Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
kleinen Handscanner darüber wedelte, kam Kirsten der Gedanke, dass sie ja gar nicht wusste, wie sie ihre Einkäufe hier würde bezahlen können. Nahmen die Geschäfte auf Hearth auch Kolonisten-Credits? »Nessus, kann ich Ihnen das später zurückzahlen?«
»Natürlich.« Mit einem Zungenabdruck auf dem Scanner beendete Nessus die Transaktion. »Wir müssen los.«
Seit Nessus’ letztem Besuch in Nikes geräumigem Büro war ein Sofa hinzugekommen, das auch für Menschen geeignet war. Elegant, dachte Nessus. Vielleicht sollte dieses Möbelstück nur ein Zeichen der Höflichkeit sein. Doch wahrscheinlich hoffte Nike darauf, die Kolonisten mit entsprechenden Gesten zur Unvorsichtigkeit zu verleiten.
Rittlings saß Nessus auf einem anständigen Sitz und lauschte, während Nike mit Eric, Omar und Kirsten plauderte. Nikes Mähne war wieder einmal prächtig, und dieses Mal waren zahllose orangefarbene Granate hineingeflochten. Nessus musste sich zusammennehmen, um den Vizeminister nicht anzustarren. Als sie einander zum letzten Mal begegnet waren, hatten Nikes wallende Zöpfe lediglich angezeigt, dass er nicht in einer Beziehung gebunden war; Interesse an einer Beziehung hatte er hingegen nicht zur Schau gestellt. Doch das, was jetzt in diese Mähne eingewirkt war, besagte sehr wohl, dass er einer neuen Beziehung gegenüber durchaus aufgeschlossen wäre. Diese Nachricht gilt mir, wagte Nessus zu hoffen.
Trotz seines ungezwungenen Plaudertons blieb Nike die ganze Zeit über hinter seinem massiven, ebenfalls neuen Schreibtisch sitzen. Nessus vermutete, dass eine Stepperscheibe unmittelbar hinter Nikes gepolsterter Sitzbank jederzeit als Notausgang dienen konnte. »Erzählt mir von diesen Aliens, die ihr studiert habt«, forderte Nike die Kolonisten mithilfe eines Translators auf.
»Sie nennen sich selbst Gw’oth. Körperlich ist jeder einzelne Gw’o recht klein.« Mit einer Geste beschrieb Omar die Größenverhältnisse: Er hielt die Hände etwa auf Armeslänge Abstand. »Jeder Gw’o weist fünf Gliedmaßen auf – sternförmig. Die Sinnesorgane und das Gehirn befinden sich in der Körpermitte. Die Gw’oth scheinen sehr gut an das Leben unter Wasser angepasst zu sein.«
»Und auch unter dem Eis.« Mit der für ihn so typischen Subtilität ließ Nike die Kolonisten wissen, dass er ihren Bericht studiert hatte.
»Sie werden wohl eher an deren Fähigkeiten und deren Potenzial interessiert sein«, sagte Omar, der den dezenten Hinweis sofort verstanden hatte. »Dazu wird Ihnen Eric etwas berichten.«
Eric richtete sich auf. »Sie sind gerade in das Industriezeitalter eingetreten. Sie mussten ihr Überleben im Vakuum sichern, um Zugang zu …«
Während Eric nun die neue Technologie der Gw’oth schilderte und Nike dabei unzweifelhaft auslotete, wie viel Eric davon wirklich verstanden hatte, dachte Nessus über die Zukunft nach.
Die Mannschaft, die er zusammengestellt und ausgebildet hatte, würde die Flotte vor jeglicher vor ihnen liegenden Gefahr warnen. Er selbst hingegen würde die Wildmenschen von ihrer Suche nach der Konkordanz ablenken. Seine Leistungen würden ihm Nikes unendlichen Respekt und auch Dankbarkeit einbringen – und hoffentlich noch viel, viel mehr.
»Meine Experten berichten mir, die Gw’oth würden außergewöhnlich schnell Fortschritte erzielen«, bemerkte Nike.
»Ich hatte mich bereits gefragt, ob dem so sei«, erwiderte Kirsten. »Wir hatten keinerlei Referenzrahmen.«
Nessus krampfte sich der Magen zusammen angesichts dieser kaum verhohlenen Kritik. Seine hochfliegenden Pläne konnten so schnell in sich zusammenfallen. Und wenn Nike jetzt darauf bestand, dass er, Nessus, die Kolonisten bei ihrem nächsten Flug überwachte? Was, wenn Nike das gesamte Versuchsprogramm mit Kolonisten-Kundschaftern einfach beendete? Selbst die einfache Vorsichtsmaßnahme, einen anderen Politoffizier an Bord der Explorer einzusetzen, würde zu Problemen führen. Einen anderen Bürger darauf vorzubereiten, seinen Platz an Bord der Explorer einzunehmen, würde bedeuten, den Ruhm mit diesem anderen teilen zu müssen – wenn alles wie geplant verlief. Doch wenn es das nicht tat, würde Nessus die ganze Schuld alleine treffen.
»Was mich am meisten beeindruckt hat«, erklärte Eric, »ist das Raketentechnik-Programm der Gw’oth. Wir haben mehrere Satellitenstarts überwacht. Jeder einzelne Versuch ist geglückt. Und jede neue Mission überbot die vorangegangene an Präzision und Nutzlast.«
»Die
Weitere Kostenlose Bücher