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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Er hatte große Sehnsucht nach ihr. Er war jetzt an sie gewöhnt, und sie fehlte ihm. War das Liebe? Oder Ehe? Aber erst mußte er hier alles in Ordnung bringen. Heloise war, was man vielleicht als amoralisch bezeichnen konnte, aber so viel konnte sie nun doch nicht schlucken. Und sie hatte natürlich keine Ahnung von den Bilderfälschungen.

13
    Tom war noch völlig schlaftrunken, als Mme. Annette an die Tür klopfte und ihm seine morgendliche Tasse schwarzen Kaffee brachte.
    »Guten Morgen, M. Tome ! Ein herrlicher Tag heute!«
    Tatsächlich schien hell die Sonne; das Wetter hatte sich völlig verändert. Tom trank den Kaffee in kleinen Schlucken und ließ sich langsam von dem schwarzen Zauber durchrinnen; dann stand er auf und zog sich an.
    Er klopfte an Chris´ Tür. Es war noch genügend Zeit für den Neun-Uhr-zweiundfünfzig-Zug.
Chris saß im Bett und hielt eine große Karte auf dem Schoß. »Ach, Tom – ich will doch lieber den um elf Uhr zweiunddreißig nehmen, wenn es Ihnen recht ist. Ich find´s so herrlich, noch ein bißchen im Bett zu liegen.«
»Klar ist mir das recht«, sagte Tom. »Sie hätten Mme. Annette um Kaffee bitten sollen.«
»O nein, das wäre zu viel.« Chris sprang aus dem Bett. »Ich dachte, ich mach noch einen kurzen Spaziergang.«
»Schön. Bis später also.«
Tom ging nach unten, machte den Kaffee heiß und schenkte sich in der Küche noch eine Tasse ein. Während er ihn trank, blickte er aus dem Fenster. Jetzt trat Chris aus dem Hause und öffnete die große Pforte, dann wandte er sich nach links in die Richtung der Stadt. Vermutlich wollte er in irgendeiner Kaffeebar einen Café-aulait und ein Croissant verzehren, wie es in Frankreich üblich war.
Bernard schlief offenbar noch; um so besser.
Um zehn nach neun klingelte das Telefon. Eine englische Stimme sagte betont deutlich: »Hier ist Detective
    Inspector Webster, London Metropolitan Police. Ist Mr. Ripley wohl da?«
    War dies das Leitmotiv seines Lebens, diese Frage? »Ja – am Apparat.«
»Ich bin in Orly, und ich würde Sie sehr gern mal sprechen heute morgen, wenn das möglich ist.«
Tom hätte gern gesagt, daß es ihm nachmittags besser paßte, aber seine übliche Sicherheit hatte ihn verlassen. Womöglich würde der Inspektor auch annehmen, er wollte den Vormittag dazu benutzen, irgend etwas zu verstecken. »Ja, das paßt mir. Kommen Sie mit der Bahn?«
»Nein, ich wollte ein Taxi nehmen«, sagte die Stimme leichthin. »So sehr weit ist es wohl nicht. Wie lange braucht ein Taxi?«
»Eine Stunde ungefähr.«
»Gut, dann bin ich in ungefähr einer Stunde bei Ihnen.«
Dann war Chris immer noch hier. Tom füllte noch eine Tasse mit Kaffee und brachte sie hinauf zu Bernard. Er hätte Bernards Anwesenheit lieber vor Inspektor Webster verborgengehalten, aber unter diesen Umständen, und vor allem, da er nicht sicher war, womit Chris noch herausplatzen würde, hielt er es doch für besser, Bernard nicht zu verstecken.
Bernard war wach. Er lag auf dem Rücken, den Kopf auf zwei Kissen gestützt und die Finger unter dem Kinn verschlungen, fast wie bei einer frühmorgendlichen Meditation.
»Morgen, Bernard. Magst du Kaffee?«
»Ja, danke schön.«
»Ein Mann von der Londoner Polizei kommt in einer Stunde her. Er wird vielleicht mit dir reden wollen. Es geht natürlich um Murchison.«
»Ja«, sagte Bernard.
Tom wartete, bis Bernard ein paar Schluck Kaffee getrunken hatte. »Ich hab keinen Zucker reingetan. Ich wußte nicht, ob du welchen wolltest.«
»Macht nichts. Der Kaffee ist ausgezeichnet.«
»Also paß mal auf, Bernard: es ist selbstverständlich am besten, du sagst, daß du Murchison überhaupt nicht kennst, ihn nie gesehen hast. Du hast dich auch nie mit ihm in der Bar vom Mandeville unterhalten. Verstehst du mich?« Ob es zu ihm durchdrang? dachte Tom. Er konnte es nur hoffen.
»Ja.«
»Nicht nur das: du hast überhaupt nie von Murchison gehört, auch nicht über Jeff und Ed. Ihr kennt euch zwar alle, aber die beiden hatten gar keinen Grund, dir von einem Amerikaner zu erzählen, der – der den Verdacht hatte, daß ›Die Uhr‹ nicht echt war.«
»Ja. Ja, natürlich«, sagte Bernard.
»Und dann noch etwas – das ist ganz leicht, weil es die Wahrheit ist –« Tom redete wie zu einer Schulklasse, die nicht sehr aufmerksam zuhörte. »Du bist also gestern nachmittag hier angekommen, gut vierundzwanzig Stunden nachdem Murchison nach London abgereist war, und du hast ihn natürlich nie gesehen oder von ihm gehört. In

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