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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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die ihn feindlich musterten. »Zusätzliche Verstärkung? Ist das mit dem Personalmangel der Polizei zu vereinbaren? Oder vermuten Sie eine studentische Verschwörung?«
    Thomas musste Manuel wirklich sofort wecken, ein wenig sanfter als der Kommandotrupp. Auch Regine sollte auf jeden Fall als Zeugin dabei sein.
    »Welches ist Herrn Sterns Zimmer?«, fragte Sechser, schnaubte und hielt Thomas den richterlichen Befehl so dicht vors Gesicht, dass er den Text nicht lesen konnte.
    »Soll ich uns nicht erst einmal einen Kaffee machen?«, schlug Thomas vor, nahm Sechser den Zettel ab und wies auf die Küche. Der Kriminalbeamte begriff, dass die freundliche Geste lediglich als Provokation gemeint war. Ihr Verhältnis war damit ein für alle Mal besiegelt.
    »Herr Breitenbach, Sie verkennen die Situation!« Ungehalten wies Sechser auf alle Zimmertüren. Der Flur ihrer Wohnung war eine Art Wohnzimmer, von hier gingen die drei Räume ab. Sechsers Leute schienen unschlüssig zu sein. Thomas stellte sich mit dem Rücken vor Regines Zimmertür und schüttelte den Kopf.
    »Hier wohnt eine junge Frau, hier kommen Sie nur mit einer Beamtin rein! Da drüben«, er zeigte auf die Tür mit dem Foto der Beethovenbüste, »das ist der Raum von Herrn Stern.«
    Ohne sich umzudrehen, klopfte Thomas an Regines Tür. Aber dahinter blieb alles ruhig, sie antwortete nicht, obwohl sie sonst bei dem leisesten Geräusch senkrecht im Bett stand. Heute war Freitag – wenn es Sonnabend gewesen wäre, hätte Thomas es verstanden, dann hätte sie zu Hause übernachtet, |44| aber wochentags schlief sie hier. Erst nach langen Kämpfen gegen ihren Vater hatte sie durchgesetzt, die Woche über in Geisenheim bleiben zu dürfen und nicht jeden Abend zurück nach Hofheim fahren zu müssen. Die monatlichen Spritkosten entsprachen der Miete für ihr Zimmer, nur deshalb hatte der Vater zugestimmt. Die Frage nach der Energiebilanz ließ den Vater kalt, er hielt nichts von Regines »Öko-Quatsch« und sperrte sich gegen jede Neuerung. Wo war Regine? Thomas erinnerte sich, dass es neuerdings diesen Thorsten gab – war er der Grund ihrer Abwesenheit?
    Sechser schob ihn zur Seite, um die farbige Doppelseite zu sehen, die auf die Tür geklebt war. Sie zeigte fünf zueinander versetzt fahrende Traktoren mit lachenden Fahrern im Ernteeinsatz, jeder mit einer wehenden roten Fahne in der Hand. Thomas hatte das Bild in einer uralten Illustrierten aus den Studententagen seines Vaters entdeckt, »China im Bild«, und es Regine gewidmet, die so gern Schlepper fuhr.
    Manuel saß verstört in der Pyjamahose auf der Bettkante. Er hatte wieder bis tief in die Nacht geübt, und die Flasche mit dem Spätburgunder war leer, die Neige im Glas eingetrocknet.
    »Was ist das wieder für eine Katastrophe?« Manuel wirkte übernächtigt, er versuchte zu sich zu kommen.
    »Die Hausdurchsuchung erstreckt sich auch auf die von Ihnen, Herr Stern, sonst noch genutzten Räume«, meinte Sechser, nachdem er Manuel kurz mit den Umständen vertraut gemacht hatte.
    »Bad und Küche«, sagte Thomas. »Habe ich doch gleich gesagt. Um aufs Klo zu gehen und für einen guten Kaffee braucht man bei uns keinen Durchsuchungsbefehl. Folgen Sie mir einfach in die Küche.«
    Einer aus Sechsers Trupp lachte, der Mann schien dem Vorschlag nicht abgeneigt – und wurde mit einem Blick zurechtgewiesen. Thomas wollte in die Küche gehen und mit dem Duft von Kaffee den Keil weiter in Sechsers Kommandoeinheit |45| treiben, als Manuel, der hilflos im Zimmer stand, ihn noch einmal ansah. Ihre Blicke trafen sich, Manuel hatte Angst. Thomas hatte ihn noch nie so erlebt, was ihn sehr beunruhigte.
    »Bin ich verdächtig?« Manuel zog sich den Bademantel über.
    »Sind wir das nicht alle?« Thomas versuchte, der Situation die Schärfe zu nehmen. »Für den Staat sind wir es sowieso, wie mein Vater zu sagen pflegt. Wir brauchen einen Rechtsanwalt.«
    »Den nächsten finden Sie in Wiesbaden oder in Bingen«, sagte Sechser, »aber bis der hier ist, sind wir mit Ihnen fertig.«
    »Such im Internet«, forderte Thomas Manuel auf.
    »Der Rechner wird beschlagnahmt.« Sechser winkte einem seiner Leute.
    »Dann setz dich an meinen   ...«
    Da Manuel es nicht wagte, tat Thomas es für ihn. »Hier geht’s doch wohl um Mord und nicht um Wirtschaftskriminalität.«
    »Was Sie nicht sagen. Über Beweisstücke entscheiden ich und der Staatsanwalt. Und wenn Sie nicht Ihren Mund halten, lasse ich Sie wegen Behinderung der Untersuchung

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