Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)

Begleitung.«
    Carly riss die Arme in die Höhe. »Einen Moment mal. Das ist doch Wahnsinn. Ich lebe in dieser Stadt. Mein Sohn geht hier zur Schule. Meine Mutter wohnt hier. Ich kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen, schon gar nicht heute Abend. Und was das Umziehen angeht, das ist verrückt.« Ihre Stimme zitterte. »Ich war an dem Unfall doch gar nicht beteiligt. Sicher, ich bin zu schnell gefahren und wurde dafür verurteilt – aber ich habe den armen Kerl doch gar nicht erwischt, Herrgott nochmal! Man kann mir seinen Tod nicht in die Schuhe schieben! Das hat die Verkehrspolizei selbst gesagt. Und es wurde heute vor Gericht bestätigt.«
    »Das wissen wir, Carly«, erwiderte Bella Moy. »Die Eltern des toten Jungen haben alle Informationen über den Unfall erhalten. Aber wie mein Kollege schon sagte, die Polizei hat die Pflicht, Sie zu schützen.«
    Carly rang die Hände und versuchte, klar zu denken. »Jetzt mal langsam. Der Fahrer in dem weißen Lieferwagen, der hinter mir fuhr, ist tot. Ermordet?«
    Glenn Branson schaute sie sehr ernst an. »Das steht völlig außer Frage, Mrs Chase.«
    »Und der Lkw-Fahrer?«
    »Auch er wurde zweifelsfrei ermordet. Wir haben so viel wie möglich über die Angehörigen des toten Jungen herausgefunden und müssen leider sagen, dass sie zu einem solchen Racheakt durchaus fähig sind. Es ist ein Teil ihrer Kultur. Sie leben in einer anderen Welt.«
    »Das ist ja toll.« Ihre Angst verwandelte sich in Zorn. Sie brauchte dringend einen Drink und eine Zigarette. »Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
    Die beiden schüttelten den Kopf.
    Carly saß einen Moment ganz still da und dachte angestrengt nach, konnte sich aber kaum konzentrieren. »Wollen Sie damit sagen, dass die Familie einen Auftragsmörder, oder wie immer man das nennt, angeheuert hat?«
    »Das ist durchaus möglich«, antwortete Bella Moy sanft.
    »Na schön. Was sind die anderen Möglichkeiten? Zufall? Aber das wäre schon ein verdammt großer Zufall, oder?«
    »100000 Dollar sind eine Menge Geld, Mrs Chase. Das zeigt, wie außer sich die Eltern sind.«
    »Sie wollen also sagen, dass mein Sohn und ich vielleicht von hier wegziehen müssen? Eine neue Identität annehmen? Dass Sie uns für den Rest unseres Lebens beschützen wollen? Wie soll das funktionieren?«
    Die beiden schauten einander an. Dann sagte DS Moy: »Ich glaube nicht, dass irgendeine Polizei der Welt diesen Schutz bieten kann. Aber wir können Ihnen dabei helfen, eine neue Identität aufzubauen.«
    »Aber das hier ist mein Zuhause. Das ist unser Leben. Unsere Freunde wohnen hier. Tyler hat schon seinen Vater verloren. Soll er jetzt auch noch alle seine Freunde verlieren? Verlangen Sie ernsthaft von mir, dass ich mich mit meinem Sohn ab heute Abend verstecke? Meinen Job kündige? Und selbst wenn wir in eine völlig andere Gegend ziehen? Wenn diese Leute es ernst meinen, finden sie uns trotzdem. Ich werde den Rest meines Lebens in Angst leben, wann immer es an die Tür klopft oder im Haus knistert oder ein Zweig im Garten knackt.«
    »Wir zwingen Sie nicht, Ihr Haus zu verlassen«, sagte Bella Moy. »Wir meinen nur, dass es die beste Option wäre.«
    »Falls Sie beschließen, hier zu bleiben, werden wir uns um Ihren Schutz kümmern«, erklärte Glenn Branson. »Wir stellen Überwachungskameras und Personenschutz zur Verfügung, aber das gilt nur für zwei Wochen.«
    »Zwei Wochen? Wieso? Ist es eine Frage des Geldes?«
    Branson hob die Hände. »Das sind unsere beiden besten Optionen.« Er holte ein Dokument aus dem Umschlag. »Das müssen Sie bitte durchlesen und unterschreiben.«
    Carly warf einen Blick darauf. Es gedruckt vor sich zu sehen, löste eine noch tiefere Angst in ihr aus.

70
    Anhang F – Sussex Police
    Mrs Carly Chase
    Benachrichtigung über eine Bedrohung der persönlichen Sicherheit
    37 Hove Park Avenue
    Hove
    BN3 6 LN
    East Sussex

    Sehr geehrte Mrs Chase,
    mir liegen Informationen vor, nach denen Ihre persönliche Sicherheit gefährdet ist.
    Obwohl die Sussex Police alle möglichen Schritte einleiten wird, um die Gefahr auf ein Minimum zu beschränken, kann die Polizei Sie nicht rund um die Uhr vor dieser Bedrohung schützen.
    Daher schlage ich vor, dass Sie eigene Maßnahmen ergreifen, um Ihre Sicherheit zu gewährleisten (z.B. Installation einer Alarmanlage, Veränderung der täglichen Gewohnheiten). Möglicherweise werden Sie auch beschließen, dass es angemessen wäre, für einen gewissen Zeitraum diese Gegend zu verlassen.