hauen«. Bei hundert Euro hätten sie zugestimmt. Nach einem Grund dafür hätten sie nicht gefragt. Aber sie hätten nichts getan, der Student sei wie ein Irrer auf sie losgegangen. Bei ihnen sei es reine Notwehr gewesen. Nur nebenbei bekam Thomas mit, dass beide aktenkundig waren, der eine wegen Diebstahls, der andere hatte wegen Körperverletzung im Jugendgefängnis gesessen. Mittlerweile war er volljährig.
Thomas bestritt ihre Behauptungen, alles war widersprüchlich, und er gab an, den Mann mit dem Messer nie zuvor gesehen zu haben. Seine Fingerabdrücke müssten an dem Messer sein, er würde ihn auch der Tätowierung wegen jederzeit wiedererkennen. Einen Grund für den Überfall konnte er nicht angeben. Was er dachte, behielt er für sich. Als ihm einer der Polizisten einen Kaffee brachte und er zur Ruhe kam, wurde ihm klar, dass ihn nur die dicht geparkten Autos gerettet hatten, allen dreien gleichzeitig wäre er nie gewachsen gewesen. Ihn interessierte der Angreifer mit dem tätowierten Arm. Das war seine neue Spur.
Wie die Kapuzen hergekommen waren, in wessen Auto, wo sie sich getroffen hatten und woher sie den Dritten kannten, interessierte die Polizisten zwar, aber bevor die Befragung fortgesetzt werden konnte, erschien ein Rechtsanwalt auf der Wache und verbot den Kapuzen jede weitere Aussage. Wer hatte ihn geschickt, da beide nicht telefoniert hatten? Woher wusste er, dass sie hierhergebracht worden waren? Gab es wieder einen heimlichen Beobachter der Szene? Thomas notierte den Namen des Anwalts. Das lief ihm zu glatt und zu geplant ab.
Zum Umfallen müde betrat Thomas seine Wohnung. Auf dem Heimweg hatte er auf der Autobahn mit dem Einschlafen gekämpft, der Kopf tat weh, und ohne die CD von |276| Blumio, dem rappenden Japaner aus Düsseldorf, wäre seine Laune weit unter den Gefrierpunkt gesunken. Seine alte Kölner Clique fehlte ihm, die Jungens, in deren Mitte er sich stark fühlte, auf die er sich verlassen konnte und mit denen er die Kapuzen reichlich aufgemischt hätte. Jetzt hoffte er, dass Regine zu Hause war, trotz seiner
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