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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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regennassen Stelle brachte, an der Murchison verscharrt war. Dann ging er ruhig und mit kräftesparenden Schritten über den Fußweg zurück zum Haus. Er nahm nicht an, daß Bernard pünktlich sein werde, und wäre auch nicht überrascht gewesen, wenn er gar nicht gekommen wäre.
Bernard stand wie eine Statue in der dunklen Diele. Er trug seinen eigenen Anzug, der vor wenigen Stunden noch naß gewesen war, den er aber, wie Tom bemerkt hatte, oben über die Heizung in seinem Zimmer gehängt hatte.
Tom machte eine Handbewegung, und Bernard folgte ihm.
Unten auf dem schmalen Weg blickte Tom nach oben und sah, daß Chris´ Fenster immer noch dunkel war. Nur Bernards Fenster war erleuchtet. »Wir haben´s nicht weit. Das ist ja gerade das Gute!« sagte Tom mit plötzlicher und grundloser Lustigkeit. Er gab Bernard die Forke und behielt die Schaufel; das Graben mit der Schaufel war sicher schwerer. »Bloß ziemlich tief ist es leider.«
Mit der gleichen seltsamen Resignation wie vorher machte sich Bernard ans Werk; doch er stach tief und kräftig mit der Forke in den Boden. Er warf die Erde heraus; nach einer Weile brach er sie nur noch los, während Tom in der Grube stand und den Sand so schnell wie möglich hinausschaufelte.
»Ich mach ´ne Pause«, sagte Tom schließlich, doch in der Pause schleppte er zwei große Steine, jeder mehr als dreißig Pfund schwer, zum Wagen. Die Heckklappe stand offen, und er schob die Steine hinein.
Bernard hatte die Leiche erreicht. Tom kletterte hinunter und versuchte, sie mit dem Spaten hochzustemmen, aber die Grube war zu eng. Mit gespreizten Beinen stellte sich jeder auf eine Seite der Leiche und zog an dem Strick. Toms Strickende riß oder löste sich, er fluchte und verknotete es von neuem, während Bernard mit der Taschenlampe leuchtete. Es war, als werde Murchisons Leiche von irgendeiner Kraft in die Erde gesaugt, einer Macht, die gegen die Männer arbeitete. Toms Hände waren schmutzig und aufgeschürft, vielleicht auch blutig.
»Es ist sehr schwer«, sagte Bernard.
»Ja. Wir sollten es mal mit Eins-zwei-drei versuchen und dann kräftig hochpullen.«
»Ja.«
»Eins – zwei –« sie spannten sich – »drei – Uuuff!«
Murchison kam hoch bis zum Erdboden. Bernard hatte das schwere Ende, die Schultern.
»Der Rest müßte leichter gehen«, sagte Tom, nur um etwas zu sagen.
Sie schleppten den Körper in den Wagen. Das Segeltuch war voll nasser Erdklumpen, und Toms Regenmantel war vorne völlig verschmutzt.
»Wir müssen das Loch wieder füllen.« Toms Stimme war heiser vor Anstrengung.
Das war der leichteste Teil der Arbeit. Tom schob auch noch ein paar heruntergewehte Zweige über die Stelle. Als Bernard seine Forke fallen ließ, sagte Tom: »Komm, laß uns die Sachen wieder in den Wagen tun.«
Das geschah. Dann stiegen beide ein, und Tom fuhr rückwärts den Weg entlang bis zur Straße; er hoffte, daß niemand das Motorengeräusch hörte. Auf dem kleinen Weg konnte man nicht wenden. Und dann, gerade als er rückwärts in die Straße einbog und jetzt vorwärts weiterfahren wollte, sah er zu seinem Entsetzen, wie bei Chris das Licht anging. Er hatte zu dem dunklen Fenster hinaufgeblickt – Chris´ Zimmer hatte auch noch ein Seitenfenster –, und wie zum Gruß war plötzlich das Licht aufgeblinkt. Er sagte Bernard nichts davon. Es gab hier keine Straßenbeleuchtung, und Tom hoffte, daß Chris die Wagenfarbe – dunkelgrün – nicht erkennen konnte, obgleich jetzt natürlich die Parklichter eingeschaltet sein mußten.
»Wo fahren wir hin?« fragte Bernard.
»Ich weiß eine Stelle, acht Kilometer von hier. Eine Brücke.«
Kein anderer Wagen war auf der Landstraße zu sehen. Das war für diese Nachtzeit nicht ungewöhnlich. Es war ein Uhr fünfzig. Tom war oft von Parties so spät zurückgekommen und wußte das.
»Ich danke dir, Bernard. Jetzt ist alles okay«, sagte er. Bernard erwiderte nichts.
Sie erreichten die Stelle, die Tom im Sinn gehabt hatte. Sie lag nahe bei einem Dorf, Voisy, ein Name, auf den er noch nie geachtet hatte – bis heute nacht, als er durch das Dorf fahren mußte, um zu der Brücke zu kommen. Der Fluß war wohl die Loing, die in die Seine mündete. Murchison würde allerdings wohl nicht sehr weit schwimmen, mit diesen beiden Steinen als Gewicht. Am diesseitigen Ende der Brücke brannte sparsam eine trübe Laterne, das andere Ende lag im Dunkeln. Tom fuhr den Wagen hinüber und hielt ein paar Meter hinter der Brücke. Im Dunkel, nur mit Hilfe der

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