Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
gekommen, dass er sich auf einem ähnlichen Terrain bewegte, doch es passte nicht zusammen. Nein, hier ging es um die Vergeltung für den Tod von Tony Revere. Dass nun auch der Fahrer des Kühltransporters förmlich hingerichtet worden war, ließ wenig Raum für Zweifel.
Der Rechtsmediziner hatte geschätzt, dass Ferguson knapp zwei Stunden zuvor im Kühlhaus gestorben war. Weshalb war der Täter nicht zurückgegangen, um die Kamera zu holen, wenn er schon so lange gewartet hatte?
War ihm das Risiko zu groß gewesen? Oder hatte ihn jemand gestört? Vielleicht ein zufällig vorbeifahrender Streifenwagen? Oder wollte er eine Botschaft – ein Zeichen – hinterlassen? Eine zynische Nachricht an das nächste Opfer? Dir wird es genauso gehen, und Geld spielt keine Rolle …
Hatte der Mörder im Auto gesessen und zugeschaut, wie sich Ferguson zuckend und zitternd zwei Stunden lang zu Tode fror? Frazer Theobald hatte erklärt, die Haut sei teilweise verbrannt, und es befinde sich auch Rauch in den Lungen, aber nicht genug, um zum Erstickungstod zu führen. Der Haken durch Kiefer und Wange hatte furchtbare Schmerzen verursacht, bedeute aber keine Lebensgefahr. Der Kältetod musste grauenhaft gewesen sein.
Was hatte dieser Sadist wohl für Carly Chase geplant?
Das Team von Detective Investigator Lanigan befragte zurzeit die Familie Revere wie auch Fernanda Reveres Bruder, der nach der Verhaftung des Vaters die Rolle des Familienoberhauptes übernommen hatte. Der Ermittler war allerdings nicht sonderlich optimistisch.
Grace trank einen Schluck Wasser und schüttelte so behutsam wie möglich sein Kopfkissen auf.
Cleo schlief auch nicht gut, weil sie auf ärztlichen Rat hin auf der linken Seite mit einem Kissen unter dem Arm schlafen sollte und außerdem häufig zur Toilette musste. Jetzt aber schlief sie tief und fest. Er fragte sich, ob ein paar Minuten lesen helfen würden. Auf dem Boden neben dem Bett lag ihr Welpe Humphrey, eine Kreuzung aus Labrador und Border Collie, und schnarchte unruhig.
Vorsichtig schaltete er seine Leselampe ein, dimmte sie auf die dunkelste Stufe und warf einen Blick auf die Bücher auf seinem Nachttisch. Die Hälfte davon hatte ihm sein Kollege Nick Nicholas empfohlen.
Vatersein. Ich werde Papa. Das neue Baby-Buch. Die Geheimnisse des Babyflüsterers.
Er griff nach Vatersein und las dort weiter, wo er aufgehört hatte. Davon wurde er leider nicht ruhiger, sondern sorgte sich zunehmend wegen der Verantwortung, die das Vatersein mit sich brachte. Er musste so vieles bedenken. Und das noch zusätzlich zu seiner ganzen Arbeit.
Von dem Augenblick an, in dem Cleo ihm die Neuigkeit erzählt hatte, war er fest entschlossen gewesen, ein guter und engagierter Vater zu sein. Doch als er nun in diesen Büchern las, erschienen ihm Zeitaufwand und Verantwortung geradezu furchterregend. Natürlich wollte er Zeit für sein Kind haben und Verantwortung übernehmen, doch wie sollte das gehen?
Um halb sechs gab er es schließlich auf, schlüpfte aus dem Bett, ging ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Seine Augen fühlten sich an, als hätte er sie mit Schmirgelpapier bearbeitet. Er fragte sich, ob eine kurze Runde Laufen ihn auf Trab bringen würde, doch er war einfach zu müde. Er zog den Jogginganzug an und ging eine Runde um den Block, wobei er sich auf den kommenden Tag konzentrieren und gleichzeitig Humphrey ausführen konnte, der ihn unbedingt begleiten wollte. Dann trank er Kaffee, duschte, zog sich an und fuhr ins Büro.
Er traf um kurz vor sieben ein, trank einen Red Bull und rief einen Kollegen des Überwachungsteams an, das vor Carly Chases Haus Stellung bezogen hatte. Zu seiner Erleichterung war alles ruhig geblieben.
Jedenfalls bis jetzt.
72
»SIE SOLLTEN ALLE WISSEN, dass ich gar nicht gutgelaunt bin«, erklärte Roy Grace zu Beginn der Morgenbesprechung.
Alle waren schon über den Mord an dem Lkw-Fahrer informiert. Solche wichtigen Entwicklungen sprachen sich schnell herum.
Er trank einen Schluck Kaffee. »Punkt eins der Tagesordnung sind die Informationen, die jemand wiederholt an unseren Freund Kevin Spinella vom Argus weitergegeben hat.«
Er schaute in fünfunddreißig ernste Gesichter. Die furchtbare Entdeckung vom Vortag hatte selbst die hartgesottensten Kollegen erschüttert. »Ich verdächtige keinen von Ihnen, aber jemand muss ihm erzählt haben, dass die Hände von Preece ans Lenkrad geklebt waren. Entweder handelt es sich um ein Mitglied dieses Teams, der
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