Ripley Under Ground
Druck, und ich wollte dich bitten, mir zu helfen, wenn du willst.«
Bernard hörte aufmerksam zu und zog die Stirn in Falten. Er langte nach seinem Päckchen Capstan Zigaretten und zündete eine an. »Ja – und was gibt´s?«
»Murchison ist tot«, sagte Tom leise. »Das ist der Grund, warum du dir keine Sorgen mehr zu machen brauchst.«
»Tot? Wieso?« Bernard runzelte die Stirn. »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Weil – weil ich ihn umgebracht habe. Hier im Keller.«
Bernard rang nach Luft. »Du hast ihn umgebracht? Das ist doch nicht wahr, Tom!«
»Doch. Sch-sch.« Tom hatte das merkwürdige Gefühl, er sei in diesem Augenblick weniger bei Verstand als Bernard. Das erschwerte die Lage, denn er hatte irgendwie von Bernard eine unsinnigere Reaktion erwartet. »Ich mußte ihn umbringen, hier. Ich habe ihn im Wald hinter dem Haus vergraben. Jetzt ist die Schwierigkeit, daß ich ihn heute nacht noch von dort fortschaffen muß. Die Polizei hat schon angerufen. Kann sein, daß sie morgen kommen und nach ihm suchen.«
»Umgebracht?« fragte Bernard immer noch ungläubig. »Warum denn bloß, um Gottes willen?«
Tom seufzte und schauerte zusammen. »Erstens, das brauche ich wohl kaum zu sagen, wollte er Derwatt hochgehen lassen. Derwatt Limited meine ich. Zweitens, und das war schlimmer, hat er mich erkannt, da unten im Keller. Meine Hände hat er wiedererkannt. Er sagte: ›Sie haben in London Derwatts Rolle gespielt.‹ Auf einmal, ganz plötzlich, war alles vorbei. Ich hatte nicht die Absicht, ihn umzubringen, als ich ihn herbrachte.«
»Tot«, wiederholte Bernard, immer noch wie vor den Kopf geschlagen.
Tom wurde ungeduldig, als mehrere Minuten vergingen. »Du kannst mir glauben, ich habe alles getan, um ihn zu bewegen, die Sache ruhen zu lassen. Ich hab ihm sogar gesagt, daß du der Fälscher seist, der Mann, mit dem er sich in der Bar des Mandeville unterhalten hatte. Ja, ich habe euch da gesehen«, sagte Tom, bevor Bernard etwas einwerfen konnte. »Ich sagte ihm, du würdest jetzt keine Derwatts mehr malen. Ich bat ihn, dich in Ruhe zu lassen. Er weigerte sich. Und so kam es. Willst du mir helfen, die Leiche wegzuschaffen?« Tom warf einen Blick auf die Tür. Sie war immer noch geschlossen, und vom Flur war kein Ton zu hören.
Langsam stieg Bernard aus dem Bett. »Und was soll ich tun?«
Tom erhob sich. »Ich wäre dir dankbar, wenn du mir hilfst – in ungefähr zwanzig Minuten, sagen wir. Ich möchte ihn in meinem Kombiwagen wegbringen. Für zwei ist das viel leichter – ich schaff´s einfach nicht allein. Er ist schwer.« Tom fühlte sich besser, denn er sprach jetzt so, wie er häufig dachte. »Wenn du nicht willst, dann laß es, ich versuch´s dann allein, aber –«
»Gut – ich helfe dir«, sagte Bernard resigniert. Es klang aufrichtig, aber Tom traute ihm nicht ganz. Wenn nun später, in einer halben Stunde etwa, bei Bernard eine unvorhergesehene Reaktion eintrat? Seine Stimme hatte geklungen wie die eines Heiligen, der zu einem – na, vielleicht zu einem Oberheiligen sagte: »Führe – ich folge dir.«
»Kannst du dir etwas anziehen? Die Hose, die ich dir heute gegeben habe? Und bitte versuch leise zu sein, Chris darf uns nicht hören.«
»Gut.«
»Willst du unten sein, draußen an der Vordertreppe, in fünfzehn Minuten?« Tom blickte auf seine Uhr. »Es ist jetzt zwölf Uhr siebenundzwanzig.«
»Ja.«
Tom ging nach unten und schloß die Haustür auf, die Mme. Annette für die Nacht verschlossen hatte. Dann hinkte er wieder nach oben in sein Schlafzimmer, zog die Hausschuhe aus und feste Schuhe und ein Jackett an. Wieder ging er nach unten und nahm die Autoschlüssel vom Tisch in der Diele. Im Wohnzimmer machte er bis auf eine Lampe alles Licht aus; eine Lampe ließ er oft die ganze Nacht brennen. Dann nahm er seinen Regenmantel und zog Gummistiefel, die in der Kellertoilette standen, über seine Schuhe. Auch eine Laterne holte er aus der Toilette, und aus der Tischschublade in der Diele nahm er die Taschenlampe. Die Laterne konnte man aufrecht auf den Boden stellen.
Dann holte er den Renault-Kombiwagen und fuhr ihn in den kleinen Fußweg, der in den Wald führte. Er machte nur die Parkleuchten an, und als er meinte, die richtige Stelle gefunden zu haben, machte er auch sie aus. Mit der Taschenlampe ging er in den Wald und fand das Grab. Er hielt die Lampe so, daß man den Strahl möglichst wenig sah, und ging in den Geräteschuppen, um Spaten und Forke herauszuholen, die er beide zu der
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