Riley Jenson 03 - Der Gefähfrte der Wölfin
tot, als ihr euch überhaupt vorstellen könnt.«
Ich spähte den Flur hinunter und sah, dass der Wächter wieder auf dem Weg zu uns war. Er wirkte noch unzufriedener als beim letzten Mal. Ich beugte mich nach vorn und griff nach meinem Handtuch, der Seife und dem Taschentuch. »Nun, wenn die Damen erlauben, ich muss mich noch fertig duschen.« Ich warf das Handtuch über meine Schulter und ging zurück zu der Duschkabine, die Nerida ursprünglich benutzt hatte. Von dort hatte man über den Spiegel den gesamten Raum im Blick. Ich musste mich zwar waschen, aber ich war nicht so dumm, den beiden den Rücken zuzuwenden.
Der Wächter stolzierte herein, als ich unter die Dusche trat. »Was zum Teufel ist hier los?« »Nur eine kleine Auseinandersetzung«, murmelte Berna. »Nichts Ernstes.« »Doch. Schließlich verplempere ich mit diesem Kram sinnlos meine Zeit. Ihr zwei geht jetzt zurück auf euer Zimmer. Und du da in der Dusche beeilst dich.«
Obwohl mir das heiße Wasser guttat und half, den Geruch von Tod loszuwerden, wollte ich nicht zu lange bleiben. Das würde den Wächter mehr als es sinnvoll war verstimmen und womöglich seine Vorgesetzten auf unsere kleine Reiberei aufmerksam machen. Also wusch ich mich, trocknete mich schnell ab und ging gespielt kleinlaut ins Bett.
»Ich will nichts mehr hören«, knurrte der Wächter von der Tür aus, nachdem ich mich hingelegt hatte. »Oder ich werde euch alle melden.«
Ich verkniff mir die Bemerkung, dass wir keine Kleinkinder waren. Besser jedoch das, als wenn er den wahren Grund für die Auseinandersetzung erfuhr. Ich wartete, bis er weg war, dann griff ich unter mein nasses Handtuch und zog das Taschentuch hervor. »Das hast du vorhin verloren«, sagte ich und warf Nerida das Stück Stoff zu. »Pass künftig besser darauf auf.« »Oh, das werde ich. Da kannst du sicher sein.«
Was wohl bedeutete, dass sie das nächste Mal aufpassen würde, keine verräterischen Spuren zu hinterlassen. Ich holte einmal tief Luft und faltete dann die Hände auf meinem Bauch. Nach einer Weile atmete Nerida langsamer und Berna deutlich geräuschvoller. Offenbar schliefen sie ein. Vieleicht taten sie aber auch nur so. Nach Bernas Drohung würde ich mir hier jedenfalls keinen Schlaf gönnen. Ich schlug die Decke zurück und verließ den Raum. Am anderen Ende des Hauses brannte Licht, und ich vernahm von dort Maschinenlärm und Stimmen. Offensichtlich hatte Starr angeordnet, auf der Stele mit den Reparaturarbeiten zu beginnen.
Ich ging in die entgegengesetzte Richtung und entfernte mich, soweit ich konnte, von den Geräuschen und Gerüchen. Aber selbst tief im Wald, wo das Mondlicht nicht durch die dicken Zweige drang, waren die Toten bei mir. Und verlangten nach Rache.
11
Ich schreckte aus dem Schlaf hoch und hatte das Gefühl, nicht allein zu sein. Als ich mich abrupt umdrehte, sah ich Quinn. Er saß mit verschränkten Armen am Stamm einer alten Kiefer, hatte die Beine von sich gestreckt und musterte mich mit nachdenklicher Miene. Obwohl die Sonne noch nicht so hoch am Himmel stand, dass sie im Wald für Schatten sorgte, wirkte er wie ein Schatten.
Ich rieb mir die Augen und richtete mich auf. »Wie spät ist es?« Er sah auf seine Uhr. »Kurz nach sieben.« Kein Wunder, dass ich mich beschissen fühlte. Ich hatte nur fünf Stunden geschlafen, und das war nach den verrückten Tagen, die hinter mir lagen, einfach nicht genug. »Wieso hast Tagen, die hinter mir lagen, einfach nicht genug. »Wieso hast du mich geweckt?« »Das habe ich nicht. Ich habe dich nur beobachtet.« Irgendetwas hatte mich geweckt, aber ich beließ es dabei und hob fragend eine Braue. »Ich bin nicht sehr interessant, wenn ich schlafe.« »Kann sein, aber wenigstens bist du ruhig. Ich habe festgestellt, dass das bei dir eher selten vorkommt.«
Ich ergriff einen Stock und warf damit nach ihm. Quinn lächelte, und das Lächeln verlieh seinen dunklen Augen für einen kurzen Moment eine warme Ausstrahlung. Ich seufzte innerlich. »Hast du irgendetwas Interessantes entdeckt, während du Moss gefolgt bist?« »Nur dass Merle und er sich nicht grün sind. Und du?« Ich zuckte mit den Schultern und erzählte ihm von Neridas verrücktem Vorhaben. »Du hast sie also gewarnt?« »Ja.« Ich zögerte und fügte dann hinzu: »Aber es gibt noch ein anderes Problem.« »Und das wäre?« »Die Toten verlangen nach Rache.« Ich schwieg. Aus Angst, wie eine Idiotin zu klingen. Aber wenn es überhaupt jemanden gab, der mir
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