Riley Jenson 03 - Der Gefähfrte der Wölfin
dieser Vampir auch ärgerte, er war immer noch da, immer noch an meiner Seite. Ich hatte ihm zwar sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er verschwinden sollte, wenn er mich nicht akzeptierte, wie ich war. Aber eigentlich wollte ich überhaupt nicht, dass er ging. Weil er recht hatte. Es war etwas Besonderes zwischen uns, und wir sollten uns mehr Zeit geben. Solange wir eine offene Beziehung führten, war ich gern dazu bereit. Vieleicht erkannte er langsam die Vorteile einer solchen Übereinkunft.
Bislang wussten wir nicht viel voneinander – sofern es nichts mit Sex zu tun hatte. Es konnte sich genauso gut herausstellen, dass wir außerhalb des Schlafzimmers überhaupt nicht zueinander passten. Talon hätte ich ganz sicher nicht regelmäßig treffen wollen, aber im Bett hatten wir eine gute Zeit. Okay, er hatte sich als kranker Psychopath entpuppt. Vieleicht war Quinn das ja auch. Wer wusste das schon? Das würde die Zeit zeigen, und davon hatten wir bislang zu wenig gehabt.
Ich blickte nach vorn und sah, dass wir uns in der Nähe der Lichtung befanden, an der Moss sich in Luft aufgelöst hatte. Ich blieb im Schatten einiger Eukalyptusbäume stehen und machte eine weit ausladende Geste. »Hier ist es irgendwo passiert.« Quinn ließ den Blick prüfend über das Gelände gleiten, dann sah er mich wieder an. »Sei vorsichtig.« »Du auch.« Ich schwieg und fühlte mich auf einmal unsicher. Ich wusste nicht, wieso. »Wir sehen uns heute Nacht.«
Er nickte. Aber als ich mich umdrehte, um zurückzugehen, ließ er seine Finger meinen Arm hinuntergleiten und hielt mich am Handgelenk fest. »Pass auf, dass du deine Schutzschilde ganz geschlossen hältst«, sagte er leise. »Vergiss nicht, was Misha über Starr gesagt hat. Wenn ich deine Gedanken lesen kann, kann Starr es wahrscheinlich auch. In seiner Gegenwart darfst du dir nicht den kleinsten Fehler erlauben. Ansonsten ist das Spiel aus, und wir sind alle in Gefahr.«
Himmel, glaubte er, das wüsste ich nicht? Damit machte er mich nur noch nervöser. Er ließ meine Hand los und strich mit seinen Fingern auf eine beinahe sinnliche Weise über meine. Ich drehte mich endgültig um und ging. Aber ich spürte seinen Blick als brennenden Punkt auf meinem Rücken, von wo aus sich heiße Wellen auf meiner Haut ausbreiteten. Dieser Vampir begehrte mich, und seine Lust war genauso stark und genauso anziehend wie bei einem Werwolf. Aber er war kein Werwolf, weshalb ich eigentlich nicht fühlen durfte, was ich gerade empfand. Es sei denn, ich hatte mich irgendwie noch mehr auf ihn eingestellt. Ich unterdrückte den Impuls, zurückzulaufen und ihn zu fragen, was zum Teufel hier vor sich ging. Ich hatte Training und musste zum Brunch, und das hatte jetzt Vorrang vor irgendwelchen sich entwickelnden metaphysischen und sexuellen Bindungen.
Das Training für Starr war viel leichter als das mit meinem Bruder. Die meisten Frauen waren Gestaltwandlerinnen unterschiedlicher Art und verfügten über Kraft und Schnelligkeit. Der Großteil beherrschte keine Kampftechniken, aber das war egal, denn wir sollten ringen und zwar im Schlamm. Kenntnisse waren dafür nicht erforderlich. Man brauchte einen guten Gleichgewichtssinn und Intuition. Die Trainer stellten uns nach Größe und Gewicht zusammen, so dass ich zumindest in den ersten Runden Berna und Nerida entkam, die mir quer durch die gesamte Arena finstere Blicke zuwarfen. Wir trainierten zwei Stunden lang, und es machte tatsächlich Spaß. Wenn ich anstatt mit Frauen mit Männern trainiert hätte, wäre es sogar erotisch gewesen. Ich habe noch nie mit Matsch herumgespielt. Schlammverschmierte Haut fühlt sich überaus sinnlich an, um es vorsichtig auszudrücken. Ich beschloss, das bei Gelegenheit mit einem passenden Partner auszuprobieren, kämpfte weiter und befolgte die Anweisungen. Danach wurden wir zu den Duschen begleitet.
Die anderen Frauen wurden anschließend zum Frühstück gebracht, während ich von der Truppe getrennt und zu dem privaten Aufzug geführt wurde.
Auf dem Weg hatte ich reichlich Zeit festzustellen, dass der mich begleitende Sicherheitsbeamte nichts von regelmäßigem Duschen hielt. Um mich von dem durchdringenden Gestank nach verschwitztem, fauligem Menschen abzulenken, senkte ich ein wenig meine Schutzschilde und versuchte seine Gedanken zu lesen. Sie schwirrten wild umher. In der einen Minute dachte er an die Nacht mit einer Prostituierten, in der nächsten fragte er sich, was seine Vorgesetzten wohl mit dem
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