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Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Titel: Ringwelt 08: Der kälteste Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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auch das Morden aufgehört hat. Nun, das ist ein Irrtum. Der letzte Mord geschah irgendwann im zweiundzwanzigsten Jahrhundert. Das ist noch keine hundertsechzig Jahre her. Wer behauptet, die menschliche Natur ließe sich nicht ändern, hat den Verstand verloren. Außerdem müßte er zuerst einmal definieren, was die menschliche Natur überhaupt ist, und das kann er nicht. Drei Dinge sind verantwortlich für unsere gegenwärtige friedliche Zivilisation, und jedes davon war eine technologische Veränderung.« Sues Stimme hatte einen spröden, nüchternen Tonfall angenommen, als halte sie eine Vorlesung. Wie die Stimme auf einem Lernband. »Eines war die Entwicklung der Psychik über das Alchimistenstadium hinaus. Das zweite war die volle Entwicklung der Nahrungsmittelproduktion. Und das dritte waren die Gesetze zur Geburtenkontrolle und die jährlichen Spritzen zur Empfängnisverhütung. Dadurch hatten wir zum ersten Mal Raum zum Atmen. Vielleicht hatten auch die Minen im Asteroidengürtel und die stellaren Kolonien etwas damit zu tun; durch sie hatten wir einen Feind, der nicht lebendig war. Obwohl die Historiker sich in dieser Sache nicht einig sind.
    Und jetzt komme ich auf das Heikle an dieser Entwicklung zu sprechen.« Sue klopfte gegen das Fenster. »Sieh dir dieses Raumschiff an. Es ist unglaublich schnell und wendig, und es besitzt genügend Treibstoffvorräte, um auf unsere Geschwindigkeit von null Komma acht c zu beschleunigen. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Und trotzdem hat es noch immer genügend Reserven zum Manövrieren. Es ist ein besseres Schiff als die Angel’s Pencil. Und wenn die Fremden Zeit hatten zu lernen, wie man ein derartiges Schiff baut, dann hatten sie auch die Zeit, ihre eigene Form der Psychik zu entwickeln, ihre eigenen Formen der modernen Nahrungsmittelproduktion und Geburtenkontrolle und ökonomischen Theorien, kurz: alles, was nötig war, um den Krieg aus ihrer Zivilisation zu verbannen. Richtig?«
    Steve mußte wegen ihrer Ernsthaftigkeit lächeln. »Richtig. Sicher, es ergibt einen Sinn, Sue. Trotzdem. Dieser Bursche in der Bar damals – er stammte aus unserer eigenen Kultur, und er war verdammt gewalttätig. Und wenn wir schon nicht verstehen, wie so ein Mensch denkt, wie können wir dann Rückschlüsse auf das Verhalten von Wesen ziehen, deren chemische Bestandteile wir bis jetzt noch nicht einmal ahnen?«
    »Sie sind intelligent. Sie benutzen Werkzeuge.«
    »Richtig.«
    »Und wenn Jim dich so reden hört, kommst du in die Psychik und wirst behandelt.«
    »Das ist bis jetzt das beste Argument, das du mir geliefert hast«, grinste Steve. Er streckte zwei Finger aus und streichelte sie am Hals. Er spürte, wie sie sich plötzlich versteifte, und erkannte den Schmerz in ihrem Gesicht, und im gleichen Augenblick durchflutete auch ihn eine Woge von Schmerz. Ein gewaltiger Kopfschmerz, pochend wie ein Tiger, der in einem engen Käfig auf und ab geht. Als drohe sein Gehirn anzuschwellen und aus dem engen Schädel zu treten.
     
    »Ich habe sie, Sir«, sagte der Telepath undeutlich. »Fragen Sie mich, was Sie wissen wollen.«
    Der Kommandant beeilte sich. Er wußte, daß der Telepath diese Anstrengung nicht lange durchhalten konnte. »Womit treiben sie ihr Schiff an?«
    »Ein Photonenantrieb, der seine Energie aus unvollständiger Wasserstoffusion bezieht. Sie sammeln den Wasserstoff mit einer elektromagnetischen Schaufel aus dem interstellaren Raum auf.«
    »Sehr schlau … Können sie uns entfliehen?«
    »Nein. Ihr Antrieb befindet sich im Leerlauf. Sie können ihn jederzeit einschalten, aber er wird ihnen nichts nutzen. Er ist erbärmlich schwach.«
    »Welche Art von Waffen haben sie?«
    Der Telepath schwieg lange Zeit. Die anderen warteten geduldig auf eine Antwort. Die weite Kuppel der Brücke war von Geräuschen erfüllt, doch es war die Art von Geräuschen, die man zu überhören lernte: das leise Wimmern von Hochspannung, das unterdrückte Schnurren von Stimmen aus den darunter liegenden Stationen und das merkwürdige Geräusch von reißendem Tuch, das die Gravitationsplaner ununterbrochen erzeugten.
    »Überhaupt keine, Sir«, sagte der Telepath. Seine Stimme wurde deutlicher, als die hypnotische Relaxation von zuckenden Muskeln durchbrochen wurde. Er wand sich wie in einem Albtraum. »Sie haben keinerlei Waffen an Bord ihres Schiffes. Nicht einmal Messer oder Keulen. Doch, warten Sie: die Fremden besitzen Kochmesser. Aber sie benutzen sie tatsächlich nur zum Kochen und zum Essen.

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