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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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unglaublich! Wo bin ich denn hier? In einem Kasperletheater?«
    Der Bühnenmeister hob beschwichtigend die Hände. »Ei, Herr Rave, jetzt reschese sisch doch net gleisch widder so uff. Mer versuche ja, alles so schnell wie möschlisch flott zu mache. Aber hexe könne mer halt noch net.«
    »Es muß doch irgendeinen Weg geben, diesen Vorhang manuell zu öffnen«, krachte Alexander Ravens Stimme aus den Lautsprechern. »Damit wir wenigstens diese Probe durchführen können.«
    Der Bühnenmeister schüttelte kategorisch den Kopf. »Manuell nachreschele läßt sisch mit dere neue Teschnik gar nix mehr. Isch hab dem Hans damals beim Wiederuffbau ja gleisch gesecht, daß des e Schnapsidee is, mit dem ganze Hei-Teck-Ferlefanz. Aberuff misch hat ja kaner horsche wolle.« Er kratzte sich mit zwei Fingern im Nacken. Das schneller werdende Zucken seiner Augenbrauen kündete davon, daß sein Bastlerinstinkt erwachte.
    »Die einzische Möschlischkeit, die isch momendan seh, is, daß merversuche, den Vorhang irschendwie mit Seilen in den Schnürbode enuffzupacke«, schlug er vor. »Weil uff der Rückseit — von dem Vorhang — da sin ja so Schlaufe. Damit ließe sisch irschendwas konstruiere. Zugehe tut er dann freilisch nimmer. Wann Ihne für heut reische tät, wann er uff is, könnte mer des versuche. «
     
    Knappe zwei Stunden später kehrte das Ensemble auf die Bühne und in den Zuschauerraum zurück. Fleißige Bühnenarbeiter hatten mit Hilfe von langen Hakenstangen und Tauen die vierhundert Quadratmeter Vorhang weitestgehend weggeschnürt. Lediglich auf der rechten Seite wehte ein ungebändigtes Stück des roten Samts in die Bühne hinein. Die dicken Stoffwülste, die sich an den Portalrändern entlangwanden, sahen aus, als ob eine Armee Liliputaner über sie hergefallen wäre.
    Cora saß allein in der vorletzten Reihe und betrachtete das Bild, das sich ihrem Auge darbot. Der abgeschmackte Spruch vom entzaubernden Blick hinter die Kulissen fiel ihr ein. Zur falschen Zeit genügte der Blick in die Kulissen. Sie fühlte sich wie an dem Weihnachtsvorabend, an dem sie als Kind heimlich ihrer Mutter beim Geschenke-Verpacken zugesehen hatte.
    Die Schaukeln für die Rheintöchter senkten sich aus dem Schnürboden herab. Mit verdrehten Hälsen einhellig johlend, verfolgten die Orchestermusiker, wie drei Bühnenarbeiter die gehbehinderten Nixen aus der Gasse trugen und auf ihre Stängchen hievten. Zwei der Damen winkten mit den Flossen. In dem flutenden
Arbeitslicht verströmten sie die Erotik von Schaumstoffpuppen. Langsam fuhren die Schaukeln mit ihnen nach oben.
    Die Dramaturgin schloß die Augen. Abermals wurde es still im Saal, und abermals kroch das Kontra-Es aus dem Graben. Cora bemühte sich, Bellinis elegisch gedehnter Ouvertüre etwas abzulauschen. Spurlos rauschte der opake Klang an ihr vorbei. Von den Abgründen, die sich unter Haffners Händen hier einstmals aufgetan hatten, hörte sie nichts.
    Alexander Ravens Stimme gab die Bühne frei. Cora öffnete die Augen.
    Das richtig ausgeleuchtete Anfangsbild traf sie mit unerwarteter Wucht. In weiten Bögen schwangen Woglinde, Wellgunde und Floßhilde unter der stählernen Erdkuppel. Ihre Schwänze schillerten in dem schwachen, wassergrünen Licht. Die hautengen, am Busen aufgepolsterten Oberteile erzeugten die Illusion vollendeter Frauentorsi. Die hüftlangen Silberperükken umflossen sie wie kaltes Feuer.
    Die Dramaturgin ertappte sich dabei, wie sie an die vordere Kante des Sitzes rutschte. Die alte Liebe zuckte in ihrem Magen. Sie starrte auf die Bühne, wie sie vor Jahren zum letzten Mal auf eine Bühne gestarrt hatte.
    Je leichtschwänziger die Nixen durchs Wasser schwebten, desto beklemmender drückte der Stahldeckel auf sie herab. Je sinnlicher sie sich gebärdeten, desto abstrakter erschienen sie. Die quicken Silberfischlein geronnen zu Bleifiguren. Die Sex-Ikonen erstarrten zum verzweifelten Erotikzitat.
    Auf einmal wußte Cora wieder, warum diese Inszenierung so sein mußte, wie sie war. Warum es falsch
war, den Ring der Lächerlichkeit überführen zu wollen. Er war nicht lächerlich. Er war unerträglich.
    Unter ihrer glänzenden Oberfläche verriet die Szene alles über Wagners Krankheit. Nicht erst, wenn er in der Götterdämmerung Brünnhilde auf den Scheiterhaufen schickte, brannte er sein vom Fleische befreites Liebesideal. Die erotische Endlösung schimmerte bereits hier, auf dem Grunde der Wasserspielchen.
    Die Dramaturgin warf einen knappen Blick zum

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