Ripley Under Ground
Ordnung?«
»In Ordnung«, sagte Bernard. Er stützte sich auf einen Ellbogen.
»Möchtest du jetzt was essen? Eier? Ich kann dir ein Croissant bringen, Mme. Annette hat welche geholt.«
»Nein, danke.«
Tom ging nach unten.
Mme. Annette kam aus der Küche. »Schauen Sie, M. Tome. « Sie wies auf das Titelblatt ihrer Zeitung. »Ist das nicht der Herr, der Donnerstag hier war, der M. Murchison? Sie suchen hier einen M. Murchison!«
A la recherche de M. Murchison . . . Tom blickte auf das zweispaltige Foto, Murchison en face, lächelnd, in der unteren linken Ecke des Parisien – Edition Seine-etMame, »Ja, das ist er«, sagte Tom. Es hieß dort:
Thomas M. Murchison, 52, amerikanischer Staatsbürger, wird seit Donnerstag, 17. Oktober, vermißt. Sein Koffer wurde am Ausgangsportal des Flughafens Orly gefunden; er hat jedoch die Maschine nach London nicht benutzt. Murchison ist Geschäftsmann aus New York und hatte in der Gegend von Melun einen Bekannten besucht. Seine Ehefrau Harriet hat mit Hilfe der englischen und französischen Polizeibehörden Nachforschungen anstellen lassen.
Gott sei Dank – sein Name war nicht genannt, dachte Tom.
Chris kam zur Haustür herein; er trug mehrere Zeitschriften in der Hand, aber keine Tageszeitung. »Hallo, Tom! Guten Morgen, Madame. Ein herrlicher Tag!«
Tom begrüßte ihn und sagte dann zu Mme. Annette: »Ich dachte, sie hätten ihn längst gefunden, aber jetzt kommt heute morgen ein Herr aus England, der möchte noch einiges von mir wissen.«
»Ja –? Heute morgen?«
»Ja, in einer halben Stunde oder so.«
»Das ist ja mysteriös«, sagte sie.
»Was ist mysteriös?« fragte Chris.
»Murchison. In der Zeitung ist heute ein Bild von ihm.«
Interessiert betrachtete Chris das Bild und las dann langsam übersetzend einige Zeilen der Unterschrift. »Na, so was! Immer noch verschwunden!«
»Mme. Annette«, sagte Tom, »ich weiß nicht, ob der Engländer heute mittag zum Essen bleibt. Ginge es, daß Sie noch ein Gedeck mehr auflegen?«
»Aber ja, M. Tome .« Sie verschwand in der Küche.
»Was für ein Engländer?« fragte Chris. »Noch einer?«
Sein Französisch wurde immer besser, dachte Tom. »Ja, er kommt wegen Murchison. Hören Sie, Chris – wenn Sie den Elf-Uhr-dreißig-Zug erreichen wollen –«
»Ach – kann ich nicht doch noch bleiben? Kurz nach zwölf geht noch ein Zug, und dann natürlich auch nachmittags. Wissen Sie, ich wüßte so gern, was mit Murchison los ist und was man da festgestellt hat. Ich werde natürlich nicht im Zimmer bleiben, während Sie mit dem Mann reden. Wenn Sie lieber allein sein wollen.«
Tom ärgerte sich, aber er sagte nur: »Wieso? Kein Geheimnis.«
Detective-Inspector Webster kam gegen halb elf mit einem Taxi an. Tom hatte vergessen, ihm den Weg zum Haus zu beschreiben, aber er sagte, er habe im Postamt nach M. Ripleys Haus gefragt.
»Wie schön haben Sie es hier!« sagte er freundlich. Er war etwa fünfundvierzig Jahre und trug Zivilkleidung. Das Haar war schwarz und begann sich zu lichten, er war korpulent und trug schwarzgeränderte Brillengläser, durch die er höflich und interessiert überall hinblickte. Das freundliche Lächeln schien festgewachsen. »Sie wohnen hier schon lange?«
»Drei Jahre«, sagte Tom. »Wollen Sie nicht Platz nehmen?« Da Mme. Annette das Taxi nicht hatte ankommen sehen, hatte Tom ihm die Tür geöffnet und nahm ihm jetzt auch den Mantel ab.
Der Inspektor hatte einen kleinen flachen schwarzen Koffer bei sich, groß genug für einen Anzug; den nahm er jetzt mit zum Sofa, als sei es seine Gewohnheit, sich nicht von ihm zu trennen. »Also denn – fangen wir am Anfang an. Wann haben Sie Mr. Murchison zuletzt gesehen?«
Tom setzte sich auf einen Stuhl. »Am letzten Donnerstag, ungefähr um halb vier Uhr nachmittags. Ich habe ihn nach Orly gebracht, er wollte nach London fliegen.«
»Ja, ich weiß.« Webster öffnete den Koffer und nahm ein Notizbuch heraus, dann zog er einen Füller aus der Tasche und machte sich ein paar Notizen. »War er guter Stimmung?« fragte er lächelnd. Aus der Jackettasche zog er eine Zigarette und zündete sie schnell an.
»Ja.« Tom wollte gerade erzählen, daß er ihm kurz vorher einen sehr guten Margaux geschenkt hatte, aber er besann sich. Lieber den Keller nicht erwähnen.
»Und er hatte sein Bild bei sich. ›Die Uhr‹ hieß es, glaube ich.«
»Ja. Es war in braunes Packpapier eingewickelt.«
»Das ist also offenbar in Orly gestohlen worden. Es war doch das Bild, das Mr. Murchison
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