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Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Titel: Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hollow Skai
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Stone -Artikel war die Resonanz auf das Album aber eher schwach. In der Frankfurter Rundschau hieß es, »die Titel ließen den weichgespülten Geist der Scherben wiederauferstehen«, und im Freitag bezeichnete Olaf Leitner die Texte als »hoffnungsfrohe Resignation«, die »in schlichte Lyrik gepackt« sei.
    Hannes Eyber erlebte Rio in dieser Zeit sehr zwiespältig. »Wenn er fern von den Leuten war, mit denen er einen Pakt geschlossen hatte, war er ein anderer Mensch.« Im gemeinsamen Urlaub in Dänemark oder Italien war er »für alle Dinge offen« und an allem sehr interessiert. Je näher das Ende des Urlaubs rückte, desto angespannter und verkrampfter sei er jedoch geworden. Die Aussicht, schon bald wieder Interviews geben oder Promo-Termine wahrnehmen zu müssen, habe ihn gequält und fix und fertig gemacht. Warum bleibt er nicht cool, fragte Eyber sich immer öfter, er hat doch im Umgang damit inzwischen Routine.
    Eher lustlos absolvierte Rio einen Auftritt in der NDR-Talkshow , wo er zur »Erbauung der Jugend« beitrug, wie er scherzte, indem er wie Opa vom Krieg von der RAF erzählte und sich beim Song Straße solo auf der Gitarre begleitete (was hundert Mal besser aussah, als wenn eine glatzköpfige Miet-Band zum Playback rumgehampelt hätte). Und zu Gast beim n-tv-Talker Schweizer war er krampfhaft darum bemüht, locker zu sein, konnte aber nicht den Eindruck verwischen, dass er nichts mehr zu sagen habe. Sein Geständnis, dass ihn die grassierende »Geldgeilheit« deprimiere und nicht etwa Liebeskummer, animierte einen nicht unbedingt, in den nächsten Plattenladen zu rennen und sein Album zu kaufen.
    Im Tatort Im Herzen Eiszeit , der unter der Regie von Hans Noever entstand, mit dem er bereits 1979 Die Nacht mit Chandler und 1980 Total vereist gedreht hatte, spielte er einen 68er namens Reinhard Kammermeier, der elf Jahre lang unschuldig im Knast saß, weil er bei einem Überfall auf Rudolph Moshammers Nobelboutique einen Wachmann getötet haben soll. Seine Genossen von damals sind mittlerweile Regisseur einer Game-Show, Leiter einer Freizeitagentur oder Besitzer eines Motorradhauses und arriviert, als Kammermeier aus der Haft entlassen wird, bekommen es aber mit der Angst zu tun, weil einer der ihren plötzlich getötet wird.
    Rio hatte »schon ewig in keinem Film mehr gespielt«, und das sei halt doch was anderes gewesen, »als in einer Talkshow die neue Platte oder das erste Buch in die Kamera zu halten oder zu einem Playback die Lippen zu bewegen«, schrieb er in einem Sony-Info. Der taz -Rezensent Elmar Kraushaar verriss ihn trotzdem gnadenlos: »Der einstige Streetfighter kann nicht anders und spielt irgendwie nur sich selbst. Zeigt nur ein Gesicht mit ganz großen Augen und Trotz in den Mundwinkeln, egal, was passiert.« Sein Fazit: »Besser, der Bildschirm wäre schwarz geblieben.«
    Zwei Tage, nachdem der Tatort gelaufen war und sieben Millionen Zuschauer gesehen hatten, wie schlecht es um ihn bestellt war, ging der Musikkanal VH-1 in Deutschland auf Sendung. Zum Start hatte man reichlich Prominenz ins Altonaer Gaswerk nach Hamburg geladen. Während drinnen ausgerechnet David Bowie, dem schon 1978 in Berlin alle nachgelaufen waren, auf einen Knopf drückte und so die Ausstrahlung des ersten Video-Clip in Gang setzte, lag am Eingang ein total betrunkener König von Deutschland , umsorgt von seinem Adjutanten Jan und seinem Freund aus besseren Zeiten, Lanrue, der im Stillen mit ihm litt. Wie hatte Rio doch in der Tatort -Titelmelodie gesungen? »Träume erfrieren, wenn niemand da ist, der sie träumen will.«
    Als Rio ein halbes Jahr später in der Operette Im Weißen Rößl am Wolfgangsee einen kurzen Gastauftritt hatte und sich als Kaiser Franz Joseph auf die Bühne tragen ließ, schien er nicht mehr auf eigenen Beinen stehen zu können, aber das war nur gespielt. Das Ende schien nah, doch der Vorhang, der am Ende der Aufführung im Hamburger »Tivoli« fiel, war noch nicht der viel besungene »final curtain«. Wieder mal entpuppte sich Rio als Stehaufmännchen.

33 Sklavenhändler
    Seit seinem Aufenthalt in der »Schlosspark«-Klinik hatte Rio permanent unter Geldnot gelitten, weil er nicht mehr live auftrat. Er war eifersüchtig auf Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer und beschwerte sich bei seinem Manager darüber, während seiner Solokarriere »nur« drei Millionen Mark verdient zu haben. Die kleine David Volksmund Produktion hatte nach der Maueröffnung mehr CDs von den Scherben

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