Riley Jenson 01 - Die Mondjägerin
du doch angeblich auf meinen Mitbewohner wartest?« Er starrte mich einen Augenblick an, seine dunklen Augen wirkten jetzt abweisend. »Weil ich nicht sicher war, ob du wirklich die bist, die du zu sein vorgibst.« »Wie kommst du darauf?« »Ich bin angegriffen worden, Rhoan ist verschwunden, und als ich zu seiner Wohnung komme, hat er auf einmal eine Mitbewohnerin, von der ich absolut nichts weiß.« »Das ist nicht weiter überraschend, wenn man bedenkt, dass du dich gestern nicht gerade an viel erinnern konntest.« »Stimmt.« Er zögerte. »Aber selbst als meine Erinnerung zurückgekommen ist, konnte ich mich nicht entsinnen, dass er mir von einer Mitbewohnerin erzählt hätte.« »Wieso sollte er dir das überhaupt erzählen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir sind schon seit einiger Zeit befreundet. Ich finde es sehr merkwürdig, dass er dich nie erwähnt hat.« »Nun, er hat dich ebenfalls mit keinem Wort erwähnt. Von daher beruht das Misstrauen absolut auf Gegenseitigkeit.« Ich lockerte die Schultern und knotete die Reste meiner Bluse zusammen, damit meine Brüste wenigstens notdürftig bedeckt waren. Noch einen Bußgeldbescheid wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses konnte ich nicht gebrauchen. »Erklär mir, wieso wir hier sind.« »Ich wusste nicht, wo ich dich sonst hinbringen sollte. Vielleicht erinnerst du dich, dass ich ein Vampir bin und meine Möglichkeiten eingeschränkt sind.« »Ein Krankenhaus ist ein öffentlicher Raum.«
Er hob eine Braue. »Ich dachte, Wölfe würden Krankenhäuser wenn irgend möglich meiden.« »Stimmt, aber es gibt Dutzende anderer Orte, zu denen du mich hättest bringen können.« Wie das Café auf der anderen Straßenseite, wo es Kaffee mit Haselnussgeschmack und Toast mit dicken Steaks gab. Ich hätte gerade beides gut vertragen können. Danach noch ein bisschen Schokolade und vielleicht etwas Sex.
Ich ließ meinen Blick über seinen Körper gleiten und blieb an seinen schlanken muskulösen Beinen hängen. Okay, viel Sex, vorzugsweise mit diesen Beinen, fest um meine geschlungen … Ich versuchte meine randalierenden Hormone in den Griff zu bekommen. Das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für solche Gedanken.
»Ein Café ist zu öffentlich.« Seine Augen funkelten amüsiert. Vermutlich ahnte er meine Gedanken, auch wenn er sie nicht lesen konnte. »Hier konnte ich zumindest dafür sorgen, dass uns niemand stört oder so nah kommt, dass er sieht, was mit dir los ist. Überall anders hätte ich Aufsehen erregt.«
Damit niemand hereinkam, hatte er den alten Trick mit der Gedankensperre angewandt. »Dieser Ort ist normalerweise ziemlich voll, selbst am Sonntag. Du musst über eine ziemlich starke Gedankenkontrolle verfügen.« Sogar stärker als Gautier, was eine etwas gruselige Vorstellung war. Er überlegte einen Moment, dann sagte er: »Und trotzdem konnte ich, bis auf den einen Moment, als du so starke Schmerzen hattest, nicht in dein Bewusstsein eindringen. Dazu brauchst du auch eine Menge Kraft.« »Ich arbeite mit Vampiren zusammen. Glaub mir, ich muss wissen, wie ich euch Kerle blockieren kann.« Ich zögerte. »Wenn du mir gefolgt bist, wieso zum Teufel hast du nicht versucht, diesen verrückten Kerl aufzuhalten?«
»Weil ich nicht wusste, was er vorhatte, bis er die Waffe zückte. Entgegen der allgemein verbreiteten Überzeugung sind Vampire nicht schneller als eine Pistolenkugel.« Ich grinste schwach. »Dann konntest du also auch seine Gedanken nicht lesen?« Er hob eine Hand. Ein dünner Draht baumelte an seiner Fingerspitze. »Er hatte sich damit geschützt, so dass man nicht in seinen Verstand eindringen konnte.«
Dieser Draht war die neueste Erfindung der Nanotechnologie. Man konnte sich damit vor der Gedankenkontrolle schützen. Ich verstand nicht, wie das Ding genau funktionierte, ich wusste nur, dass beide Enden miteinander verbunden werden mussten und er durch die Körperwärme aktiviert wurde. Man konnte ihn noch nicht offiziell erwerben, und die Abteilung kämpfte darum, dass das auch so blieb. Sie gelangten mit derlei Psychotricks an den Großteil ihrer Informationen. Wenn dieser Werwolf einen solchen Nanodraht besessen hatte, verfügte er entweder über gute Verbindungen zur Regierung oder zu kriminellen Kreisen, denn nur über diese beiden Kanäle war die Technik derzeit überhaupt zu bekommen.
»Es muss dich ziemlich genervt haben, dass du ihn nicht durchschauen konntest.« »Ein bisschen.« Seiner Miene nach zu urteilen, mehr
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