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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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also morgen früh.‹«
»Und gestern morgen – haben Sie da in den Hotels nach ihm gefragt?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich hatte wohl keine Hoffnung mehr. Ich war sehr deprimiert.«
Mme. Annette erschien mit dem Tee und sagte »Bonjour« zu Webster, der ebenso erwiderte.
»Vor ein paar Tagen«, berichtete Tom weiter, »hat Bernard bei uns im Keller eine Gestalt aufgehängt – eine Puppe. Das war symbolisch gemeint und sollte er selber sein. Meine Frau hat sie gefunden und hat sich furchtbar erschreckt. Er hatte seine Hose und Jacke mit dem Gürtel an der Decke aufgehängt und einen Zettel daran befestigt.« Tom sah zu Heloise hinüber. »Entschuldige, Liebes.«
Heloise biß sich auf die Lippen und zog die Schultern hoch – eine scheinbar ganz natürliche Reaktion auf Toms Worte. Was er erzählte, hatte sich so zugetragen, und aus ihrem Gesicht sah man, wie ungern sie daran erinnert wurde.
»Haben Sie den Zettel noch?« fragte Webster.
»Ja, er muß noch in meinem Morgenmantel sein. Soll ich ihn holen?«
»Nicht jetzt gleich.« Der Schatten eines Lächelns erschien auf Websters Gesicht. »Darf ich jetzt fragen, warum Sie eigentlich nach Salzburg gefahren sind?«
»Ich machte mir Sorgen um Bernard. Er hatte was davon gesagt, daß er Salzburg gern sehen würde, und ich hatte das Gefühl, er wollte sich das Leben nehmen. Und ich überlegte auch, warum er mich überhaupt aufgesucht hatte. Er wußte zwar, daß ich zwei Derwatt-Gemälde besaß, aber er kannte mich ja gar nicht. Trotzdem hat er bei seinem ersten Besuch hier ganz frei und offen geredet. Ich dachte, ich könnte ihm vielleicht helfen. Und dann kam es ganz anders, und beide haben sich umgebracht. Zuerst Derwatt. Wissen Sie, es ist so schwierig, sich da einzumischen, jedenfalls bei einem Mann wie Derwatt. Man denkt, was immer man tut, ist falsch. So meine ich es eigentlich nicht – ich meine, man kann nicht gut jemandem raten, sich nicht das Leben zu nehmen, wenn man weiß, der andere ist doch dazu entschlossen und hört einen gar nicht an. Das wollte ich sagen. Es wäre doch hoffnungslos und unrichtig, und man kann nicht gut jemandem Vorwürfe machen, weil er etwas nicht gesagt hat, das er doch für aussichtslos hielt, nicht wahr.« Tom machte eine Pause.
Webster hatte aufmerksam zugehört.
»Bernard ist weggefahren, vermutlich nach Paris, nachdem er sich hier symbolisch erhängt hatte. Dann kam er zurück, und da hat Heloise ihn kennengelernt, hier.«
Webster fragte nach dem Datum. Wann war Bernard Tufts nach Belle Ombre zurückgekommen? Tom dachte nach. Am fünfundzwanzigsten Oktober, glaubte er.
»Ich habe versucht, ihn ein bißchen aufzumuntern. Ich sagte, vielleicht wäre es mit Cynthia noch gar nicht ganz aus – aber nach dem, was er mir erzählt hatte, glaubte ich selber nicht daran. Ich wollte ihn einfach aus seiner Depression herausziehen, und ich glaube, Derwatt bemühte sich noch mehr. Die beiden haben sich bestimmt ein paarmal ohne mich in Salzburg getroffen. Derwatt mochte Bernard sehr gern.« Zu Heloise gewandt, fragte Tom: »Kannst du auch folgen, Liebes?«
Heloise nickte. Wahrscheinlich verstand sie tatsächlich alles.
»Und warum war Derwatt so deprimiert?«
Tom dachte einen Augenblick nach. »Ach, das war ganz allgemein. Das ganze Leben, alles. Ich weiß nicht, ob da noch persönliche Gründe vorlagen, vielleicht in Mexiko – das ahne ich nicht. Er sprach mal von einer Mexikanerin, die geheiratet hatte und fortgegangen war. Ich weiß nicht, ob das für ihn Bedeutung hatte. Er schien auch verstört, weil er nach London zurückgekommen war. Das sei ein Fehler gewesen, sagte er.«
Webster hörte auf, sich Notizen zu machen. »Wollen wir jetzt nach oben gehen?«
Tom stieg mit ihm hinauf in sein Zimmer und nahm den Koffer aus dem Schrank.
»Meine Frau soll das nicht sehen«, sagte Tom und öffnete den Koffer. Zusammen mit Webster beugte er sich darüber.
Die wenigen Überreste waren in deutsche und österreichische Zeitungen eingewickelt, die Tom gekauft hatte. Er bemerkte, daß der Inspektor sich die Daten der Zeitungen ansah, bevor er das kleine Bündel herausnahm und auf den Teppich setzte. Er legte noch eine Zeitung darunter, aber Tom wußte, es war jetzt nicht mehr feucht. Webster machte es auf.
»Oh-h. Mein Gott. Und was sollten Sie hiermit anfangen?«
Tom zögerte und runzelte die Stirn. »Gar nichts.« Er ging ans Fenster und öffnete es einen Spalt. »Ich weiß auch nicht, warum ich es mitgenommen habe. Ich war ganz durcheinander,

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