Riley - Im Schein der Finsternis -
viel zu früh sein Leben verlor.
Es war abscheulich.
Die wahre Bedeutung des Wortes grauenhaft .
Und ich konnte einfach nicht begreifen, dass jemand an etwas so Grausamem Spaß haben konnte.
Dennoch war es ein abstoßendes Stück Zeitgeschichte, das sich hier vor meinen Augen abspielte. Ich war dankbar, als Prinz Kanta nach einigen Minuten so mitfühlend war und die Szene aus meiner Sicht entfernte.
Und obwohl ich nicht länger dazu gezwungen war, mir das anzuschauen, blieben die Bilder haften und wollten mir nicht aus dem Kopf gehen. Sie erregten Übelkeit in mir und machten mich traurig und unglaublich wütend, wenn ich daran dachte, dass niemand versucht hatte, dem Einhalt zu gebieten.
Ich wollte gerade diese Gedanken äußern und dem Prinzen sagen, wie sehr mir das alles leidtat, als eine neue Szene auftauchte.
Eine, in der die Rollen vertauscht waren.
Die Unterdrückten erhoben sich, schlossen sich zusammen und bezwangen systematisch ihre Unterdrücker.
Eine Revolte war im Gang – Sklaven gegen ihre Herren.
Und hätte in meiner Brust noch ein Herz geschlagen, dann wäre es in diesem Augenblick sicher vor Freude gehüpft. Ich war mir sicher, dass ich gleich einige Beispiele für die dringend nötige Gerechtigkeit sehen würde.
Der Erste, der dran glauben musste, war der sadistische Plantagenbesitzer. Und ich würde lügen, wenn ich nicht zugäbe, dass ich eine Hand zur Siegerfaust ballte und sie begeistert in die Luft streckte.
Aber meine Freude dauerte nicht lange an, denn Prinz Kanta legte seine Hand auf meine und schob sie langsam zurück nach unten. Dann deutete er schweigend mit einer Kopfbewegung auf die Szene, die als nächste erschien.
Sie handelte von der Tochter des Herrn – und sie folgte ihrem Dad direkt danach.
Ein Mädchen, das meiner Schätzung nach etwa so alt war wie ich.
Ein Mädchen mit braunen Locken, ausdrucksvollen haselnussbraunen Augen, einer langen, aparten Nase, einem übertrieben verzierten Kleid mit einer großen gelben Schleife, die um die Mitte gebunden war, und einem kleinen schwarzen Hund an ihrer Seite.
Ein Mädchen, das ich sofort als Rebecca erkannte.
ELF
A ls ich meine Augen öffnete, starrte ich direkt auf Prinz Kantas schwielige, nackte Füße. Meine Wange war fest gegen die geflochtene Grasmatte gedrückt, und mein Körper lag auf der Seite.
Ich begriff, dass ich, obwohl ich alle diese Dinge gesehen hatte, tatsächlich nirgendwo hingegangen war.
Ich hatte mich nicht von diesem Strand wegbewegt, nicht einmal einen Fuß vor diese Hütte gesetzt.
Der Tee hatte diese Reise bewirkt.
Ich rappelte mich auf, und während ich Prinz Kanta ansah, überschlugen sich in meinem Kopf eine Menge widersprüchliche Gefühle.
Ich war sprachlos.
Vollkommen baff und fassungslos.
Ein Zustand, in dem ich mich selten befinde.
Zu Prinz Kantas Verteidigung muss ich sagen, dass er nicht versuchte, mich zu drängen. Tatsächlich schien er absolut damit zufrieden zu sein, auf seinem Kissen zu sitzen. Er hatte seine Beine verkreuzt, die Füße auf die Knie gelegt und beobachtete gelassen das unaufhörliche Kommen und Gehen der Wellen. Und gab mir die Zeit, die ich wahrscheinlich brauchte, um einen Sinn in all den schrecklichen Dingen zu erkennen, die ich gerade gesehen hatte.
»Rebecca spukt also auf der Erdebene, weil sie ermordet wurde?«, mutmaßte ich vorsichtig. Ich hatte das Gefühl, irgendwo anfangen zu müssen, und das war ein Punkt so gut wie jeder andere. »Und wenn das stimmt, ist das auch der Grund, warum du hier herumgeisterst? «
Er wandte sich mir zu und betrachtete mich mit dem ihm eigenen endlos langen Blick. So lange, dass ich ein wenig nervös wurde und mich unbehaglich fühlte. »Nicht direkt«, erwiderte er schließlich.
Ich wartete darauf, dass er das irgendwie näher erläuterte. Als er keine Anstalten dazu machte, beschloss ich, mit voller Kraft vorzupreschen. »Ich schätze, dann habe ich es wohl nicht ganz verstanden. Ich meine, warum ist sie hier? Was soll diese Seifenblase und … und alles andere?« Ich zuckte zusammen, als meine Stimme sich plötzlich überschlug. Mir war klar, dass ich damit das volle Ausmaß meiner Verzweiflung zeigte. Ich wollte so gern irgendeinen Sinn dahinter sehen.
Bei meinem ersten Auftrag als Seelenfängerin hatte ich nicht lange gebraucht, um zu begreifen, dass es mir half, die Motive eines Geistes zu verstehen, die Gründe zu kennen, warum er sich an die Erdebene klammerte, wenn ich mich mit ihm
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