Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
kennen lernen.«
Ein blökendes Schaf, das fröhlich umhersprang – Nessus dachte daran zurück, wie Kirsten es umarmt und dann mit säuselnder Stimme auf das Tier eingeredet hatte. Was würde Kirsten wohl denken, wenn sie die Wahrheit erführe? Wie würde seine ganze Mannschaft über die Bürger denken? Doch die Reaktion, die Nessus für die wahrscheinlichste hielt, vergrößerte seine Sorgen nur noch und trieb ihn immer weiter dazu, sich ganz und gar zurückzuziehen.
Eine Meldung der Verkehrsleitstelle bot Nessus die Gelegenheit, endlich das Thema zu wechseln. »Noch zwei Schiffe, dann wird man uns Starterlaubnis erteilen. Start vorbereiten!«
Schon bald stiegen sie in den überfüllten Himmel von Hearth auf. Nessus sorgte dafür, dass auf der Brücke ausschließlich über den Luftverkehr gesprochen wurde und anschließend über die Raumfahrt-Leitstelle. Er weigerte sich, über das zu sprechen, was ihn gerade wirklich beschäftigte.
Was würden die Kolonisten denken, wenn sie von den Gefährten erführen?
Der kleine Mond, der in Wirklichkeit die Orbit-Fabrikationsanlage von General Products war, wurde auf Kirstens Bildschirmen kleiner und kleiner. Die Mannschaft hatte die Explorer sehr schnell übernehmen können. Baedeker versuchte nicht einmal, die Gefühle, die er den Kolonisten entgegenbrachte, zu verbergen: Er konnte es kaum erwarten, sie wieder loszuwerden.
»Mir hat die Explorer richtig gefehlt«, sagte Kirsten. »Es ist gut, dass wir sie wiederhaben.«
»Es ist gut, dass ihr dieses Schiff mögt«, merkte Nessus an. Er war auf seiner Bank in sich zusammengesunken. »Ihr werdet ziemlich lange Zeit an Bord verbringen.«
Die ganze Fahrt über hatte Nessus sehr angespannt gewirkt. Kirsten wusste immer noch nicht, warum. »Soll ich die Steuerung übernehmen? Sie wirken so … gedankenverloren.«
»Ich weiß dieses Angebot zu schätzen, aber es ist und bleibt unmöglich. Macht euch keine Sorgen. Ich werde euch schon nach Arcadia bringen.« Doch trotz dieser beruhigenden Worte zitterte Nessus am ganzen Leib.
Im Nachhinein erwiesen sich für Kirsten sämtliche Pläne, die sie sich für diese Reise nach Hearth zurechtgelegt hatte, als überflüssig. Der eigentliche Zweck dieser Reise – für Nessus zumindest – war es, dass sie, Eric und Omar Nike trafen. Doch Kirsten hatte noch nicht herausgefunden, was Nessus’ Motiv dafür war.
Also versuchte sie sich jetzt daran. »Plant Nike eine weitere Kundschafter-Mission?«
»Korrekt.« Nessus streckte sich auf seiner Bank. Es fiel ihm sichtlich schwer. »Wir fahren jetzt unter Autopilot. Nachdem die GP-Anlage nun hinter uns liegt, habe ich eine Nachricht für euch.« Er aktivierte das Intercom. »Omar, Eric, kommt zu uns in den Gemeinschaftsraum.«
Zumindest für kurze Zeit konnten sie den Autopiloten tatsächlich einsetzen. Selbst ohne eine natürliche Sonne krümmten die Welten der Flotte die Raumzeit zu sehr, um den Hyperraumantrieb einsetzen zu können. Kirsten machte sich zunehmend Sorgen darüber, dass Nessus in seinem derzeitigen Zustand das Schiff steuerte. Irgendetwas musste sie tun: Bürger misstrauten Computern einfach zu sehr, um automatisierte Landungen zu gestatten.
Nessus und sie erreichten den Gemeinschaftsraum vor Omar und Eric. Während sie dort warteten, zupfte Nessus an seiner Mähne und löste so auch die letzten ordentlich geflochtenen Zöpfe auf. Als die beiden anderen schließlich hereinkamen, blickte sich Nessus selbst in die Augen und flötete eine beeindruckende Fanfare. »Die Besprechung mit Nike ist gut verlaufen. Um euch nicht zu beunruhigen, habe ich bislang für mich behalten, worum es bei dieser Besprechung eigentlich ging. Es oblag Nike, abschließend über einen Vorschlag zu entscheiden, den ich ihm unterbreitet hatte. Ihr drei werdet mit der Explorer auf eine weitere Erkundungsmission gehen. Ich hingegen muss mich um andere Dinge kümmern.«
Erstaunt blinzelte Eric. »Nur wir drei? Es wird kein Bürger an Bord sein?«
»Korrekt«, bestätigte Nessus.
»Aber w arum?« Erics Stimme klang erstaunlich schrill. War Kirsten jetzt stolz oder doch beunruhigt? Vielleicht beides gleichzeitig. Doch für sie lautete die wichtigere Frage: Wie würde sich das auf die Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit auswirken?
»Es wäre unangemessen, jetzt meine eigene Mission zu erläutern«, beantwortete Nessus Erics Frage.
»Wann werden wir aufbrechen? Wann werden Sie uns verlassen?«, hakte Eric nach.
»Ich rechne damit, in
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