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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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erwartet hatte. Er legte den Ring auf den Kaminsims zum Abkühlen, fachte die Aschenreste an und riß den Paß durch, den er dann mit einem Streichholz anzündete, damit es schneller ging. Er blieb dabei stehen, bis alles verbrannt war. Dann nahm er den Ring, ging nach oben und legte ihn zu dem schwarzrötlichen Gemisch in dem Schweinslederkoffer.
    Das Telefon klingelte, und Tom nahm sofort den Hörer auf.
»Oh – hallo, Inspektor Webster. Das macht gar nichts, ich war schon auf.«
»Sagen Sie, Mr. Ripley – ist Derwatt tatsächlich tot? Mr. Constant hat es mir gesagt.«
Tom zögerte einen Moment, und Webster fügte hinzu, Mr. Constant habe noch in der Nacht sein Büro angerufen und eine Nachricht hinterlassen.
»Ja«, sagte Tom. »Er hat sich in Salzburg das Leben genommen. Ich war gerade dort.«
»Ich möchte Sie gern sprechen, Mr. Ripley, und ich rufe so früh an, weil ich gerade festgestellt habe, daß ich noch das Neun-Uhr-Flugzeug erreichen kann. Darf ich Sie heute vormittag gegen elf aufsuchen?«
Tom stimmte bereitwillig zu. Dann ging er zurück in Heloises Schlafzimmer. In einer Stunde kam Mme. Annette zum Wecken und brachte Tee für Heloise und Kaffee für ihn. Sie war daran gewöhnt, beide zusammen in einem Schlafzimmer zu finden. Tom schlief nicht wieder ein; das Ausruhen neben Heloise erfrischte ihn ebenso.
Um halb neun erschien Mme. Annette, und Tom gab ihr durch Zeichen zu verstehen, daß er seinen Kaffee gern haben wollte, aber Heloise wollte noch schlafen. Er trank den Kaffee in kleinen Schlucken und überlegte, was er jetzt tun sollte und wie er sich zu verhalten hatte. Vor allem mußte er gerade und aufrichtig wirken. Er legte sich seine Geschichte zurecht. Derwatt hatte also angerufen, weil ihn Murchisons Verschwinden bekümmerte (viel zu sehr, das war gerade das Unlogische, das sich so plausibel anhörte – genau die Art von unerwarteter Reaktion, die so lebenswahr klang), und er hatte gefragt, ob er Tom aufsuchen dürfe. Heloise hatte ihm daraufhin gesagt, Tom sei nach Salzburg gefahren, um Bernard Tufts aufzutreiben. Ja, es war am besten, daß Heloise Webster von Bernard berichtete. Für Derwatt war Bernard Tufts ein alter Freund, auf dessen Namen er sofort reagiert habe. In Salzburg hatten dann Tom und Derwatt sich viel mehr Sorgen um Bernard als um Murchison gemacht.
Als Heloise sich regte, stieg Tom aus dem Bett und ging nach unten, um Mme. Annette zu bitten, frischen Tee zu machen. Es war jetzt halb zehn.
Tom ging nach draußen und besah sich Murchisons ehemaliges Grab. Seit dem letztenmal hatte es geregnet. Er ließ die paar Zweige obendrauf unberührt liegen; sie sahen ganz natürlich aus, nicht als habe jemand sie absichtlich so hingelegt, um die Grube zu verbergen. Außerdem gab es ja auch keinen Grund, die Stelle, wo die Polizisten gegraben hatten, irgendwie zu kaschieren.
Um zehn machte sich Mme. Annette auf zu ihren täglichen Besorgungen. Tom ging zu Heloise und erzählte ihr, daß Webster auf dem Weg war und daß er, Tom, sie bei dem Gespräch gern dabei hätte. »Du kannst also ganz offen sagen, daß ich nach Salzburg gefahren bin, weil ich Bernard suchen wollte.«
»Kann Webster dir irgendwas anhaben? Wird er Anzeige erstatten?«
»Wie könnte er?« gab Tom lächelnd zurück.
Webster kam um Viertel vor elf. Er trug ein flaches, schwarzes Köfferchen in der Hand und sah aus wie ein vielbeschäftigter Arzt.
»Meine Frau – Sie kennen sich ja«, sagte Tom. Er nahm Webster den Mantel ab und bat ihn, Platz zu nehmen.
Der Inspektor setzte sich auf das Sofa. Zunächst fragte er nach dem zeitlichen Ablauf der Dinge und notierte sich einiges. Wann hatte Tom von Derwatt gehört? Ja – das war wohl am sechsten November, Sonntag, meinte Tom.
»Meine Frau hat mit ihm gesprochen, am Telefon. Ich war ja schon in Salzburg.«
»Ah – Sie haben mit Derwatt gesprochen?« Dies zu Heloise.
»Ja. Er wollte Tom sprechen, aber ich sagte ihm, Tom sei nach Salzburg gefahren, um Bernard zu suchen.«
»Ah-hm. In welchem Hotel haben Sie gewohnt?« fragte Webster, wie immer freundlich lächelnd und so munter-geschäftig, als sei von einem Todesfall gar nicht die Rede.
»Im Goldenen Hirsch«, antwortete Tom. »Ich bin erst noch nach Paris gefahren, weil ich so eine Idee hatte, dort könnte Bernard Tufts auch sein; dann fuhr ich nach Salzburg, weil er davon gesprochen hatte. Er hatte nicht gesagt, daß er hinfahren wollte, nur daß er es gern noch mal sehen möchte. Salzburg ist eine kleine Stadt, da ist

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