Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
bestimmt bereits darüber informiert, dass ich den Club verlassen hatte. Jack zu verärgern, war keine gute Idee und das würde ich, wenn ich nicht sofort meinen Bericht ablieferte. Das Essen musste warten.
Ich ignorierte das anhaltende Knurren und durchwühlte meine Tasche, bis ich das Telefon fand, das Jack mir gegeben hatte. Es klingelte dreimal, bevor jemand abhob. »Bin in fünf Minuten da«, sagte eine warme volle Stimme. Ich blinzelte überrascht. »Kade? Wieso bist du am Telefon?« »Jack und Rhoan sprechen immer noch mit Ross James. Ich soll mich um dich kümmern.« »Und Quinn?« »Ist bis jetzt noch nicht aufgetaucht. Bis gleich.«
Ich brummte und legte auf. Gegen die Plexiglaswand einer Telefonkabine gelehnt beobachtete ich den aufkommenden Verkehr, der durch die Lygon Street kroch. Einige waren unterwegs in Richtung Innenstadt, andere zu den vielen Gewerbegebieten, die sich um Melbourne herum ausbreiteten. Obwohl es noch nicht einmal sechs Uhr war, würde die schleichende Verkehrsschlange in einer halben Stunde zum Stillstand gekommen sein. Deshalb fuhr ich lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, selbst als ich noch ein Auto gehabt hatte. So konnte ich eineinhalb Stunden länger schlafen.
Ein gelbes Taxi hielt am Straßenrand. Ich blickte hinein, sah, dass es Kade war und nahm auf der Rückbank Platz. »Du siehst müde aus«, sagte er und fädelte sich wie ein professioneller Taxifahrer entschieden in den Verkehr ein. »Das bin ich auch.« Ich hielt inne und schnupperte, meine Geschmacksknospen nahmen auf einmal einen köstlichen Geruch wahr. »Rieche ich da etwa Kaffee?« Er sah mir über den Rückspiegel in die Augen und lächelte mich herzlich an. »Ich dachte, du könntest einen brauchen, nachdem du die ganze Nacht gearbeitet hast.«
Er griff auf den Beifahrersitz und reichte mir nicht nur einen riesigen Becher Kaffee, sondern auch noch einen Burger. Wenn er nicht gefahren wäre, hätte ich ihn umarmt. Nicht nur, weil er genau wusste, was ich in diesem Moment brauchte, sondern auch weil er überhaupt kein Aufhebens um das machte, was ich getan hatte. Er akzeptierte es einfach. Oder kümmerte sich nicht darum. Egal wie – es war schön.
Ich klappte den Deckel des Kaffeebechers hoch. Der intensive Geruch von Haselnuss stieg mir in die Nase, ich atmete ihn tief ein und lächelte. Vielleicht sollte ich einfach die Männer vergessen und mich nur an Kaffee halten. Der wenigstens machte mich einfach nur glücklich.
»Danke«, sagte ich zu Kade und trank einen Schluck. Und bemerkte, wie er mich im Rückspiegel anlächelte. »Du weißt hoffentlich, dass ich es aus niederen Beweggründen getan habe.« »Ich dachte, du hättest aus reiner Gutherzigkeit gehandelt.« »Okay, das natürlich ebenfalls.« Ich grinste. »Um mich jetzt ins Bett zu kriegen, brauchst du ein bisschen mehr als nur einen Kaffee.« »Wie wäre es mit einem Aromaölbad?« »Kommt auf den Duft an.« »Ach? Gibt es da Unterschiede?« »Ja. Für gewisse Düfte gibt es mehr Zeit im Bett als für andere.« »Wie wäre es mit einer Mischung aus Lavendel und Ylang-Ylang?« »Schön. Die sollte ein paar Stunden wert sein.« »Abgemacht.«
Kade fuhr eine scharfe Linkskurve, so dass der Kaffee beinahe über den Rand geschwappt wäre. »Bein nächsten Mal warn mich bitte vor«, maulte ich. »Wenn du meinen Kaffee verschüttest, bist du den Platz in meinem Bett ganz schnell wieder los.« Ich zögerte und sah mich um. War das eine Abkürzung? Ansonsten fuhren wir jetzt nicht zu den Genoveve Labors und zu Jack.
»Wohin fahren wir?« »Wir nehmen ein Bad.« Ich hob erstaunt die Brauen. »Will Jack nicht, dass wir ihm so schnell wie möglich Bericht erstatten?« »Jack ist beschäftigt«, erwiderte er und blickte starr geradeaus, während er das Taxi um die parkenden Wagen herum durch den Verkehr lenkte wie ein Mann mit einer Mission. »Eine Regel darfst du bei diesem Spiel nie vergessen.« »Wovon sprichst du?« »Von der Arbeit als Ermittler.« Sein Blick zuckte kurz zu mir. »Du darfst dich nie für sie aufreiben. Sie nehmen und nehmen, bis du nicht mehr kannst, dann lassen sie dich fallen und holen sich jemand Neues.«
»Ich bin kein Ermittler und kein Wächter.« »Vielleicht nicht offiziell.« Mit grimmiger Miene wich er einem parkenden Wagen aus. »Das macht es nur noch schlimmer. Überleg doch mal. Vor zehn Tagen lagst du noch im Koma und warst so schwer verletzt, dass alle in diesem Labor dachten, du würdest nicht
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