Riley Das Mädchen im Licht
zu lassen, die Macht über mich schwächen würde – deine Macht über mich.« Ich nickte und, obwohl ich versuchte, es zu unterdrücken, glitt ein triumphierendes Lächeln über mein Gesicht. Das schien ihn noch mehr zu verärgern. »Ganz abgesehen davon, dass ich bereits ebenso tot bin wie du und es somit nicht viel gibt, was du tun könntest, um mir wehzutun, oder?«, fügte ich hinzu.
»Oh, wir könnten einiges tun! Wir könnten …«, meldete sich der Blonde zu Wort, stürmte vorwärts und schüttelte seine kleine Faust in der Luft, bis der Erdbeerkopf seine Hand hob und ihn zurück an seinen Platz verwies.
»Wir gehen nicht von hier weg, falls das der Grund deines Besuchs sein sollte. Weißt du, vor dir haben schon viele versucht, uns zu vertreiben. Viele, das kannst du mir glauben. Aber wir sind immer noch hier. Und das bereits seit Hunderten von Jahren. Also, vielleicht wäre es besser, wenn du von hier verschwindest, denn wir haben nicht vor, hiermit aufzuhören. Und falls du weiter hartnäckig bleibst, dann wirst du feststellen, dass du nur deine Zeit verschwendet hast.«
»Vielleicht.« Ich zuckte die Schultern, zupfte an einem losen Faden an einem der blauen Kissen und tat so, als sei ich an alldem nur geringfügig interessiert und als stünde nicht einiges für mich auf dem Spiel. »Aber vielleicht auch nicht.« Ich hob den Blick und sah ihm in die Augen. »Ich meine, hast du dir jemals überlegt, dass möglicherweise ihr Jungs diejenigen seid, die hier ihre Zeit verschwenden? Im Ernst, denk mal darüber nach. Seit Hunderten von Jahren rennt ihr in euren altmodischen kurzen Hosen hier herum, nur um ein wenig Spaß dabei zu haben, Geisterjägertouristen zu Tode zu erschrecken.« Ich schüttelte den Kopf. »Hunderte Jahre die gleiche lahme Routine«, seufzte ich und sah jeden der Jungs gezielt an. Allein der Gedanke daran schien ermüdend und sinnlos. »Und wozu, wenn ich fragen darf? Was soll der Sinn und Zweck bei alldem sein? Und was genau habt ihr davon? Also im Ernst. Sehnt ihr euch nicht danach, mal Urlaub zu machen? Oder zumindest eine Woche lang eine Pause einzulegen?«
»Wir legen Pausen ein! Wir arbeiten in Schichten, das wirst du schon noch sehen!«, rief der andere Blondschopf.
Schichtarbeit oder nicht – sie kapierten es nicht. Überhaupt nicht. Ich hatte zwölf Jahre damit verbracht, meine ältere Schwester zu nerven – bis zu einem Punkt, an dem mein Verhalten absolut lächerlich war. Aber das war nichts im Vergleich zu dieser enormen Zeitverschwendung, für die diese Jungs sich in den vergangenen Jahrhunderten entschieden hatten. Das nenne ich vergeudete Zeit.
»Was ich damit sagen will …« Ich drückte das Kissen kurz an meine Brust, bevor ich es zur Seite schleuderte. Bevor ich fortfuhr, vergewisserte ich mich, dass ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. »Was ist der Lohn dafür? Im Ernst, warum macht ihr euch die Mühe mit den flammendroten Augen, den klaffenden schwarzen Mündern und dem ganzen anderen Zeug?« Ich deutete auf sie und zog eine unsichtbare Linie von ihren Lockenköpfen bis zu ihren makellos polierten Schuhen.
Dann meldete sich der andere zu Wort, der neben dem Erdbeerkopf stand. »Was der Lohn dafür ist?« Er starrte mich mit seinen blauen Augen an und warf dann einen Blick auf seine Freunde, die kicherten und sich zugrinsten. » Ruhm . Darum geht es. Weltweiter Ruhm ist der Lohn dafür.« Sie schüttelten die Köpfe, verdrehten die Augen und feixten, als wäre ich eine hochgradige Idiotin.
Ich blinzelte – ich war mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden hatte. Ich meine, das konnten sie doch nicht wirklich ernst meinen.
»Wir sind berühmt «, wiederholte er mit fester Stimme und sah mich entschlossen an. »Unser Name ist bekannt. Die Leute kommen aus der ganzen Welt hierher, in der Hoffnung, einen kurzen Blick auf uns zu erhaschen, eine Möglichkeit zu haben, uns zu photographieren, eine Aufnahme unserer Stimmen machen zu können, uns zu begegnen. Und das alles, um dann ihren Freunden zu Hause erzählen zu können, dass sie eine Nacht mit uns überlebt haben.« Er sah seine Kumpel an, die in Gelächter ausbrachen, und richtete dann seinen Blick wieder auf mich. »Das ist übrigens eine fette Lüge, denn es hat noch nie jemand geschafft, eine ganze Nacht in diesem Zimmer auszuharren. Niemand . Ohne Ausnahme.« Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Und nicht zu vergessen all die Bücher, Artikel und Fernsehshows über uns. Wir sind
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