Ringwelt
Ihre Frage nicht.«
»Der Überraum jagt Ihnen eine panische Angst ein. Doch diese Fahrt durch den Raum auf einem novaheißen Lichtstrahl bringt Sie keinen Moment aus der Ruhe. Ihre Spezies hat die Long Shot gebaut. Sie muß also bessere Kenntnisse vom Überraum besitzen als wir.«
»Vielleicht.«
»Gehört das zu den sorgfältig gehüteten Geheimnissen Ihres Volkes?«
Teela und der Kzin hörten jetzt genau zu. Die Ohren des Kzin, die er in sein Kopffell einziehen konnte, breiteten sich aus wie zwei kleine rosa Schirme.
»Wir wissen, daß kein Teil von uns unsterblich ist«, erwiderte Nessus mit halblauter Stimme. »Verstehen Sie mich richtig. Ich will unsere Erkenntnis nicht auf Ihre Spezies ausdehnen, Louis. Dazu habe ich nicht das Recht. Aber in uns ist nichts Unsterbliches. Unsere Wissenschaftler haben es bewiesen. Wir fürchten uns vor dem Tod, weil wir wissen, daß der Tod endgültig ist.«
»Und?«
»Raumschiffe verschwinden im Blinden Fleck. Kein Puppetier würde sich im Hyperdrive einer Singularität nähern - trotzdem verschwanden unsere Schiffe in jenen längst vergangenen Tagen, als sie noch von Piloten gesteuert wurden. Ich habe blindes Vertrauen zu den Ingenieuren, die unsere Liar gebaut haben. Deshalb verlasse ich mich auch darauf, daß die Schwerkraft der Kabine nie aussetzen wird. Doch selbst unsere Ingenieure fürchten den Blinden Flecken .«
Später versammelten sie sich alle vor dem Bildschirm, während der Kzin die Einstellung vornahm. Er brachte die blaue Linie der konkaven Innenseite der Ringwelt ins Bild und drückte auf den Vergrößerungsknopf.
»Irgend etwas ist da am Rand«, murmelte Louis.
»Ja, konzentrieren Sie das Bild auf den Rand!« befahl Nessus. Er stand im Durchgang zum Kontrollraum, seine Köpfe über beide Schultern des Kzin gereckt.
Der Rand der Ringwelt breitete sich auf dem Bildschirm aus. Der Ring wölbte sich nach innen, der Sonne entgegen. Sie konnten seine schwarze, dem Weltraum zugekehrte Außenseite als Silhouette vor der lichtüberfluteten blauen Landschaft erkennen. Es war ein niedriger Wall - aber nur niedrig, sobald man ihn mit der gewaltigen Fläche des Ringes verglich.
»Wenn man den Radius des Ringes bedenkt, muß die Ringwand mindestens tausend Meilen hoch sein. Deswegen hält sich auch die Luft auf der Innenseite des Ringes.«
»Das funktioniert?« meinte Teela skeptisch.
»Theoretisch muß es hinhauen. Der Ring dreht sich so, daß er ungefähr ein g erzeugt. Im Verlauf von Tausenden von Jahren kann schon mal ein bißchen Luft über den Ring hinaussickern, aber diese Luft kann leicht wieder ersetzt werden. Wenn die Wesen dort unten diesen Ring künstlich erschaffen konnten, kennen sie eine billige Methode der Stoffumwandlung. Und noch viele andere Dinge, die uns unmöglich erscheinen.«
Der Kzin fing jetzt die andere Ringhälfte ein, die von ihrem Peilwinkel aus der Sonne gegenüberlag. Dort wölbte sich der Ring in das All hinaus. Helles Blau und helles Weiß glitten abwechselnd über den Bildschirm. Dazwischen lag die verzerrte Linie einer dunkelblauen Schattengrenze.
»Stellen Sie die äußerste Vergrößerung ein!« befahl Nessus.
Das Bild zeigte unregelmäßige Formen auf der Ringwand. Sie glichen behauenen oder ausgewaschenen Felsen.
»Berge!« rief Teela begeistert, »wie hübsch! Gebirge, die tausend Meilen hoch sind!«
»Weitere Einzelheiten können wir erst erkennen, wenn wir näher heran sind«, fauchte der Kzin.
»Wir müssen versuchen, Kontakt zu den Bewohnern aufzunehmen.« Der Puppetier bewegte nervös seine Köpfe. »Sind wir auf Wartestellung?«
Der Kzin fragte den Mastercomputer ab.
»Wir nähern uns der Sonne mit einer Geschwindigkeit von rund dreißig Meilen pro Sekunde. Ist das langsam genug?«
»Ja. Beginnen Sie mit der Sendung.«
Kein Laserlicht peilte die Liar an.
In den anderen elektromagnetischen Bereichen Kontakt aufzunehmen, war ziemlich schwierig. Dazu mußte man das ganze Spektrum abklappern: Radiowellen, Infrarot, Ultraviolett, Röntgenstrahlen. Das fing bei der Wärmemission der kalten Außenseite der Ringwelt an und hörte bei den Lichtquanten auf, die so energiereich waren, daß sie sogar in die Polarkette der Materie-Antimaterie eindringen konnten.
Das Einundzwanzigmeter-Band war leer. Auch alle Variationsmöglichkeiten dieser Frequenz wurden durchgespielt - mit Multiplikanden und Divisoren, weil das Wasserstoff-Absorptionsband sich als Frequenz geradezu aufdrängte.
Keine Reaktion.
Alle
Weitere Kostenlose Bücher