Ring aus Feuer
einzuführen. Allerdings wurde ihm aus den zahlreichen Kommentaren bald deutlich, dass er Tessa gar nicht mehr vorstellen musste. Die Hälfte aller örtlichen Matronen hatte in letzter Zeit Ausreden gefunden, seiner Haushälterin einen Besuch abzustatten. Bei dieser Gelegenheit hatten alle genug über seine Ehefrau erfahren.
Und allen gefiel diese neue, unbekannte Australierin an seiner Seite.
Kein Wunder. Tessa würde sich überall gut zurechtfinden. Sei es bei einer Schulfeier oder bei einem kleinen Abendessen mit seinen Freunden, das er für die nächste Woche geplant hatte. Aber vor allem passte sie hervorragend in sein Leben. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie schien es praktisch selbst in die Hand genommen zu haben. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an sie.
Aber heute hatte sie besonders blass und abgeschlagen gewirkt – vermutlich die Ausläufer ihrer starken Kopfschmerzen vom Vorabend. Als die letzte Rede gesprochen war, wartete Stavros nur kurz, bevor er sich von allen verabschiedete. Ihm entgingen die verwunderten Blicke und das Gemurmel nicht. Die Menschen auf der Insel hatten sowohl die spektakulär abgesagte Verlobung als auch die Neuigkeiten über seine unerwartete Ehe mit einem Schulterzucken hingenommen. Hinter den Kulissen allerdings brodelte die Gerüchteküche, daran gab es nicht den geringsten Zweifel.
Die Leute gingen davon aus, dass er so schnell wie möglich wieder bei seiner attraktiven jungen Frau sein wollte. Und das gefiel ihnen.
Auf dem Weg zu seinem Auto unterdrückte er ein Lächeln. Es stimmte ja. Er hatte sich noch nie so sehr darauf gefreut, nach Hause zu kommen. Erst seit Tessa dort auf ihn wartete.
Doch sein Hochgefühl schwand, als er hinten in seiner Limousine saß und den Blick sah, mit dem Petros ihn begrüßte. Stavros lief es eiskalt den Rücken hinunter.
„Was ist los?“, fragte er angespannt.
„Es geht um kyria Denakis. Sie wissen, dass Ihre Frau heute Morgen Ihren Vater besuchen wollte?“
Er zuckte verwundert die Achseln. „Sie besucht ihn oft.“ Und wenn sie unterwegs war, bedeutete das, ihr ging es wieder etwas besser.
„Dimitri berichtete mir, sie hätte ihr Gepäck mitgenommen. Ihren Rucksack. Und sie hat ihm gesagt, er solle nicht auf ihre Rückkehr warten.“
Bitte? Ungläubig richtete sich Stavros in seinem Sitz auf und atmete langsam aus.
„Bist du ganz sicher?“ Dumme Frage. Petros war sich immer sicher.
„Ja, kyrie. Absolut sicher. Dimitri hat mich extra persönlich informiert.“
Das Blut pochte laut in Stavros’ Ohren.
„Ruf im Haus meines Vaters an!“, ordnete er an und verschränkte die Arme vor der Brust. Was hatte Tessa nur vor? Und wozu brauchte sie ihr Gepäck?
Vier Stunden später durchsuchte Stavros das Schlafzimmer mit der leisen Hoffnung, irgendeinen Hinweis auf Tessas Flucht zu finden. Anders konnte man es auch nicht nennen: Flucht. Sie hatte alles zurückgelassen, bis auf die paar alten Kleider, die ihr selbst gehörten. Sogar der Denakis-Smaragd war noch da, obwohl sie ihn am Vorabend so bezaubernd gefunden hatte.
Stavros’ Magen zog sich zusammen, als er an das romantische Abendessen zurückdachte. Einen Moment hatte sie vor Glück gestrahlt, dann war sie vor Schmerzen buchstäblich zusammengesackt. War sie vielleicht ernsthaft krank? Dieser Gedanke war schrecklich. Schließlich hatte sie sonst niemanden, der für sie sorgen und sich um sie kümmern konnte.
Er nahm das Etui mit dem Erbstück seiner Familie fest in beide Hände, so als könnte es ihm irgendwie Tessas Aufenthaltsort verraten. Warum war sie bloß verschwunden? Warum jetzt, nachdem alles zwischen ihnen so perfekt war?
Sto diavolo! Das Telefonat mit seinem Vater war auch nicht hilfreich gewesen. Vassilis Denakis hatte ihm nur gesagt, dass seine Schwiegertochter jedes Recht dazu besaß, frei herumzureisen. Und dann hatte er seinem Sohn noch die Leviten gelesen, weil Stavros Tessa ihren Reisepass vorenthielt.
Als hätte Stavros einen versteckten Pass nötig, um sie an seiner Seite zu halten, nachdem doch ein solches Feuer zwischen ihnen brannte! Tessa war freiwillig bei ihm geblieben, das wusste er genau.
Er ging zum Fenster und sah hinaus. Ihm war klar, dass er Tessa nicht dort unten in seinem Garten erblicken würde, aber eigentlich gehörte sie genau da hin. In seinen Ohren dröhnten die harten Worte des Vaters.
„ Sie hat dich verlassen. Sie ist zurück nach Australien.“
Der alte Mann besaß nicht einmal den Anstand, sich dafür zu
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