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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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den Kaiserschmarrn.«
    Kein Wunder, dachte, Thomas, dass ihm der Bauch über den Gürtel hing. »Mir reicht die Wispertaler Forelle.«
    »Sonst nichts?« Zum ersten Mal sah Thomas etwas wie Erstaunen in Vormwalds Gesicht. »Junge Männer wie Sie brauchen ein ordentliches Stück Fleisch. Und als Vorspeise nehmen Sie   ...«
    »Was ich esse, können Sie ruhig mir überlassen.« Thomas hasste es, wenn ihm jemand in Bezug aufs Essen Vorschriften machte, und so kam seine Entgegnung schärfer als beabsichtigt. Es trug nicht dazu bei, die angespannte Situation zu entkrampfen. Thomas wandte sich an den Ober. »Der Bach dort unten, der unterhalb der Weinberge fließt, ist das der Wisperbach?«
    »Nein, mein Herr, der Elsterbach.«
    »Da kommt die Forelle her?«
    »Nein, aus dem Wisperbach, der mündet bei Lorch in den Rhein.«
    »Was ist mit den Rückständen aus dem Weinbau, Spritzmitteln, Mineraldünger, werden die vom Regen nicht nach unten in den Elsterbach geschwemmt?«
    »Wie sind Sie denn drauf, um in Ihrer Sprache zu bleiben?« Zu Vormwalds Geschwollenheit kam jetzt noch Empörung hinzu.
    Der Ober nahm es gelassen. »Wir verwenden schon lange keinen Mineraldünger mehr für unsere Weinberge, und das |203| Spritzen ist aufs äußerste Minimum begrenzt.« Anscheinend war er solche Fragen gewohnt.
    »Danke, genau das wollte ich wissen«, sagte Thomas verbindlich und sah Vormwald triumphierend an. »Ich bleibe bei der Forelle. Aber fahren Sie bitte fort, Herr Anwalt, ich hatte Sie unterbrochen.« Thomas erinnerte sich an den Rat seines Vaters, gewisse Leute möglichst lange reden zu lassen, irgendwann ging ihnen die Luft aus.
    Während Vormwald bereits trank, empfand Thomas den eben erst entkorkten Wein als zu verschlossen. Deshalb schwenkte er ihn im Glas, das er mit den offenen Händen anwärmte. Ob Temperatur und Sauerstoff ihn in kurzer Zeit öffnen würden? Es war ein typischer Riesling, strahlig, fruchtig, harmonisch zwischen Süße, Säure und schönen Aromen und trotz seiner Jugend nicht mehr hart. Und dem Geschmack konnte er lange nachspüren. Es ist einer von der besonderen Sorte, dachte Thomas, als er am Glas roch und vorsichtig probierte, und er ist um Klassen besser als der Typ mir gegenüber.
    »Zur möglichen Todeszeit, die sich auf ein Zeitfenster von zwei Stunden erstreckt, und auch danach hat keiner mehr auf das Auto geachtet.«
    »Na bitte, genau das meine ich.« Aber Thomas’ Befriedigung währte nur eine Sekunde.
    »Erschwerend kommt hinzu, dass es Streit gegeben hat, den haben die Nachbarn gehört. Es muss laut geworden sein.«
    »Auch das hat Manuel betätigt. Sie hatte ihn gebeten, zu bleiben, und dann hat sie ihn plötzlich weggeschickt.«
    »Das war ihr Spiel mit ihm, so habe ich das auch verstanden: kommen lassen und nicht ranlassen. Das wird als Teil des Motivs dafür gesehen, dass er durchgedreht ist. Unser junger Freund hat bei seinem labilen Charakter die Fasson verloren, die Kontrolle über sich selbst   ...«
    Es kostete Thomas Mühe, nicht laut zu werden. »Sie |204| maßen sich an, über seinen Charakter zu urteilen, nach nur einem Besuch, und das auch nur im Knast? Wo haben Sie das her – das mit seinem labilen Charakter? Sie reden wie der Ankläger und nicht wie sein Verteidiger.«
    »Er war bekannt für   ...«
    »...   für seine Bescheidenheit, für sein ruhiges Wesen«, beendete Thomas den Satz. »Mit wem haben Sie geredet? Wen haben Sie befragt? Und wenn Sie ihn nicht aus dem Knast holen, geht er darin kaputt.«
    In seiner ruhigen, selbstgefälligen Art sagte der Anwalt: »Genau deshalb haben wir einen Haftprüfungstermin angesetzt, aber die Haftgründe, Fluchtgefahr und dringender Tatverdacht, werde ich schwerlich entkräften. Es gibt keine neuen Erkenntnisse.«
    »Weil niemand danach sucht – außer mir und   ...« Johanna Breitenbach ließ er besser unerwähnt. »Haben Sie sich mit dem Opfer beschäftigt? Mit wem sie Umgang pflegte, wer sie war, was sie noch tat, außer zu studieren? Was wissen Sie über ihre sonstigen Aktivitäten? Woher hatte sie Geld?«
    Jetzt wurde Vormwald aufmerksam, so wach hatte Thomas ihn noch nicht erlebt. Unterschätzte er ihn geradezu fahrlässig?
    »Sie ergehen sich in sibyllinischen Andeutungen, junger Mann. Was soll ich damit anfangen? Was wissen Sie, was ich auch wissen sollte?«
    »Sie hat mehr getan als nur Internationale Weinwirtschaft zu studieren, sie war irgendwie, ich sage bewusst irgendwie, in der Forschung involviert, im Bereich

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