Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
nicht länger. »Erklär mir, wieso ich mich darauf einlassen sollte, wie wild mit dir zu vögeln.« »Weil du ein Kind willst.« »Abgesehen davon. Du weißt genauso gut wie ich, dass ich nur auf die Tanzfläche gehen müsste und innerhalb kürzester Zeit ein halbes Dutzend Werwölfe bereit wäre, sich den Chip herauszureißen, um mir ein Kind zu schenken.« Es gab allerdings nur einen Werwolf, der mich interessierte.
Misha nickte. »Nur wenige Werwölfe würden sich die Chance entgehen lassen, einen Sohn zu zeugen, ohne dadurch gebunden zu werden.« »Wieso sollte ich mich also für dich entscheiden?« Er ließ sich auf der anderen Seite des Beckens ins Wasser gleiten und legte die Arme auf den Rand. Die Hitze des Wassers rötete seine blasse Haut. Sein Blick war weiterhin kühl und berechnend. »Weil du Antworten willst.«
»Du hast noch nicht bewiesen, dass du sie mir geben kannst.« »Nein, aber das werde ich.« »Und was hast du davon?« Er hob eine Braue. »Einen Sohn oder eine Tochter, der oder die meinen Namen trägt.« Der Unterton in seiner Stimme weckte mein Misstrauen. »Wieso ist das auf einmal so wichtig?« »Weil ich sterben werde.«
Ich blinzelte und war nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. »Was?« »Ich sterbe.« Er zuckte mit den Schultern, als hätte er sich damit bereits vor langer Zeit abgefunden. »Ich möchte dieser Welt etwas von mir hinterlassen.«
Er sagte die Wahrheit. Zumindest in diesem einen Augenblick. »Stirbst du, weil du ein Klon bist?« Er lächelte. »Du weißt mehr als ich dachte.« »Talon ist jetzt schon einige Zeit bei uns.« »Ach, ja.« Er verengte die eiskalten Augen zu Schlitzen und blähte die Nasenflügel. Noch ein Werwolf auf der Jagd, doch ich wusste nicht genau, wonach. »Talon ist im selben Reagenzglas gezeugt worden wie ich. Mit uns zusammen wurden noch drei weitere produziert. Talon und ich sind die Einzigen, die noch am Leben sind.«
»Warum?« »Weil genau die Chemikalien, denen wir unser Leben zu verdanken haben, es uns jetzt wegnehmen.« Er schnitt eine Grimasse. »Ich habe begonnen, doppelt so schnell zu altern. Noch sieht man es mir nicht an, aber bald. Wenn mein Verfall wie bei meinen Laborbrüdern verläuft, bin ich in fünf Jahren tot.«
»Und Talon?« »Wird zweifellos sehr bald das gleiche Schicksal erleiden.
Ich fragte mich, ob Jack oder die Jungs vom Labor davon wussten. »Wann sind die anderen drei gestorben?« »Zwei haben es noch nicht einmal bis in die Pubertät geschafft, der dritte ist mit sechzehn gestorben.« Ich nippte an meinem Bier und fragte: »Warum?« Er zögerte. »Was weißt du über das Klonen?« »Man entfernt aus einem gespendeten Ei die DNS und ersetzt sie durch den Kern einer anderen gespendeten Zelle. Dann setzt man die Entwicklung der Eizelle durch einen Stromstoß in Gang.«
Er verzog das Gesicht. »Primitiv ausgedrückt, aber einigermaßen korrekt. Selbst heute ist der Prozess längst nicht perfekt. Es treten immer wieder Schwierigkeiten auf. Wir sind problemlos erwachsen geworden, kämpfen nun aber mit einem Selbstzerstörungsmechanismus, der irgendwie mit der Methode zusammenhängt, durch die Zelle und Ei miteinander verschmolzen und der DNS-Strang getauscht wird.« Er trank einen Schluck. »Zwei der drei, die gestorben sind, litten an einer Erbkrankheit, und einer ist mit einem extrem schwachen Immunsystem zur Welt gekommen.«
Nach allem, was ich über das Klonen gelesen hatte, war es ein ziemlicher Erfolg, wenn es zwei von fünfen ins Erwachsenenalter geschafft hatten. »Trotz der Schwierigkeiten scheinen sie gut überlebt zu haben. Zumindest die ersten Jahre.«
Er nickte. »Wir sind in der Medizin so weit, dass wir sie viel länger am Leben erhalten können als früher. Es hat jedoch noch niemand herausgefunden, welcher Strang den Selbstzerstörungsmechanismus auslöst, wenn der Klon ein gewisses Alter erreicht hat. Wir wissen genauso wenig, wieso manche Klone vierzig werden, so wie ich, und andere noch nicht einmal ihren zehnten Geburtstag erleben.«
»Es erstaunt mich, dass Talon nie versucht hat, das herauszufinden. Schließlich hatte er ein berechtigtes Interesse an der Antwort.« »Talon war deutlich unvorsichtiger als sein Erzeuger. Das hat sich an seinem Umgang mit dem Klonen gezeigt. Er meint, dass er zu Höherem bestimmt ist und ihm unser Schicksal erspart bleibt.« Ich schnaubte. »Wie alle irren Möchtegern-Diktatoren hat er seine wohlverdiente Strafe bekommen.« »Im Labor der Abteilung.
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