Riley Das Mädchen im Licht
geeinigt, denn sie nickten Celia zu, die sich an mich wandte und sagte: »Im Hinblick auf deine ganze Lebensgeschichte und deine starke Bindung an die Erdebene werden wir dich zur Fängerin ausbilden. Hast du dazu irgendwelche Fragen?«
Wozu wollten sie mich ausbilden? Eine Frage, die unzählige weitere nach sich zog.
»Als Seelenfängerin«, erklärte Samson, schob sein silbernes Haar aus dem Gesicht und bohrte den Blick aus seinen violetten Augen direkt in meine. »Eine Fängerin von Seelen«, fügte er hinzu, als ob das mehr Sinn ergeben würde.
Ich wollte gerade die nächstliegende Frage stellen, als Auroras sanfte, beruhigende Stimme wieder erklang. Jedes Wort von ihr klang für mich wie der perfekte Text zu einem wunderschönen Song. »Riley, deine Situation ist nicht so einzigartig, wie du glaubst«, sagte sie. »Es gibt viele Seelen, die sich sträuben, wenn sie in das Hier gerufen werden. Viele von ihnen irren immer noch auf der Erdebene umher und weigern sich, über die Brücke zu gehen und weiterzumachen. Einige leisten schon seit Jahrhunderten Widerstand und ignorieren alle Versuche, sie in das Hier zu locken. Andere zögern nur eine kurze Zeit. Und während jeder individuellen Seele freier Wille zugebilligt wird, sind wir der Meinung, dass hin und wieder ein kleiner zusätzlicher … Schubs nötig ist, wenn man so will. Eine kleine Erinnerung daran, dass sie eine Wahl haben, bessere Möglichkeiten als die, für die sie sich entschieden haben. Und da kommst du ins Spiel.«
Mein Blick huschte zwischen ihnen hin und her. Ich platzte beinahe vor Fragen, aber mir schossen so viele durch den Kopf, dass ich keine Ahnung hatte, mit welcher ich beginnen sollte. Alles, was ich verstanden hatte, war, dass ich zurückgehen würde.
Zurück auf die Erdebene.
Auf die herrliche Erdebene!
Und ich konnte es kaum erwarten, dorthin aufzubrechen.
»Wir haben keine Zweifel daran, dass du eine sehr erfolgreiche Seelenfängerin für uns sein wirst, nachdem wir dich gründlich angeleitet und ordentlich geschult haben«, bemerkte Royce und schenkte mir ein Lächeln, das sich im Rampenlicht, auf einer Kinoleinwand und auf der Titelseite jedes Magazins gut gemacht hätte. Die anderen nickten zustimmend.
»Also, wann kann ich gehen?« Ich sprang auf die Füße und strotzte plötzlich vor Energie, die mir noch vor wenigen Minuten gefehlt hatte. »Wann bekomme ich mein altes Leben zurück?«, fragte ich. Ich stellte mir bereits vor, wie ich wieder in meinem alten Viertel wohnte und mich in meiner alten Schule einschrieb. Allerdings war ich mir nicht sicher, wie das alles im Einzelnen ablaufen würde. Ihr wisst schon – wie würden sie erklären, dass ich an einem Tag gestorben war und am nächsten wieder ziemlich lebendig herumlief. Dann verdrängte ich rasch die Gedanken daran. Schließlich war das ihr Problem, nicht meines.
Ich hatte eine Mission zu erfüllen.
Eine sehr aufregende Mission.
Aber meine Begeisterung sollte nicht lange anhalten, denn Aurora sah mich an, und ihr braun-rot-schwarzsilber-blondes Haar wogte in Wellen um sie herum, als sie sagte: »Du wirst nur in spiritueller Form zurückkehren. Unsichtbar für alle, außer für deine Mitgeister und diejenigen, die die Gabe besitzen, uns zu spüren.«
Meine Augenlider wurden schwer, ich ließ meine Schultern fallen und seufzte. Ernüchtert, enttäuscht, desillusioniert – und keines dieser Wörter beschreibt nur annähernd, wie ich mich fühlte. Aber trotzdem – ich durfte zurück. Daran änderte sich nichts. Wenn der große Rat es für angebracht hielt, mich auf die Reise zu schicken, sollte ich mich dann etwa dagegen wehren, ganz gleich, in welcher Form ich unterwegs sein würde?
Und was ich bisher von dieser Schule gesehen hatte – die Versammlung, das Gesinge und das Glühen und all das andere merkwürdige Zeug -, ließ mich zu der Überzeugung gelangen, dass ich sie nicht wirklich vermissen würde.
»Wann kann ich los?«, fragte ich und schämte mich sofort, als ich begriff, dass ich keinen Gedanken darauf verschwendet hatte, was ich meinen Eltern und Großeltern sagen sollte. Aber da waren die Worte schon über meine Lippen gekommen.
»Kein Grund, die Sache zu verzögern«, meinte Celia und warf einen Blick in die Runde. Alle nickten zustimmend.
»Je eher, umso besser«, stimmte Samson ihr zu.
»Am besten jetzt gleich«, fügte Royce hinzu.
Und obwohl ich begeistert war, musste ich doch noch eine Frage loswerden. »Aber was ist mit meiner
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