Ripley Under Ground
Waschtisch, während Heloise ihm die Stelle am Hinterkopf mit einem Waschläppchen auswusch. Er versuchte, ihre Ausrufe, die er erwartet hatte, nicht zu hören.
»So groß kann die Wunde nicht sein, sonst hätte sie weitergeblutet«, sagte er. Durch das Waschen hatte sie natürlich von neuem angefangen zu bluten. »Nimm doch noch ein Handtuch – irgendwas«, sagte er und ging ins Schlafzimmer zurück, wo er sich sacht auf den Boden sinken ließ. Er war nicht ohnmächtig und kroch wieder ins Bad, wo der Fußboden mit Fliesen belegt war.
Heloise sagte etwas von Heftpflaster.
Eine Minute lang war Tom ohne Bewußtsein, aber er erwähnte nichts davon. Er schlich in die Toilette und würgte und erbrach ein wenig. Dann legte er sich ein paar der nassen Handtücher auf Gesicht und Stirn und stand wenige Minuten später wieder am Waschtisch, das Sektglas in der Hand, während ihm Heloise die Wunde mit einem kleinen weißen Taschentuch verband. »Wieso hast du Heftpflaster bei dir?« fragte er.
»Das nehme ich für meine Nägel.«
Wie macht sie das? dachte er. Er hielt die Heftpflasterrolle, während sie den Streifen abschnitt. »Rosa Heftpflaster«, sagte Tom, »das ist ein Indiz für Rassendiskriminierung. Die Black-Power-Leute in Amerika müßten das rauskriegen und Schluß damit machen.«
Da er Englisch gesprochen hatte, verstand ihn Heloise nicht.
»Ich werd´s dir morgen erklären – vielleicht.«
Und dann lagen sie im Bett, einem wunderbar breiten Bett mit vier dicken Kissen, und Heloise hatte ihren Pyjama ausgezogen und Tom unter den Kopf gelegt, falls die Wunde noch weiterblutete, aber er meinte, sie hatte fast aufgehört. Heloise war nackt und fühlte sich unbeschreiblich glatt an, wie polierter Marmor, nur war sie natürlich weich und warm. Dies war kein Abend zum Lieben, doch Tom war sehr glücklich, und das Morgen kümmerte ihn nicht im geringsten, was vielleicht unklug war, doch heute nacht – oder vielmehr heute früh – wollte er nicht nachdenken. Er hörte im Dunkeln das leise Zischen der Sektperlen, als Heloise trank, und das »Klink« des Glases auf dem Nachttisch. Dann legte er die Wange an ihre Brust. Heloise – du bist die einzige Frau auf der Welt, die mich jemals an das Jetzt denken ließ, wollte er sagen, doch er war zu müde, und es war auch sicher nicht wichtig.
Später am Morgen mußte er ihr dann einige Erklärungen abgeben, und das mußte vorsichtig geschehen. Bernard Tufts, sagte er, sei so rastlos wegen seiner Freundin in England; es war sogar denkbar, daß er sich das Leben nahm, und Tom wollte ihn finden, mußte ihn finden. Vielleicht war er in Athen. Und da die Polizei Tom wegen Murchisons Verschwinden im Auge behalten wollte, war es am besten, daß sie annahm, er sei in Paris, vielleicht bei Freunden. Er erklärte ihr, er warte auf einen Paß, der bestenfalls Montag abend da sein konnte. Tom und Heloise frühstückten im Bett während dieses Gesprächs.
»Ich begreife nicht, warum du dich so um diesen fou sorgst, der dich noch dazu geschlagen hat.«
»Aus Freundschaft«, gab er zurück. »Nun hör mal zu, Liebes – du könntest doch jetzt nach Hause zurückfahren und Mme. Annette Gesellschaft leisten, was meinst du? Oder wir könnten sie anrufen, und du könntest noch bis morgen hier bei mir bleiben. Nur sollten wir doch wohl lieber heute in ein anderes Hotel ziehen – sicherheitshalber.«
»Ach, Tome – « Die Stimme klang enttäuscht, aber Heloise meinte es nicht so, das wußte er. Sie unternahm gern verstohlene Dinge und liebte Heimlichkeiten, die im Grunde unnötig waren. Was sie Tom an Schulabenteuern mit Freunden und Mitschülerinnen erzählt hatte, von denen ihre Eltern nichts wissen durften, hätte von Cocteau erfunden sein können.
»Paß auf, wir legen uns einen neuen Namen zu. Welchen möchtest du? Es muß aber was Amerikanisches oder Englisches sein – wegen mir. Du bist einfach meine Frau und Französin, nicht wahr?« Er sprach englisch.
»Ja. Mme. – Gladstone?«
Tom lachte.
»Warum ist das so komisch?«
Englisch war doch eine ekelhafte Sprache, fand Heloise – immer wieder gab es Wendungen, die sie für Zweideutigkeiten hielt und niemals begriff.
»Gar nicht – er hat bloß eine Reisetasche erfunden.«
»Eine Reisetasche erfunden? Das glaube ich dir nicht. Wie kann man eine Reisetasche erfinden – viel zu simpel. Blödsinn.«
Sie zogen um ins Hotel Ambassadeur am Boulevard Haussmann, im neunten Arrondissement, streng konservativ und achtbar. Tom trug sich unter
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