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Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Titel: Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hollow Skai
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verkauft als die große Sony von ihm, und George Glueck hatte es nicht geschafft, ihn ganz groß rauszubringen. So wie Rio sich verhielt, der zum Interview mit dem Fernsehsender VH-1 angeheitert erschien, waren ihm allerdings auch die Hände gebunden, und er musste betrübt feststellen, dass Rio gar nicht fähig war, so erfolgreich wie Grönemeyer zu werden.
    Rio war weiterhin fleißig und arbeitete an CDs der Lassie Singers und von Pe Werner mit, übersetzte Kevin Coynes Tagebuch eines Teddybären und schrieb einen Text für den singenden Schauspieler Uwe Ochsenknecht, nachdem er mit ihm eine Folge der ARD-Krimiserie Die Gang gedreht hatte (die unter dem Titel Liebeslied für eine Leiche im Jahr nach Rios Tod ausgestrahlt wurde). In den Medien war er aber immer weniger präsent, was möglicherweise auf seinen PDS-Beitritt zurückzuführen war, aber da er das »nicht beweisen« konnte und schon von den Scherben her kannte, ging er darauf öffentlich nicht näher ein, sondern stilisierte sich lieber unausgesprochen als Opfer.
    Immer häufiger knirschte es im Getriebe. Bei der Sony wurde er, wie sein Privatsekretär Jan Bajen behauptet, zuletzt nur noch von »Lehrlingen« betreut, die kurzfristig Promo-Termine ansetzten und ihn zu Interviews schickten, in denen er gefragt wurde, ob er denn auch Kinder habe oder wie seine Frau heiße. Woraufhin Rio aufgestanden sei und dem Interviewer zu verstehen gegeben habe, er solle erst einmal seine Hausaufgaben machen.
    Ohne ihn zu informieren, veröffentlichte die Sony eine Doppel-CD mit Balladen von ihm – als ihm Belegexemplare mit der Post zugestellt wurden, rastete er verständlicherweise aus. Damit war die Hoffnung, für Rio I. doch noch eine goldene Schallplatte zu erhalten, endgültig zunichte gemacht worden.
    »Ich bin für dieses Business nicht geschaffen«, erkannte er selbstkritisch in der Berliner Zeitung vom 25. Mai 1996. Und nun, da die Verträge sowohl mit der Sony als auch mit George Glueck nach zehn Jahren ausliefen, wollte er sie nur verlängern, wenn sie ihm eine Million Mark Vorschuss zahlten – woran freilich nicht zu denken war.
    Die Art und Weise, »wie George Glueck und Annette Humpe an Musik rangehen«, sei vielleicht »nicht so passend« gewesen, räumt Hubert Wandjo rückblickend ein. Statt der »Megamaschine« Sony wäre ihm ein alternativeres Geschäftsumfeld möglicherweise eher gerecht geworden.
    Senderreisen seien nicht so durchgezogen worden wie mit Bap oder Udo Lindenberg, bemängelt hingegen Gert Möbius die Arbeitsweise des Plattenkonzerns. »Sie taten immer so, als ob Rio ein Selbstläufer wäre, es gibt aber keine Selbstläufer.«
    Fakt ist jedenfalls, dass sein letztes Album Himmel & Hölle bereits ein Jahr nach seiner Veröffentlichung aus dem Katalog gestrichen und verramscht wurde – just zu dem Zeitpunkt, als Rio wieder auf Tour ging, wovor ihn sein Manager George Glueck mit deutlichen Worten gewarnt hatte: »Die Tour wird dich umbringen.«
    Die wurde erneut von Wolfgang Schubert veranstaltet, der seinerzeit die überaus erfolgreiche Tournee durch die anschlusswillige DDR organisiert hatte. Diesmal ließ er allerdings den Minnesänger Nikolai de Treskow und die Randale-Band Knorkator im Vor- und Nachprogramm auftreten, »die niemand wirklich brauchte und sich teilweise aufführten, als wäre es ihre Tour«, erinnert sich Lutz Kerschowski. Bis sie vor dem Hamburg-Konzert aus dem Vorprogramm gestrichen wurden, spielten Knorkator die Klassenclowns, aßen statt des Caterings Kerzen und versauten jeden Abend die Bühne mit dem Inhalt einer Kloschlüssel, die Teil ihrer Show war.
    Bei den 17 Konzerten hatte Schubert nur zwei Off-days eingeplant, so dass Rio zwischendurch keine Zeit blieb, sich zu erholen – üblich ist ein Ruhetag nach drei oder vier Konzerten, damit die Stimme nicht über die Maßen strapaziert wird und sich zwischendurch regenerieren kann. Statt, wie vereinbart, in Clubs, gingen die Gigs bisweilen in Riesenhallen über die Bühne, und die Auftrittsorte lagen mitunter so weit auseinander, dass die Band die meiste Zeit im Tourbus verbrachte.
    Im Neuen Deutschland hielt er nicht mit seiner Ansicht hinterm Berg, was ihn am neuen Deutschland am meisten störe: »Heuchelei, Verlogenheit, zum Beispiel im Umgang mit der Stasi. Wir Westler haben es nicht geschafft, mit den vielen Nazis abzurechnen. Filbinger war Ministerpräsident. Viele NSDAP-Leute haben vor allem in der CDU ihr Heil gesucht. Wir sollten, statt zu werten, die

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