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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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für eine Fälschung hielt?«
»Ja, das nahm er an – zuerst.«
»Wie gut kennen Sie Mr. Murchison? Seit wann?«
Tom berichtete. »Ich hatte ihn nach hinten ins Büro der Galerie gehen sehen, wo sich auch Derwatt gerade aufhalten sollte. Und als ich ihn dann abends in meiner Hotelbar sah, da sprach ich ihn an. Ich wollte ihn fragen, was für ein Mann Derwatt war.«
»Aha. Und dann?«
»Wir haben ein Glas zusammen getrunken, und Murchison sprach davon, daß er glaubte, in der letzten Zeit seien einige der Derwattschen Bilder gefälscht worden. Ich sagte, ich hätte auch zwei Derwatts bei mir zu Hause in Frankreich, und fragte ihn, ob er nicht mitkommen und sie ansehen wollte. Deshalb sind wir dann Mittwoch nachmittag zusammen hergekommen, und er hat hier auch übernachtet.«
Webster machte sich Notizen. »Sie sind eigens wegen der Derwatt-Ausstellung nach London gefahren?«
»O nein, nein.« Tom lächelte. »Ich hatte zwei Gründe. Der eine war, das gebe ich zu, die Derwatt-Ausstellung, der andere war der Geburtstag meiner Frau im November. Sie liebt Sachen aus England: Pullover und Hosen. Carnaby Street. Ich habe etwas gekauft, in der Burlington Arcade –« Tom warf einen Blick auf die Treppe, oben hatte er die goldene Nadel mit dem Äffchen, aber er unterließ es dann doch. »Ich habe diesmal keinen Derwatt gekauft, aber gedacht hatte ich daran. ›Die Wanne‹. So ungefähr das einzige, das noch nicht verkauft war.«
»Als Sie – als Sie Murchison einluden, geschah das mit dem Gedanken daran, daß auch Ihre Bilder gefälscht sein könnten?«
Tom zögerte einen Augenblick. »Also ich muß sagen: ich war schon neugierig. Aber ich hatte nie Zweifel an meinen. Und als Murchison sie gesehen hatte, hielt er sie auch für echt.« Tom dachte nicht daran, sich hier über Murchisons Lavendel-Theorie auszulassen. Und der Inspektor schien nicht allzuviel Interesse für die beiden Derwatts zu haben; er wandte nur kurz den Kopf und blickte ein paar Sekunden lang auf ›Die roten Stühle‹ hinter sich und dann auf den ›Mann im Sessel‹, der vor ihm hing.
»Na schön – moderne Malerei ist nicht meine starke Seite, Mr. Ripley. Wohnen Sie hier allein – mit Ihrer Frau?«
»Ja, aber wir haben eine Haushälterin, Mme. Annette. Meine Frau ist in Griechenland.«
»Ich würde Ihre Haushälterin gern mal sprechen«, sagte Webster, immer noch lächelnd.
Tom machte einen Schritt auf die Küchentür zu, doch in diesem Augenblick kam Chris die Treppe herunter. »Hallo, Chris. Dies ist Detective-Inspector Webster aus London. Mein Gast, Christopher Greenleaf.«
»Guten Tag«, sagte Chris und streckte die Hand aus, offensichtlich beeindruckt von der Gegenwart eines Londoner Polizeibeamten.
»Guten Tag«, sagte Webster freundlich und beugte sich vor, um Chris die Hand zu schütteln. »Greenleaf. Richard Greenleaf. Das war doch ein Freund von Ihnen, nicht wahr, Mr. Ripley?«
»Ja, und Chris ist sein Vetter.« Das mußte Webster erst kürzlich nachgesehen haben; er mußte in den Polizeiakten gewühlt haben, um festzustellen, ob schon mal etwas gegen Tom Ripley vorgelegen hatte. Sechs Jahre lang hätte sonst kein Mensch Dickies Namen behalten. »Entschuldigen Sie, ich werde Mme. Annette rufen.«
Mme. Annette stand am Ausguß und schälte irgend etwas. Tom bat sie herüberzukommen zu dem Herrn aus London. »Er spricht wahrscheinlich Französisch.«
Als Tom ins Wohnzimmer zurückging, kam Bernard von oben herunter. Er hatte Toms Hosen an und einen Pullover ohne Hemd. Tom machte ihn mit Webster bekannt. »Mr. Tufts ist Maler. Er kommt aus London.«
»Ach –?« sagte Webster. »Haben Sie Mr. Murchison kennengelernt, seit Sie hier sind?«
»Nein«, erwiderte Bernard und nahm auf einem der gelbgepolsterten Stühle Platz. »Ich bin erst gestern gekommen.«
Mme. Annette kam herein.
Webster erhob sich, lächelte freundlich und sagte: »Enchantée, Madame.« Dann fuhr er in einwandfreiem Französisch mit deutlich englischem Akzent fort: »Ich bin hier, um mich nach Mr. Thomas Murchison zu erkundigen. Er ist verschwunden.«
»Ah ja! Gerade heute morgen habe ich es in der Zeitung gelesen«, sagte Mme. Annette. »Und man hat ihn noch nicht gefunden?«
»Nein, Madame.« Wieder kam ein Lächeln, als rede er von etwas viel Lustigerem. »Sie und Mr. Ripley waren offenbar die letzten, die ihn gesehen haben.« Er wandte sich an Chris und fragte auf Englisch: »Oder waren Sie auch hier, Mr. Greenleaf?«
Chris war sehr verlegen, aber völlig aufrichtig.

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