Riesling zum Abschied
zusammenreimen kann. Am wichtigsten waren ihnen
unsere
Alibis.«
Er hat Bullen statt Polizisten sagen wollen, dachte Johanna, insgeheim lächelnd. »Und was ... glauben Sie? Wer ...?« Kaum hatte sie die Frage gestellt, bereute sie es auch schon wieder.
»Nichts deutet auf einen Einbruch hin.«
»Dann kannte sie ihren Mörder? Das finde ich erstaunlich.«
»Ja erstaunlich, wie schnell sich das herumspricht«, warf die junge Frau schnippisch ein.
Sie ist ein wenig verbissen, dachte Johanna und wandte sich ihr zu, halb missbilligend, halb neugierig. »Was haben Sie mit der ... Sache zu tun? Sind Sie eine Kommilitonin des ... äh ... der ... Toten?« Des Opfers – hatte sie sagen wollen, aber das wäre ihr dann doch zu theatralisch vorgekommen.
»Im weiteren Sinne bin ich das, im näheren nicht. Sie hatte den Rosa-Handtaschen-Studiengang belegt. Wir hier«, sie sah sich um, »wir sind die Handwerker, die Malocher, die glücklichen Traktoristen.«
Es hatte für Johanna den Anschein, dass diese Regine mit etwas haderte, entweder mit ihrer Rolle oder mit der Ermordeten? Versteckte sich hinter Ablehnung nicht allzu häufig bloßer Neid?
|41| »Und – haben Sie nun alle ein Alibi?« Johanna lachte gekünstelt, sie hatte etwas Lustiges sagen wollen, um sich von dem Thema zu befreien, aber ihre Frage bewirkte das Gegenteil.
Dieses Mal antwortete Manuel, er war urplötzlich wütend. »Thomas war zu Hause auf unserem Weingut. Regine war bei ihren Eltern und musste am Sonntag helfen, sie haben Riesling vom letzten Jahr für einen Kunden abgefüllt. Also hat auch sie ein Alibi. Ich bin der Einzige, der keines hat!« Er sah Johanna geradeheraus an. »Und ihre Nachbarn behaupten, wir hätten uns am späten Nachmittag gestritten – und das stimmt sogar ...«
Johanna wusste nichts zu entgegnen, ihr fiel auch keine Frage ein, um der Peinlichkeit dieser Situation auszuweichen. Sie hatte außerdem das Gefühl, dass die drei jungen Leute vor ihr völlig unterschiedlich mit der schwierigen Situation umgingen, obwohl sie sich in gewissem Sinne einig schienen. Doch worauf die Einigkeit beruhte, war ihr nicht klar.
»Du hattest ja wohl auch Grund dazu«, sagte Thomas und durchbrach das peinliche Schweigen, »Grund für den Streit.«
Manuel senkte den Blick, und Johanna betrachtete seine Hände. Es waren tatsächlich die eines Pianisten – aber konnten es auch die eines Mörders sein? Dann sah sie ihm in die Augen und las darin nur Traurigkeit. Über das, was geschehen war, oder über das, was er angerichtet hatte?
»Wenn ich nach Bad Dürkheim komme, sind Sie dann auch da?« Die Frage war an Manuel gerichtet.
Sofort ging Thomas dazwischen. »Haben Sie damit ein Problem? Sagen Sie es ruhig. Wenn ja, dann verzichten wir auf Ihre Hilfe.«
Ein schwieriges Trio, dachte Johanna und fragte sich, ob es den Konflikt überstehen würde.
|42| 3
Die Herren des Morgengrauens kamen zu viert um sechs Uhr früh. Thomas kannte den Mann, der mit einem Zettel vor der Wohnungstür stand, und, als Thomas sie einen Spalt geöffnet hatte, sofort den Fuß dazwischenschob. Das hätte er sich sparen können, Thomas war nicht darauf aus, die Ermittlungen zu behindern.
Kriminalhauptkommissar Sechser leitete die Ermittlungen im Mordfall Alexandra Lehmann. Er hatte die WG bereits am Dienstag verhört. Sein Eindringen in ihre Privatsphäre war mit einer Anmaßung geschehen, die Thomas nur als persönlichen Angriff auffassen konnte. Von diesem Moment an glich das Verhältnis zu dem Polizisten einer Zündschnur. Wann der Funke die Bombe erreichte, war eine Frage der Zeit. Schon deshalb hoffte Thomas, dass die Ermittlungen möglichst rasch zu einem Ergebnis führten.
»Kriminalpolizei, machen Sie die Tür auf!«
»Guten Morgen, Herr Sechser«, sagte Thomas übertrieben freundlich. »Sie brauchen gar nicht so heftig aufzutreten, hier sind alle brennend daran interessiert, dass Sie den Mörder fassen. Ich nehme an, Sie wollen nicht zu mir?«
Sechser stieg sofort auf den Ton ein. »Was Sie annehmen, Herr Breitenbach, ist mir völlig gleichgültig. Manuel Stern ist hier gemeldet. Ist er da?«
»Das wissen Sie ja wohl. Er schläft übrigens noch.«
|43| »Zeigen Sie mir sein Zimmer! Das mit dem Wecken übernehmen wir.«
»Dann zeigen Sie mir vorher Ihren Durchsuchungsbefehl. Daraus müsste hervorgehen, zu welchen Räumen wir Ihnen Zutritt gewähren müssen. Wir wohnen hier zu dritt.« Thomas sah die anderen Beamten hereindrängen,
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