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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Täter, ich nenne es ein Opfer. Wozu dann weiter ermitteln? Das kostet Geld, und wie Sie wissen, ist der Mensch von Natur aus träge. Lesen Sie mal die Bild-Zeitung von heute, für die ist längst alles klar«, er schaute seine Nachbarin an, die gefasst und Zustimmung signalisierend neben ihm stand.
    »Das spielt alles keine Rolle, lieber Herr Achenbach«, sagte Johanna ernst. »Ihren Glauben in Ehren   ...«
    »Sie haben Manuel erlebt, ein ganzes Wochenende. Sie müssten gemerkt haben, dass er keiner Fliege   ...«
    »...   nichts muss ich«, entgegnete Johanna strenger als beabsichtigt, obwohl sie der gleichen Meinung war. Sie durfte es jedoch nicht zeigen, wenn sie Thomas’ Wut in Tatkraft verwandeln wollte. »Sie blicken in niemandes Herz oder Hirn. Und wenn er schuldig wäre, würden Sie ihn   ...?«
    »Zum Glück muss ich mir diese Frage nicht stellen.«
    Seine Überzeugtheit ließ Johanna lächeln. Mit einer derartigen Gewissheit war sie als junge Frau auch auf ihr Leben und die Welt losgegangen. Was war davon geblieben?
    |108| »Ich wüsste, wie Sie Ihren Freund möglichst schnell aus dem Gefängnis holen können«, sagte sie und freute sich, dass von der erloschen geglaubten Flamme noch ein wenig Glut übrig war.
    Verblüffung, Skepsis und Neugier spiegelte sich in den Gesichtern vor ihr.
    »Finden Sie den wahren Mörder, Thomas. Das ist die Lösung!«
    Es trat eine Pause ein, und Johanna konnte sehen, wie es in den Gehirnen der beiden arbeitete, wie sie sich fragten, ob Johanna ihren Vorschlag als Binsenweisheit gemeint hatte oder ob mehr dahintersteckte. Wurden sie auf den Arm genommen, oder trat soeben die große Erleuchtung ein?
    Regine fasste sich zuerst. »Helfen Sie uns dabei?«
    »Ja, das ist eine gute Frage. Sie könnten sich unter den Dozenten umhören«, fügte Thomas hinzu.
    Johanna fühlte sich geradezu belauert. Bei Leuten, die ähnlich dachten wie sie, verlor sie zu schnell die Distanz, das war ihr Problem mit den Studenten.
    »Es scheint mir, als hätte ich Sie überzeugt?« Johanna sah auf die Uhr. »Wir besprechen das beim Mittagessen, in der Mensa, eine stille Ecke werden wir sicher finden.«
    »Geht leider nicht«, meinte Thomas. »Wir müssen nach Wiesbaden zum Haftrichter.« Er schaute in seinen Terminkalender. »In einer Stunde müssen wir da sein.«
    Der Junge ist gut organisiert, bemerkte Johanna. Es war auch besser, in der Mensa nicht zusammen gesehen zu werden. Sie sollte es in Zukunft sowieso vermeiden, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden. Es wäre nicht gut für ihr Ansehen innerhalb der Dozentenschaft, und ihre Parteilichkeit konnte ihr schaden, besonders dann, wenn sie auf Regines Vorschlag einging.
     
    »Setzen Sie sich zu uns.« Der Dozent für Chemie stand auf, deutete eine Verbeugung an und wies auf einen freien Stuhl |109| am Tisch, als Johanna mit dem Tablett von der Essensausgabe kam. Der Kollege war ihr vorgestellt worden, sie hatte mit ihm in einer Konferenz gesessen, doch jetzt fiel ihr der Name wieder nicht ein.
    Sie trat an den Tisch, beugte sich vor, um das Tablett mit dem Broccoli-Auflauf und dem Salat abzustellen, in dem Moment glitt der Riemen von der Tasche des Laptops von der Schulter. Professor Dr.   Marquardt, Fachmann für Pflan zenschutz , griff so schnell zu, dass Johanna erschrak, aber er hatte ihr Laptop gerettet.
    »Ich nehme an, dass jemand wie Sie regelmäßig die Daten sichert«, sagte der Chemiker, während der Professor mit Blick auf ihr Tablett fragte: »Sie sind Vegetarierin? Diät kann es nicht sein, so sportlich, wie Sie sind.« Sein bewundernder Blick glitt über ihre Figur.
    »An manchen Tagen ist mir Fleisch zuwider und zu schwer, besonders, wenn ich nachmittags weitere Veranstaltungen bestreiten muss.«
    »Also auch ganz privates Energiemanagement? Dann sind Sie sicher für den Einsatz erneuerbarer Energien und gegen Kernkraftwerke?«
    »Selbstverständlich, lieber Herr Kollege: Nur Energietechnik haben Sie vergessen«, sagte Johanna mit ihrem charmantesten Lächeln, das sie für Männer reserviert hatte, die meinten, sie belehren zu müssen. Er hatte Kern- statt Atomenergie gesagt, also war er dafür. »Daher bin ich der festen Überzeugung, dass die schrottreifen Meiler aus dem Verkehr gezogen werden müssen, und wer bei allem, was wir über die Gefahren wissen, dem widerspricht, kann eigentlich nur dumm oder von der Energiewirtschaft bestochen worden sein. Aber die Wissenschaft, so wie wir sie hier betreiben, ist

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