Ringwelt 04: Brennans Legende
sie fast stillstehen und wieder zurück in Richtung Sonne stürzen. Er ist zehn oder zwanzig Mal größer als das Sonnensystem, und er liegt mit dem größten Teil des Sonnensystems in einer Ebene. Die meisten Bestandteile eines Kometenschweifs enthalten doch Wasserstoff, oder? Also hat Brennan dort kein Treibstoffproblem. Er könnte sich überall in diesem Gebiet aufhalten. Heute hier, morgen dort. Wo sollen wir nach ihm suchen?«
Sie blickte ihn aus schmalen Augen an. »Geben Sie etwa auf?«
»Ich bin jedenfalls versucht. Nicht, daß er zu groß für mich wäre. Im Gegenteil. Er ist zu klein. Sein Versteck ist verdammt noch mal zu groß.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte sie. »Persephone.«
Persephone. Wie zur Hölle hatte er vergessen können, daß es noch einen zehnten Planeten gab? Trotzdem … »Persephone ist doch ein Gasriese, oder nicht?«
»Ich weiß es nicht genau, aber ich nehme an, Sie haben recht. Sie wurde nur durch ihre Masse entdeckt, ihren Einfluß auf die Bahnen der Kometen. Ihre Atmosphäre ist wahrscheinlich gefroren.
Brennan könnte mit seinem Antrieb ein Loch in die gefrorenen Schichten brennen und dann landen.« Sie beugte sich über den Tisch zu ihm vor. Ihre dunkelbraunen Augen funkelten ihn an. »Roy, irgendwo muß er Metalle gefunden haben. Er hat eine Art Gravitationsgenerator konstruiert, oder nicht? Und er hat sicherlich einige Experimente durchführen müssen, bevor der Apparat zuverlässig funktionierte. Das erfordert Metall. Jede Menge Metall.«
»Vielleicht aus einem Kometenkopf?«
»Das glaube ich nicht.«
Truesdale schüttelte den Kopf. »Er kann es unmöglich auf Persephone abgebaut haben. Ein Planet von dieser Größe muß einfach ein Gasriese sein – mit einem geschmolzenen Kern. Er heizt sich selbst auf, und das bedeutet, daß er eine gasförmige Atmosphäre besitzt. Brennan konnte unmöglich dort landen. Der Druck … er muß so hoch sein wie auf der Jupiteroberfläche.«
»Dann vielleicht ein Mond! Vielleicht besitzt Persephone einen Mond!«
»Warum zur Hölle nicht? Warum sollte nicht jeder x-beliebige Gasriese ein paar Dutzend Monde besitzen?«
»Er verbrachte zwei Monate dort draußen, bis er sicher war, überleben zu können. Er muß Persephone lokalisiert und mit seinen Teleskopen studiert haben. Als er sich überzeugt hatte, daß es Monde gab, stieß er die Antriebssektion ab. Sonst wäre er wahrscheinlich ins Sonnensystem zurückgekehrt und hätte sich gestellt.«
»Das klingt logisch. Wahrscheinlich hat er auch Lebensbaum angebaut … aber das heißt nicht, daß er noch immer dort ist.«
»Er hat mit Sicherheit Spuren hinterlassen. Wir reden jetzt von einem Mond. Es hinterläßt Spuren, wenn man mit einem Fusionsantrieb landet, es hinterläßt noch deutlichere Spuren, wo man nach Mineralien gräbt, und es gibt mit Sicherheit verlassene Gebäude und Wärme. Er kann vielleicht einen Teil der Spuren beseitigen, aber nicht die Wärme, jedenfalls nicht auf einem kleinen Mond so weit hinter der Umlaufbahn von Pluto. Die Wärme ist in die Umgebung entwichen, hat supraleitende Effekte unterbrochen und einen Teil des Eises verdunsten lassen.«
»Und damit hätten wir einen Beweis«, sagte Truesdale. »Holografische Aufnahmen. Im ungünstigsten Fall hätten wir Holos von den Spuren, die er auf Persephones Mond hinterlassen hat. Damit wäre unsere Theorie kein unausgebrütetes Ei mehr.«
»Und im besten Fall?« Sie grinste. »Im besten Fall würden wir dem Monster von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.«
»Worauf warten wir dann noch?«
»Auf nichts, Roy.«
Alice hob ihr Glas. Sie stießen vorsichtig mit den mundgeblasenen Brandyschwenkern an und tranken.
Die Furcht zu fallen ließ ihn halb erwachen, und das vertraute Gefühl eines Katers bewirkte den Rest. Er setzte sich in einem Bett auf, das aussah wie eine rosafarbene Wolke: Alices Bett. Sie waren am vergangenen Abend hergekommen, vielleicht um ihren Handel zu besiegeln und zu feiern, vielleicht auch nur, weil sie einander mochten.
Keine Kopfschmerzen. Guter Brandy verursacht einen Kater, aber keine Kopfschmerzen.
Es war eine der besseren Nächte gewesen.
Alice war nicht da. Zur Arbeit gegangen? Nein, er hörte sie in der Küche hantieren. Barfuß tappte er hinterher. Sie stand nackt am Herd und buk Pfannkuchen. »Haben wir das alles wirklich ernst gemeint?« fragte er sie.
»Jetzt kriegst du einen Eindruck von der Belterküche«, sagte sie statt einer Antwort. Sie
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