Riley Das Mädchen im Licht
Riley, warst du zu deinen Lebzeiten auch so? Hast du so mit deinen Eltern und den Lehrern in deiner Schule gesprochen?«
Ich verzog meinen Mund, stemmte die Hände in die Hüften und dachte darüber nach. Lange und gründlich. »Manchmal schon. Na und?«, erwiderte ich schließlich.
Er wandte sich ab, zog seine Kleidung zurecht und steckte sein Hemd wieder in die Hose. »Tatsache ist, dass du dich eingemischt hast.« Er starrte aus dem kleinen, viereckigen Fenster. »Und deswegen weiß ich jetzt nicht, ob ich für ihre Brückenüberquerung den Pluspunkt bekomme, den ich so dringend brauche.« Er rieb sich über den Nasenrücken und hielt kurz inne, um seine Gedanken zu sammeln. Dann brach es aus ihm hervor. »Du hast keine Ahnung, was du angestellt hast. Du hast keinen blassen Schimmer, wie das alles abläuft. Du stürzt dich einfach hinein, glaubst, viel mehr zu wissen, als tatsächlich der Fall ist, und weigerst dich, meine Anweisungen zu beachten.« Er schob eine nasse Haarsträhne aus seinem Gesicht und hinter sein Ohr. »Wahrscheinlich sollte ich dir das nicht sagen, denn dann wirst du mir noch weniger Respekt entgegenbringen. Die weinende Frau war meine letzte Chance. Mein letzter Versuch, mich zu rehabilitieren und voranzukommen. Aber da du dich eingemischt hast, obwohl ich dir befohlen habe, dich nicht vom Fleck zu rühren, werde ich wahrscheinlich heruntergestuft, und das auch nur, wenn ich Glück habe …«
»Aber ich habe mich nicht eingemischt«, protestierte ich und fuhr mit den Armen durch die Luft, verzweifelt bemüht, ihn davon zu überzeugen. »Das versuche ich dir doch schon die ganze Zeit zu sagen. Du scheinst es einfach nicht zu kapieren. Ich war dort, ja, aber das wissen wir beide. Ich habe auch die ganze Sache beobachtet. Aber das war’s. Ich habe nur versucht, dich mit dieser Hoffnung zu umgeben. Ich habe gehofft, dass du deine innere Stärke erkennen würdest. Ich habe gehofft, dass du die Sache durchstehst, dass du deine Mission, sie an einen besseren Ort zu bringen, erledigen kannst. Das ist alles! Ich schwöre es. Also sag mir, o du mächtiger Führer, seit wann gilt Hoffnung als etwas Schlechtes? Seit wann wird eine Person wegen Hoffnung degradiert? Ich meine, jetzt mal im Ernst, das ist doch Mist! Wenn es im Hier und Jetzt so läuft, wenn sie dort wirklich eine Art Kampagne gegen die Hoffnung laufen haben, dann lehne ich dankend ab. Ich werde so schnell nicht wieder zurückkehren, egal, wie viele gerissene Seelenfänger sie mir auf den Hals hetzen werden. Und Buttercup werde ich auch nicht zurückgehen lassen. Da bleibe ich lieber hier und übernehme mit ihm die Rolle der neuen Geister in Warmington Castle. Ich muss mir nur einen coolen Geistertrick einfallen lassen, den es bisher noch nicht gibt, und …« Ich seufzte. Allmählich ging mir die Puste aus, also schüttelte ich den Kopf und sah Bodhi in die Augen.
»Du schwörst, dass du dich nicht eingemischt hast?«, fragte er. Offensichtlich lag ihm viel daran, mir glauben zu können.
»Ja!« Ich schrie beinahe, damit er mir endlich zuhörte. »Das schwöre ich auf mein eigenes Grab.«
»Schon, aber schwörst du auch auf deinen Lieblingssong von Kelly Clarkson?« Er neigte den Kopf zur Seite und musterte mich aufmerksam.
Ich riss erstaunt den Mund auf und fragte mich, woher er wusste, dass mein iPod voll mit ihren Songs war. Dann begriff ich es. Er hatte das Filmmaterial über mich gesehen. Es war Teil seiner Vorbereitung, bevor er die Verantwortung für mich übernommen hatte. Er war gezwungen gewesen, sich meine ganze lahme Lebensgeschichte anzuschauen, die unglücklicherweise den Titel hatte: Das (kurze, erbärmliche, vollkommen vergeudete) Leben von Riley. Alles von A bis Z, was Sie jemals über sie wissen wollten.
»Keine Sorge, es war nicht die Version von A bis Z«, meinte er. »Nur die Highlights – die Trailerfassung. Viel wichtiger ist, ob du tatsächlich glaubst, dass ich das alles allein gemacht habe? Dass ich allein ihren Kummer geschluckt und sie zur Brücke geführt habe?«
»Ja.« Ich nickte, und zum ersten Mal, seit ich ihn kennen gelernt hatte, sah ich ihn lächeln. Seine Miene hellte sich auf, und das veränderte ihn auf eine erstaunliche Weise. »Wie ich schon sagte, habe ich dir lediglich Hoffnung angeboten, sonst nichts. Und sie können doch wohl niemanden für Hoffnung bestrafen, oder?«
Er lächelte immer noch und sah mich an. »Nein, das können sie sicher nicht.« Er führte mich und Buttercup aus
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