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Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Titel: Ringwelt 08: Der kälteste Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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und er spürte, wie die Gravitation ihn gegen seine Pritsche drückte. Jedenfalls fühlte es sich an wie seine Pritsche. Er schlug die Augen auf.
    Jim Davis durchquerte die Kabine und beugte sich über ihn. »Bist du wach?«
    Steve setzte sich mit einem Ruck kerzengerade auf.
    Er hatte die Augen weit aufgerissen.
    »Ganz ruhig.« Die grauen Augen des Schiffsarztes blickten ihn besorgt an.
    Steve blinzelte. »Was ist passiert?« fragte er und bemerkte, daß seine Stimme heiser klang.
    Jim setzte sich in einen der Stühle. »Das frage ich dich. Plötzlich setzte sich das Schiff in Bewegung, und wir versuchten, zum Kontrollraum zu gelangen. Warum hast du nicht Alarm gegeben, daß wir uns anschnallen sollten? Du hast den Antrieb in dem Augenblick abgeschaltet, als Ann durch die Tür stürmte. Dann hast du das Bewußtsein verloren.«
    »Was ist mit dem fremden Schiff?« Steve bemühte sich, das Drängen in seiner Stimme zu unterdrücken, jedoch ohne Erfolg.
    »Ein paar von uns sind jetzt drüben und untersuchen das Wrack.« Steve spürte, wie sein Herz aussetzte. »Ich schätze, ich hatte von Anfang an die Befürchtung, das fremde Schiff könnte eine Gefahr darstellen«, fuhr Jim fort. »Ich bin mehr Psychiker als Arzt, weißt du, und ich hatte mich für die Vorlesungen in Geschichte qualifiziert. Vielleicht weiß ich deswegen mehr über die menschliche Natur, als für mich gut ist. Zu viel jedenfalls, um zu glauben, daß Raumfahrt betreibende Wesen automatisch friedliebend sind. Ich versuchte mir das einzureden, aber sie sind es nicht. Wir haben Dinge im Wrack gefunden, bei denen sich ein anständiger Mensch bereits schämen würde, wenn sie in seinen Albträumen vorkämen: Raketen mit Sprengköpfen, Fusionsbomben, Laser, diesen Mikrowellenprojektor, den sie gegen uns einsetzten, und Abwehrraketen. Und weißt du, was das bedeutet? Sie haben Feinde, die genauso sind, Steve. Vielleicht ganz in der Nähe.«
    »Also habe ich sie umgebracht.« Der Raum ringsum schien vor seinen Augen zu verschwimmen, doch seine Stimme blieb wunderbarerweise fest.
    »Du hast das Schiff gerettet.«
    »Es war ein Unfall. Ich habe versucht, uns in Sicherheit zu bringen.«
    »Nein, hast du nicht.« Die Anschuldigung kam so beiläufig, als würde Jim Davis über die chemische Zusammensetzung von Harnstoff dozieren. »Das Schiff der Fremden war gut vierhundert Meilen weit von uns entfernt. Du mußtest es mit dem Teleskop anvisieren, um es zu treffen. Und du wußtest genau, was du tust, weil du den Antrieb abgeschaltet hast, nachdem der Strahl durch das andere Schiff gegangen war.«
    Steves Rückenmuskeln drohten ihren Dienst zu versagen.
    Er sank auf seine Pritsche zurück. »Also schön, dann weißt du Bescheid«, sagte er zur Decke. »Wissen es die anderen auch?«
    »Das wage ich zu bezweifeln. Ein anderes Wesen zu töten, selbst aus reiner Selbstverteidigung, liegt zu weit außerhalb ihres eigenen Erfahrungsbereiches. Ich glaube, Sue hat es erraten.«
    »Oh.«
    »Und wenn, dann trägt sie es mit Fassung«, fuhr Davis rasch fort. »Jedenfalls besser, als die anderen es ertragen werden, wenn sie erst herausfinden, daß das gesamte Universum voller Krieger ist. Es ist das Ende der Welt, Steve.«
    »Was?«
    »Ich bin ein wenig theatralisch. Aber es bedeutet wirklich das Ende der Welt. Das Ende von dreihundert Jahren Frieden für alle von uns. Sie werden es das Goldene Zeitalter nennen. Keine Hungersnöte, keine Kriege, keine physischen Krankheiten außer dem Alterungsprozeß, keinerlei permanente mentale Erkrankungen, nicht einmal nach unseren strengen Maßstäben. Sobald jemand, der älter als vierzehn Jahre ist, die Faust gegen jemand anderen hebt, sprechen wir von einer Krankheit und heilen ihn. Und all das ist vorbei. Frieden ist kein stabiler Zustand, jedenfalls nicht für uns Menschen. Vielleicht für kein Lebewesen im gesamten Universum.«
    »Kann ich das Schiff von hier aus sehen?« erkundigte sich Steve.
    »Ja. Es ist genau hinter uns.«
    Steve rollte sich von seiner Pritsche und trat zum Fenster.
    Irgendjemand hatte die beiden Schiffe dichter zueinander manövriert. Das fremde Schiff war eine riesige rote Kugel. Über den gesamten Rumpf verteilt, ragten scheinbar willkürlich Ausbuchtungen aus der glatten Hülle.
    Der Strahl hatte das Schiff in zwei ungleiche Hälften zerteilt. Er war wie eine Axt durch ein Ei gegangen. Steve starrte durch das Fenster. Er war unfähig, den Blick abzuwenden. Die größere Hälfte rotierte langsam, und das

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