Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
meinen Augen bildete sich ein stechender Schmerz, und mein Kopf begann zu pochen. Ich brauchte unbedingt etwas Schlaf. Doch noch dringender musste ich Ordnung in mein Leben bringen.
Mein Blick glitt zu einem schwach beleuchteten Schiff, das durch die Bucht auf den Ozean hinausfuhr. Ich fühlte mich wie dieses Schiff. Ich fuhr durch die Dunkelheit und begab mich in unsichere Gewässer. Doch im Gegensatz zu mir hatte das Schiff ein klares Ziel.
»Riley?« Ich seufzte, dann sagte ich: »Lass uns irgendwohin fahren, wo ich den Laptop sicher benutzen kann. Ich muss ein paar Dinge überprüfen.« Ich spürte, wie sein Blick mich streifte. »Was zum Beispiel?« Es reizte mich, etwas in der Art von »Das geht dich überhaupt nichts an« zu sagen, aber das wäre unfreundlich, und das hatte er nicht verdient. »Zum Beispiel, wer eigentlich Kade ist.«
»Ihr habt also gevögelt …« Er hielt abrupt inne. »Ja.« Einerseits ärgerte ich mich, dass er sich schon wieder über dasselbe aufregte, andererseits amüsierte es mich, dass er den Satz mittendrin abgebrochen hatte. Ein kleiner Fortschritt war besser als nichts. »Ich habe mit ihm gebumst, ohne ihn erst zu überprüfen. Erzähl mir jetzt ja nicht, dass du jede Frau erst überprüfst, bevor du mit ihr ins Bett steigst.«
»Nein.« Er zögerte. »Ich entschuldige mich.« »Oh, das war aber schwer.« Er warf mir seinen undurchdringlichen Vampirblick zu und sagte nur: »Und womit hat er dein Misstrauen erregt?« »Damit, dass er immer noch hier ist und uns hilft.« »Dann ist es offenbar weniger Misstrauen als Neugierde.« Er blickte mich an. »Du weißt doch, wie gefährlich Neugierde sein kann.«
»Ja, aber das hält mich überhaupt nicht ab.« »Dich kann sowieso nichts aufhalten.« Da ich nicht genau wusste, wie er das gemeint hatte, sagte ich nur: »Wo werden wir den Wagen los?« »Hier?« Ich blickte mich in den finsteren, dreckigen Straßen um, und schlagartig fielen mir ein Dutzend netterer Stellen ein. Vermutlich war es genau deshalb der perfekte Ort. »Gut.«
Er bog in eine Seitenstraße ab und hielt im Schatten eines alten Eukalyptusbaumes an. Ich nahm meine Tasche und stieg aus. Der Wind hatte abgekühlt und wehte mir ziemlich kräftig um die nackten Beine. Ich bekam eine Gänsehaut. In den Geruch des Meeres mischte sich jetzt der intensive Gestank von altem Müll, Urin und ungewaschenen Menschen. Die umliegenden Häuser waren ebenso dunkel und schäbig wie die Straße selbst, doch aus dem ersten Gebäude waren Sexgeräusche zu hören. Offensichtlich wurden diese Schuppen nicht nur von den Säufern bewohnt, deren Geruch ich deutlich witterte.
Ich sah über das Autodach zu Quinn. »Kennst du dich hier aus?« »Überhaupt nicht.« Er verschwand in der Dunkelheit, und ich schaltete auf Infrarotsicht. Der verschwommene rote Fleck, der durch seine Körperwärme entstand, bewegte sich um den hinteren Teil des Wagens herum. »Hier entlang.« Sein Atem strich warm an meinem Ohr vorbei, als er mir die Tasche abnahm.
Ich blickte zu dem Haus, sah die roten Flecken des Paars, das sich dort liebte, und wünschte mir einen Moment, dass ich mich auch um nichts anderes kümmern müsste als um meine Befriedigung. Ich wandte den Blick ab und folgte Quinn. Schnell liefen wir durch das Labyrinth aus Straßen und bewegten uns von der Stadt weg anstatt auf sie zu, was etwaige Verfolger vielleicht eher erwartet hätten. Als er schließlich stehen blieb, waren wir in einer kleinen Einkaufsstraße angelangt. Ich betrachtete sehnsüchtig ein Bettengeschäft, doch natürlich blieb er nicht davor stehen, sondern vor dem heruntergekommenen Laden an der Ecke.
»Kein Alarm«, stellte er fest, bevor ich fragen konnte. »Die obere Etage steht leer.« Ich hatte noch nicht einmal mehr die Kraft, nach oben zu sehen. »Ich dachte, du würdest aufhören, meine Gedanken zu lesen?« »Nein. Ich habe gesagt, wenn du nicht willst, dass ich deine Gedanken lese, musst du auf sie aufpassen.« Er brach die Tür auf und winkte mich herein. »Nach dir.«
Der Staubschicht und dem abgestandenen Geruch nach zu urteilen, war der Laden schon längere Zeit nicht mehr geöffnet worden. Auf einem Tisch stand ein Stuhl. Ich ging durch einige Spinnweben hindurch und stieg die Treppe hinauf. Die obere Etage war nicht groß, aber es gab ein Bett. Und obwohl es roch, als wäre es älter als Methusalem, war es immer noch besser, als auf dem verrotteten Fußboden zu schlafen.
»Du nimmst das Bett«, sagte Quinn vom
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