Ring aus Feuer
wieder neue Vorwürfe in der Hinterhand.
„Ja, und er ist ein ausgesprochen hübscher Kerl. Stimmt es nicht, Adoni? Ja, das bist du.“ Sie widmete sich wieder dem Kind in ihrem Arm und war sich dessen bewusst, dass es kein Wort Englisch verstehen konnte. Er fing gerade erst an, einige einfache griechische Wörter zu brabbeln. Zumindest hatte seine stolze Großmutter das behauptet.
„Hast du etwas dagegen?“, fragte sie Stavros und überlegte, warum er gerade eben so schlecht gelaunt ausgesehen hatte.
„Ob ich etwas dagegen habe, dass du während meiner Abwesenheit mit einem anderen kuschelst?“, neckte er sie.
Sie hob die Schultern. Stavros wusste, dass sie kein Snob war und ein ganz eigenes, persönliches Verhältnis zu seinen Angestellten aufgebaut hatte. Aber es musste doch einen Grund dafür geben, dass er sie so auffallend ernst angestarrt hatte.
„Ich meine, ob es in Ordnung ist, wenn ich mit Melinas Enkel spiele. Mir ist bewusst, dass in manchen Häusern eine klare Grenze zwischen Personal und … Gästen gezogen wird.“
Ich muss mich wohl als Gast bezeichnen, dachte sie betrübt. Wie sonst nannte man eine Ehefrau, die nicht mehr als eine unverbindliche Geliebte war?
Überrascht hob er die Augenbrauen. „Hast du hier etwas Derartiges bemerkt?“
„Nein, habe ich nicht.“
„So sollte es sein. Diese Menschen gehören alle zu meinem Leben. Und sie stammen alle von dieser Insel“, erklärte er weiter. „Ich habe mir zur Angewohnheit gemacht, nur Einheimische einzustellen, soweit das möglich ist. Auf diese Weise unterstütze ich die Wirtschaft in dieser Region. Und obendrein sind diese Menschen, was man als das Salz der Erde bezeichnet.“
Und eben diese Menschen um ihn herum wussten das offenbar auch sehr zu schätzen. Tessa hatte viel Lob gehört. Er hatte Melina als Haushälterin eingestellt, kurz nachdem sie verwitwet war und nicht wusste, wie sie ihre Kinder im Teenageralter durchbringen sollte. Und er gewährte Leuten in dieser Gegend Kleinkredite für ihre Geschäfte und für Stipendien, wenn jemand auf dem Festland studieren wollte.
Ursprünglich hatte Tessa Stavros für einen schwerreichen Mann gehalten, der nicht besonders viel mit seinem Geld anzufangen wusste. Es erfüllte sie mit Stolz, dass er viele Menschen aus seiner direkten Umgebung so sinnvoll unterstützte.
Adoni fing an zu zappeln und wollte offensichtlich nicht länger auf dem Arm gehalten werden.
„Ich bringe ihn besser zurück zu seiner Großmutter“, sagte Tessa und schenkte Stavros einen betörenden, vielsagenden Blick.
Ein wissendes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als sie an ihm vorbei in den Flur eilte. „Bleib nicht zu lange, glikia mou!“, rief er ihr nach. „Ich habe gewisse Pläne für heute Abend.“
Es bestand kein Zweifel daran, auf was er anspielte. Und Tessa war nur allzu bereit, seiner Idee zu folgen. Wenn es um Stavros ging, verließ sie ihre Willensstärke.
Er sah ihr nach, als sie in den Garten hinausging, wo Melina Kräuter für das Abendessen sammelte. Bei jedem Schritt schwang Tessas Hüfte aufreizend von einer Seite zur anderen, und ihre langen Haare hingen tief ihren Rücken hinunter.
Was sollte Stavros bloß mit ihr machen? Der Sex zwischen ihnen war großartig, aber viel wichtiger war: Er genoss Tessas Anwesenheit in seinem Haus. Seine Arbeit plante er so, dass er viel Zeit mit ihr verbringen konnte. Und das war ausgesprochen untypisch für ihn.
Bisher war er in erster Linie in seiner Arbeit aufgegangen, und jetzt schienen die Geschäfte seinem privaten Glück beinahe im Wege zu stehen. Das ergab doch alles keinen Sinn!
Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare und suchte nach Auswegen aus dieser Verwirrung. Und dann traf es ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
Seine Nackenhaare stellten sich auf, als er seinen Gedanken fortführte. Ungewöhnlich, unerwartet und absolut untypisch für ihn.
Aber perfekt.
Er ging zum Fenster und beobachtete, wie Tessa mit Melina sprach. Die ganze Zeit überprüfte er seinen Einfall im Geiste, betrachtete ihn aus unterschiedlichen Perspektiven und fügte lose Enden zusammen.
Sein Vater war einsam und sehnte sich nach Gesellschaft. Stavros selbst wollte eine Familie haben, zum Teil auch wegen seines alten Herrn, damit dieser noch die nächste Generation Denakis heranwachsen sah.
Aber darüber hinaus war Stavros klar geworden, dass er selbst mehr vom Leben erwartete, als den schnell vergänglichen Triumph aus erfolgreichen
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