Riley Das Mädchen im Licht
Augen in jedes Monster verwandelte, das man in den letzten dreißig Jahren in Filmen gesehen hatte.
Und dann kapierte ich es: Er kannte mich gar nicht!
Er hatte nicht mein tiefstes Inneres angezapft, wie ich gedacht hatte.
Er machte sich lediglich alle üblichen Ängste zu Nutze – die Ängste, die wir fast alle hatten.
Und dass ich hier nicht wegkam und zu Tode erschrocken an diesen Stuhl gefesselt war, lag daran, dass ich glaubte , er habe irgendeine Art Macht über mich.
Es lag an meiner Überzeugung, dass die durch die Luft fliegenden Möbel mich hätten verletzen können, dabei wären sie doch direkt durch mich hindurchgegangen.
Meine Gedanken waren schuld, dass ich glaubte, nichts gegen die Schlangen und gegen die Zahnarztinstrumente ausrichten zu können, dass sie mächtiger als ich waren und sich nicht bekämpfen ließen.
Aber das war gar nicht so.
Und bei ihm ebenso wenig.
Ganz und gar nicht.
Als ich das begriffen hatte, waren zwar die Schlangen und die Bohrer immer noch da, aber ich fühlte mich stärker – stark genug, um meine Ängste zu besiegen. Und als er seine Arme nach mir ausstreckte und seinen Kopf in den Nacken warf, zuckte ich nicht zurück.
Tatsächlich tat ich nicht viel.
Ich löste in aller Ruhe die Riemen und Gurte und sah, wie der Radiant Boy … wankte .
Er schwankte so stark, dass er komplett das Gleichgewicht verlor.
Er strauchelte – und teilte sich plötzlich in drei Personen!
Mir stand der Mund offen, als ich das beobachtete, und ein ungehörter Schrei steckte tief in meiner Kehle fest. Das Einzige, was noch Furcht erregender war als ein zorniger Radiant Boy, war ein halbes Sechserpack von wütenden Radiant Boys.
Aber nur, als sie sich kurz vor dem Fall zu einer Pyramide auftürmten. Nachdem sie das Gleichgewicht verloren hatten und auf den Boden stürzten, gab es keinen Zweifel mehr daran, dass ich jetzt die Oberhand hatte.
Ich rutschte von dem Stuhl herunter und beseitigte die Schlangen auf dem Fußboden, indem ich mir einfach nur wünschte , sie würden verschwinden. Dann schob ich meine Hüften vor, warf mein Haar über die Schulter, neigte den Kopf zur Seite und sagte: »Aha, ihr arbeitet also im Team.« Ich nickte und hielt einen Moment inne, um sie mir alle anzuschauen. »Tja, das erklärt wohl, warum es in all den Jahren niemand geschafft hat, euch davon zu überzeugen, endlich weiterzuziehen. Wahrscheinlich habt ihr die letzten Jahrhunderte damit verbracht, entweder in Schichten zu arbeiten oder alle Leute mit diesem schaurigen Pyramidenmanöver zu verschrecken. Kein sehr fairer Kampf, wenn ihr mal darüber nachdenkt, oder?«
Alle drei rappelten sich mühsam auf und versuchten, sich wie harte Typen zu geben, aber dafür war es zu spät. Zwei von ihnen beschlossen, sich zurückzuhalten, während einer als ihr Anführer nach vorne trat. Ich fragte mich, warum sie gerade ihn ausgesucht hatten, denn für mich sahen sie alle gleich aus. Doch als er näher kam – als alle näher kamen -, entdeckte ich, dass sie nicht identisch waren.
Als sie alle in einem Haufen zusammengesteckt und ihre Energie gebündelt hatten, hatten sie alle den gleichen strahlenden Glanz von sich gegeben. Jetzt, da sie voneinander getrennt als Individuen auftraten, sah man einige eindeutige Unterschiede. Einer war hochgewachsen, der andere eher kleiner und einer von mittlerer Größe. Zwei von ihnen hatten eine Haarfarbe, die man wohl am besten als platinblond bezeichnen konnte, während der dritte – derjenige, der zuerst nach vorne getreten war – einen rotblonden Schopf hatte. Und dieser Junge straffte die Schultern, warf sich in die Brust, reckte sein Kinn nach oben und sprach mich an.
»Ich befehle dir, zu gehen«, sagte er mit fester, kräftiger Stimme, die recht einschüchternd klang.
Und obwohl die Bilder von den Schlangen und dem verrückten Clown mit den Zahnarztinstrumenten noch frisch in meinem Gedächtnis waren, musste ich das jetzt überwinden und die Gedanken daran komplett verbannen. Wenn ich mit den Jungs weiterkommen und Fortschritte machen wollte, dann musste ich ihnen unbedingt zeigen, dass ich nicht mehr das verängstigte kleine Geistermädchen wie noch vor einem Moment war.
»Bitte sag mir, dass du das nicht ernst meinst«, entgegnete ich. Mir war klar, dass ich ihn damit wahrscheinlich noch wütender machte, aber das nahm ich in Kauf. Obwohl sie zu dritt waren, und ich allein, handelte es sich nur um ein paar Zehnjährige. Und das machte mich, so wie ich das
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