Ringwelt
Konversation war seicht gewesen, voll von Klischees und billigem Enthusiasmus. Aber sie war sehr hübsch.
»Ich mußte Sie fragen«, sagte sie atemlos, »wie Sie einen Trinok bewegen konnten, in Ihr Haus zu kommen.«
»Sagen Sie mir bloß nicht, er wäre noch hier!«
»Oh, nein. Ihm ging die Luft aus, und er mußte nach Hause.«
»Eine kleine Notlüge«, klärte Louis sie auf. »Ein trinokscher Luftbereiter hält zwei Wochen vor. Wenn Sie es genau wissen wollen: dieser Trinok war vor Jahren einmal mein Gast und Gefangener für ein paar Wochen gewesen. Sein Schiff und seine Mannschaft waren am Rande des bekannten Universums zu Bruch gegangen, und ich mußte ihn nach Margrave transportieren, damit man dort eine Umweltkabine für ihn bauen konnte.«
In den Augen des Mädchens löste das entzücktes Staunen aus. Louis empfand es seltsam und angenehm, daß ihre Augen auf gleicher Höhe lagen. Denn Teela Browns grazile Schönheit ließ sie kleiner erscheinen, als sie wirklich war. Ihre Augen glitten über Louis' Schulter hinweg und weiteten sich noch mehr. Louis grinste, als er sich umdrehte.
Nessus, der Puppetier, trottete aus der Reisekabine.
Louis hatte seine Wohnung vorgeschlagen, als sie Krushenkos Restaurant verließen. Er hatte Nessus zugeredet, doch noch mehr Einzelheiten über ihr Reiseziel zu verraten, doch der Puppetier hatte sich vor elektronischen Spionen gefürchtet.
»Dann kommen Sie doch einfach mit in meine Wohnung«, hatte Louis gesagt.
»Aber Ihre Gäste!«
»Sie sind nicht in meinem Büro. Mein Büro ist absolut abhörsicher. Und denken Sie nur, welchen Eindruck Sie auf meine Gäste machen werden! Wenn sie inzwischen nicht alle nach Hause gegangen sind, heißt das.«
Louis hatte nicht zuviel versprochen. Das Tap-Tap-Tap von Nessus' drei Hufen war plötzlich das einzige Geräusch im Zimmer. Hinter ihm materialisierte der Tiger in der Kabine. Der Kzin betrachtete stumm das Meer menschlicher Gesichter, das die Kabine umgab. Dann entblößte er lautlos seine Reißzähne.
Jemand kippte seinen Drink über eine eingetopfte Palme. In den Zweigen zeterte eines von diesen Gummidgy-Orchideenwesen. Die Gäste wichen von der Reisekabine zurück. Dann folgten Kommentare wie: »Dir fehlt nichts. Ich seh sie auch.« »Ausnüchterungspillen? Schau mal in deiner Tasche nach.« »Sind schon eine Wucht, seine Partys, nicht wahr?« »Der gute alte Louis.« »Wie nennt man denn so was überhaupt?«
Sie wußten nichts mit Nessus anzufangen. Die meisten ignorierten ihn einfach. Sie fürchteten, sich zu blamieren, wenn sie Bemerkungen über ihn abgaben. Aber dem Tiger widmeten sie um so mehr Aufmerksamkeit. Jahrhundertelang der gefährlichste Feind der Menschheit, betrachteten sie ihn jetzt mit stummer Reverenz wie einen Helden.
»Folgen Sie mir«, sagte Louis zu dem Puppetier. Wenn er Glück hatte, würde der Kzin ihnen ebenfalls folgen. »Entschuldigt uns einen Moment«, rief er und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Als Antwort auf die vielen aufgeregten und/oder verwunderten Fragen grinste er nur vieldeutig.
Als sie sicher in sein Büro gelangt waren, verriegelte Louis die Tür und stellte das Antiabhörgerät ein. »Okay. Wer möchte etwas zu trinken?«
»Wenn Sie mir etwas Bourbon anwärmen können, kann ich ihn trinken«, sagte der Kzin. »Wenn Sie ihn nicht anwärmen, kann ich ihn vielleicht immer noch trinken.«
»Nessus?«
»Irgendein Gemüsesaft wäre angenehm. Haben Sie warmen Karottensaft?«
»Mmh«, sagte Louis; aber er programmierte die Bar, die reihenweise Trinkgefäße mit warmem Karottensaft füllte.
Während Nessus auf seinem zusammengefalteten Hinterbein ruhte, ließ sich der Kzin schwer auf ein aufgeblasenes Kissen fallen. Unter seinem Gewicht hätte es explodieren müssen wie ein kleiner Ballon. Der Zweitälteste Feind der Menschheit sah ein bißchen merkwürdig und lächerlich aus, als er auf dem viel zu kleinen Kissen balancierte.
Die Mann-Tiger-Kriege waren zahlreich und schrecklich gewesen. Hätten die Kzinti die ersten Feldzüge gewonnen, wäre die Menschheit für den Rest der Ewigkeit zu Herdentieren und Fleischlieferanten degradiert worden. Aber die Kzinti hatten in den folgenden Kriegen schreckliche Verluste hinnehmen müssen. Sie neigten dazu, anzugreifen, ehe sie dazu gerüstet waren. Geduld war für sie ein unbekannter Begriff, und Gnade oder begrenzte Kriegsziele kannten sie ebensowenig. Jeder Krieg war für sie ein kräftiger Aderlaß ihrer Bevölkerung gewesen, und
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